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würde, wodurch die Bäcker um 1 Thaler und mehr pro Scheffel billiger kaufen könnten, was wiederum auf die Brodpreise einwirke. Der Hökerei und dem Kornwucher würden durch eine möglichst freie Konkurrenz am besten Grenzen gesetzt. Auch hätte die Stadt durch die größere Zahl der Verkäufer, die nach Dresden kommen würden, insofern Vortheil, als ein Theil des Erlöses von den Verkäufern zum Ankauf von allerhand Waaren und Gewerbeprodukten verwendet werden würde. Die Kommunrepräsentanten machten deshalb folgende Vorschläge: 1. Alle und jede Accisabgabe, mit Ausnahme der hier nachzuzahlenden Grenzaccise, ferner alle und jede städtische Abgabe, mit Ausnahme des Meßgeldes und des sogenannten Hafergroschens[1] müßten aufgehoben werden. Wenn die Schiffer an Markttagen Getreide übrig behielten, so müßten sie es feilbieten, ohne indeß genöthigt zu werden, es zu einem bestimmten Preise zu verkaufen. 2. Es solle nur ein wöchentlicher Markttag stattfinden, damit alle Verkäufer an einem bestimmten Tage hier vereinigt würden. 3. Der Neumarkt solle als Getreidemarkt beibehalten, aber der Ausschiffungsplatz an der Elbe vom rechten auf das linke Ufer verlegt werden, damit er dem Getreidemarkte möglichst nahe sei. 4. Es solle für Anschaffung einer tüchtigen Getreidewaage gesorgt werden[2].

Die von den Kommunrepräsentanten erstrebte Abgabebefreiung trat theilweise 1847, vollständig aber erst 1855 ein.

Im Jahre 1842 hatte eine große Trockenheit und schlechte Ernte einen vorübergehenden Mangel herbeigeführt, der zum größten Theil jedoch seinen Grund darin hatte, daß wegen der Trockenheit die Mühlen nicht mahlen konnten. Auf Vorschlag des Ministeriums des Innern wurden den beiden in Dresden liegenden Dampfschiffen die Schaufelräder abgenommen, an die Triebwellen interimistische Verlängerungen angekuppelt und auf zu beiden Seiten vorgelegte Elbkähne geleitet. Auf diesen Kähnen wurden je 2 Mahlgänge errichtet. Nächstdem wurde die Dampfmaschine des kommunlichen Steinröhrenbohrwerks durch Anbauung ähnlicher Mahlgänge zum Getreidemahlen nutzbar gemacht[3]. – Bei einer allgemeinen Theuerung im Jahre 1847 wurde besonders durch das energische Handeln des damaligen Ministers des Innern von Falkenstein die höchste Noth abgewendet[4]. Es trat ein Hilfsverein zusammen, der in den ersten 9 Wochen seines Bestehens 261 116 Brodmarken austheilte. Die Armenkommission hatte 982 Scheffel 7 Metzen Korn im Militärmagazin lagern, welche ebenfalls zum Besten der Armen verwendet wurden[5]. Vom Kriegsministerium wurde die Verfügung getroffen, daß vom 16. April 1847 ab an allen Wochentagen früh von 7–10 Uhr vor der Hauptwache in Neustadt 2000 dreipfündige Militärbrode zum Preise von 3 Neugroschen 8 Pfennig zum Verkaufe ausgelegt wurden[6]. Der Rath errichtete am 3. Mai 1847 eine Bäckerei auf kommunliche Kosten, in welcher täglich bis 2500 Pfund Brod gebacken wurde. Dieses Brod wurde, nachdem es 48 Stunden gelegen, an jedem Morgen für 131/3 Pfennig pro Pfund in 3- und 6-Pfündern auf dem Gewandhause verkauft. Den Getreidebedarf hierzu schaffte man aus Prag herbei. Außerdem wurden täglich 8–10 Scheffel Kartoffeln, das Mäßchen für 10 Pfennig, verkauft. Die außerordentliche Geldunterstützung an Arme von der Armenversorgungsbehörde betrug vom Monat Oktober 1846 bis Mitte Mai 1847 7238 Thaler[7]. Am 14. Juli 1847 wurden zur Errichtung von zwei weiteren Kommunbacköfen 1235 Thaler 24 Neugroschen 9 Pfennig bewilligt[8]. Bereits am 14. April 1847 war die Taxe für Roggenbrod aufgehoben und der Verkauf desselben freigegeben worden[9]. Dazu wurde am 4. August bekannt gemacht, daß von der Bedingung zunftmäßiger Erlernung der Bäckerei Abstand genommen würde und einem Jeden die Herstellung und der Verkauf von Roggenbrod gestattet sei[10]. Die Bäcker waren mit ihren verschiedenen Eingaben gegen


  1. Ein Groschen pro Scheffel Hafer zum Besten des Stadtkrankenhauses.
  2. C. XXXI. 98.
    Die Eingabe der Kommunrepräsentanten richtete sich gegen eine Handelsgesellschaft, welche ein Kaufmann Friederici im Jahre 1829 gegründet hatte. Friederici war von Schlesien nach Dresden gekommen, hatte die Erlaubniß zum Getreidehandel nachgesucht und erhalten und mehrere große Magazine in Dresden errichtet. Er schloß mit mehreren ausländischen und sämmtlichen sächsischen Getreidehändlern (mit Ausnahme von zweien) Verträge, wonach alles Getreide, das zu Wasser in Dresden eintraf, von ihm übernommen wurde und er den Verkauf allein leitete. Jeder in diese Kompagnie aufgenommene Getreidehändler zahlte mehrere tausend Thaler ein, wodurch die Gesellschaft in Stand gesetzt war, im Auslande (meist Rußland) große Parthien Getreide zu kaufen und in die Friederici’schen Magazine zu bringen. Den Bauern zahlte die Kompagnie gute Preise, so daß diese ihr Getreide gerne in die Magazine lieferten. Kamen jedoch Getreideschiffer nach Dresden, die nicht zur Kompagnie gehörten, so wurden von der Handelsgesellschaft so niedrige Verkaufspreise veröffentlicht, daß der Schiffer womöglich mit Verlust losschlagen mußte und Dresden in Zukunft fern blieb. Auf diese Weise hatte die Gesellschaft fast ein Getreidemonopol erlangt, so daß Bäcker, Brauer, Brenner und Mehlhändler von ihr zu kaufen gezwungen waren.
  3. C. XXXII. 81. Es waren dies damals die einzigen Dampfkräfte Dresdens.
  4. Denkschrift des Regierungsraths Reuning.
  5. C. XXXII. 82.
  6. C. XXXII. 92 d.
  7. C. XXXII. 82. Bl. 74.
  8. C. XXXII. 83. Bl. 1–7.
  9. C. XXXII. 82.
  10. C. XXXII. 83.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 232. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/235&oldid=- (Version vom 17.8.2024)