Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/230

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gestattet, daß sie an den beiden Markttagen, Montags und Freitags, einen Kasten mit Proben von dem Getreide, von dem sie Vorrath hätten, auf öffentlichem Markte aufstellten. Bei den einzelnen Proben mußte auf Zetteln der Name und die Wohnung des Verkäufers angegeben werden. Den Mehlhändlern und Bäckern dagegen, die sofort um dieselbe Vergünstigung eingekommen waren, wurde eingeschärft, stets ausreichende Vorräthe auf den Markt zum feilen Kaufe zu bringen[1]. Zur Unterstützung der Bürger ließ der Kurfürst im Jahre 1727 aus dem kurfürstlichen Futterboden den Scheffel Korn zu 2 Thalern 19 Groschen und Gerste zu 2 Thalern 10 Groschen verkaufen. Auch wurde den Unterthanen, unter Erlaß der Stempelbogengebühren und Sporteln, bis nach der Ernte Getreide geliehen. Es geschah dies gegen Bestellung gerichtlicher Hypotheken auf die Grundstücke und mit der Bedingung, daß nach der Ernte, längstens bis Bartholomäi, Bezahlung erfolge[2]. Es finden späterhin noch häufig Verkäufe aus dem kurfürstlichen Futterboden statt, so 1736 300 Scheffel, das gute Korn pro Scheffel zu 2 Thalern 18 Groschen, das geringere pro Scheffel zu 2 Thalern 10 Groschen, jedoch nur an Hauskonsumenten, und an einen Käufer nicht über 4 bis 5 Scheffel. Die Vergünstigung dieses Verkaufs wurde jedoch deshalb nur ganz wenig in Anspruch genommen, weil der Müller die kleinen Posten von 1/4 und 1/2 Scheffel zusammenschüttete und zusammen vermahlte, wodurch es oft vorkam, daß derjenige, der gutes Getreide zur Mühle gebracht hatte, schlechtes Mehl erhielt und umgekehrt. Aus diesem Grunde zogen es die Leute vor, lieber Mehl als Korn in kleinen Quantitäten zu kaufen. Weitere kurfürstliche Verkäufe fanden 1737, 1739, 1740 und 1746 statt. Anhalt und Preußen hatten im Jahre 1748 die seit 2 Jahren verhängte Grenzsperre aufgehoben. Da sich das Jahr 1748 allgemein durch Fruchtbarkeit auszeichnete, war auch die Zufuhr aus Böhmen eine erhöhte. Vom 1. bis 14. August 1748 wurden aus Böhmen nach Dresden auf der Elbe Getreide gebracht: 36 Scheffel Weizen, 1403 Scheffel Korn und 772 Scheffel Gerste, demnach in 14 Tagen 2211 Scheffel Getreide[3]. Wiederum wurde bei der Theuerung im Jahre 1756 ein strenges Ausfuhrverbot erlassen. Der Preis für Mehl war pro Viertel auf 21 Groschen gestiegen. Der Kurfürst ließ deshalb 150 Scheffel Magazinmehl, je 50 Scheffel an drei aufeinanderfolgenden Markttagen, auf den Markt bringen und das Viertel zu 16 Groschen verkaufen. An jedem dieser drei Markttage erhielten 200 arme Leute einen auf den Namen lautenden, vom Rathe abgestempelten Zettel, gegen dessen Abgabe ein Viertel Mehl verabreicht wurde[4]. Das im Jahre 1756 erlassene Ausfuhrverbot auf Getreide wurde erst im Jahre 1762 wieder aufgehoben[5].

Wie bereits erwähnt, berührten die Hungerjahre 1771 und 1772 um so empfindlicher, als Dresden gänzlich ohne Vorrath und die Ernten nicht nur in ganz Sachsen, sondern auch in den angrenzenden Ländern die schlechtesten waren. In den vorhergehenden Jahren, besonders 1769, waren die Ernten so vorzüglich gewesen, daß man eine große Menge Korn auf dem Felde hatte verderben lassen. Dagegen brachte das Jahr 1770 eine sehr schlechte Ernte, deren schlimme Folgen noch durch große Nässe und Ueberschwemmungen vermehrt wurden. Eine Revision bei den Bäckern am 28. August 1770 ergab nur 293 Malter 10 Scheffel oder 3526 Scheffel Getreide, mithin einen nur für ganz kurze Zeit ausreichenden Vorrath. Der Kurfürst ließ am 4. September 1000 Scheffel, am 5. September 900 Scheffel Korn aus dem Landmagazin verabfolgen und versuchte mit allen Mitteln, besonders aber durch die verschiedensten Vorschriften, Verbote und Befehle, dem Lande die nöthige Körnerfrucht, den Städten Nahrungsmittel zu verschaffen[6]. Diese waren am schlimmsten daran, da in ihnen so gut wie nichts von Nahrungsmitteln produzirt wurde und sie allein auf die Zufuhr von außen angewiesen waren. Am 1. Mai 1771 wurde den Dorfbäckern und Mehlhändlern der Handel mit Brod in der Stadt Dresden ohne jede Einschränkung gestattet. Die schon vorher mit dem Privileg des Verkaufs nach Dresden ausgestatteten Dorfbäcker und Mehlhändler wurden von der Abgabe der Mahlmetze befreit, denjenigen, die dieses Privileg nicht besaßen, wurde der Verkauf in die Stadt am 18. Juli 1771 freigegeben[7]. Die Dorfschaften um Dresden wie z. B. Kötzschenbroda, Zitzschewig u. a. mußten ein genaues Verzeichniß ihrer Vorräthe in die Dresdner Rathsstube einreichen. Bei unrichtigen Angaben sollte das Getreide konfiszirt und dem Denunzianten der vierte Theil davon gewährt werden[8]. Die Weißbäcker wurden auf die strenge Einhaltung ihrer Innungsartikel aufmerksam gemacht und ihnen befohlen, daß jeder seine Waare mit einem Stempel versehe, damit man diejenigen, die zu leicht befundenes Gebäck in den Handel brächten, leichter finden und bestrafen könne. Auch wurden die Vorschriften über das Vorrathhalten von 1571 erneuert und zum Theil verschärft[9]. Um zu verhindern, daß jemand das

noch im Felde stehende unausgedroschene Getreide erhandeln


  1. C. XXXII. 11.
  2. C. XXXI. 28.
  3. C. XXXI. 42.
  4. C. XXXII. 26.
  5. C. XXXII. 28 b.
  6. C. XXXII. 30.
  7. C. XXXII. 31. Bl. 31.
  8. C. XXXII. 31. Bl. 74.
  9. C. XXXII. 31. Bl. 36.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 227. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/230&oldid=- (Version vom 24.8.2024)