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Das Ausfuhrverbot auf Stärke und Poudre wurde nochmals 1804 (9. Oktober) und 1805 (27. Mai) wiederholt[1].

Zur Bekämpfung von Hungersnoth, besonders nach schlechten Ernten, waren Getreideausfuhrverbote ein beliebtes und für die damalige Zeit berechtigtes Mittel. Nach einem allgemeinen Mißwachs brachte das Jahr 1617 Noth und Theuerung über Sachsen. Der Kurfürst schreibt am 13. Mai 1617 an den Rath, „daß um der begangenen Sünden willen, aus Gottes gerechtem Zorn, eine Theuerung über das Land gekommen sei, wie solche seit Menschengedenken nicht stattgefunden habe. Es hätte den Anschein, als wolle aller Vorrath an Frucht und Viktualien geradezu zerrinnen, die Armuth erhebe Klagen und Lamentiren, das Land sei mit Bettlern gleichsam überhäuft.“ Als Urheber dieser schlimmen Zustände bezeichnete man die Getreidehändler, welche zwar, dem Scheine nach, einen ansehnlichen Vorrath aus dem Fürstenthum Anhalt und dem Erzstift Magdeburg nach Dresden gebracht, diesen jedoch, des Gewinnes wegen, nach auswärts verkauft hätten[2]. Die hierauf erlassene Verordnung vom 16. Mai 1617 nimmt in allen Paragraphen auf die Verordnung vom Jahre 1574 Bezug und fügt noch Nachstehendes hinzu[3]: 1. Es soll Niemand, er sei Edel oder Unedel, Einwohner oder Auswärtiger, Bürger oder Bauer, Getreide im Lande auf Gewinn besprechen, einkaufen oder aufschütten. 2. Der Rath darf zwar Getreide auf Vorrath einkaufen, aber solches einzig und allein zum Unterhalt der Gemeinde. 3. Die, welche keinen Ackerbau treiben oder auf ihren Gütern nicht soviel erbaut haben, wie sie zu ihrem jährlichen Haushalt benöthigen, dürfen soviel Getreide, wie sie dazu gebrauchen, kaufen, aber nicht mehr. 4. Wenn Jemand über seinen Jahresbedarf hinaus Getreide übrig hat, so soll er diesen Ueberschuß zu einem billigen Preise auf den Wochenmarkt der ihm zunächst liegenden Stadt bringen und nichts auf etwaige Steigerung behalten. 5. Weder Adel, Bürger noch Bauer soll sein Getreide aus dem Lande verkaufen, weder scheffel- noch fuderweise, auch nicht heimlich in Fässern, als wäre es Zentnergut. 6. Wer vor Erlaß dieses Mandats Getreide an Verkäufer oder Auswärtige versprochen hätte, soll sich zur Ausfuhr vom Rathe Erlaubniß einholen. 7. Auswärtigen ist es ohne ausdrückliche Erlaubniß nicht gestattet, Getreide im Lande zu kaufen und auszuführen, ausgenommen Fuhrleute, die unentbehrliche Waare in das Land bringen, denen kann auf obrigkeitliche Ausstellung eines Scheines hin bewilligt werden, als Rückladung ein Fuder oder Karren einzukaufen und auszuführen. 8. Den Erlaubnißschein müssen die Fuhrleute an allen Zollstätten und Geleiten vorlegen. Die Zöllner und Geleitsleute müssen diesen Schein handzeichnen und den Namen des Käufers und Fuhrmanns, auch wo und wieviel er geladen, aufschreiben, damit dieser Schein nicht mehrere Male gebraucht wird. 9. Wer einen Fuhrmann oder Kärrner, der ohne Erlaubniß Getreide aus dem Lande führt, anhält und beim nächsten Amt oder Gericht anzeigt, erhält die Hälfte des Getreides als Belohnung. 10. Alles Getreide, das die Händler elbab- und aufwärts erkaufen, einladen und hierherführen, muß an die Einwohner und darf nicht an Fremde verkauft werden. Bei Uebertretung werden sowohl Käufer, als auch Verkäufer schwer bestraft, das Getreide konfiszirt und die Hälfte davon dem Denunzianten gegeben. 11. Es werden „etzliche sonderbare gewisse Personen“[4] beauftragt, die monatlich berichten müssen, ob von den Obrigkeiten eines jeden Ortes die Bestimmungen getreulich gehalten werden.

Zu den furchtbaren Verheerungen, die der 30jährige Krieg und die Pest über Dresden brachten, kam in den Jahren 1638 und 1639 wiederum eine Hungersnoth. Um einer übermäßigen Preissteigerung entgegen zu wirken, setzte man eine feste Taxe für Getreide fest und zwar den Scheffel Korn zu 5 Thalern, Gerste zu 4 Thalern, Hafer zu 2 Thalern. Wer anders als zu dieser Taxe verkaufe, dessen Getreide solle konfiszirt und um den Taxpreis an die Bäcker und Bürger, die es benöthigten, verkauft werden[5]. Als nach Beendigung des Krieges gute Ernten ein starkes Fallen der Preise herbeiführten, verschaffte sich einmal das entgegengesetzte Interesse des Landmannes Geltung. Durch Mandat vom 26. Juni 1656 ward vorübergehend die Einfuhr fremden Getreides und Malzes gänzlich verboten. Man nahm an, daß durch die Einfuhr das baare Geld aus dem Lande gezogen und das einheimische Getreide entwerthet würde. In Folge dessen seien die Erbauer nicht in der Lage, ihre Verpflichtungen gegenüber dem Landesherrn zu erfüllen[6]. Nach dem Mißwachs im Jahre 1662 wurde am 19. Juni das Ausfuhrverbot erneuert[7], im folgenden Jahre aber, nach besserer Ernte, die Ausfuhr wieder gestattet[8]. Ein Einfuhrverbot, wie im Jahre 1656, ist jedoch nicht mehr erfolgt.

Die Kornhändler beschwerten sich 1684, daß sie das Getreide theurer einkaufen müßten, als sie es nach der festgesetzten Taxe verkaufen könnten. Daraufhin wurden ihre Böden geöffnet, wobei jedoch nur ein

geringer Vorrath gefunden wurde. Sechs Getreidehändler


  1. C. XXXII. 57.
  2. C. XXXII. 89 b.
  3. C. XXXI. 1.
  4. Im Volksmunde „Getreidespione“ genannt.
  5. C. XXXI. 1.
  6. Cod. Aug. I. S. 1554.
  7. C. XXXI. 1.
  8. Cod. Aug. I. S. 1619.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/228&oldid=- (Version vom 24.8.2024)