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Ein landesherrlicher Befehl vom 12. Januar 1595 verbot die Herstellung des Branntweins aus jeder Art von Getreide, weil dadurch „viel herrliches Getreide“ verbraucht und der Branntwein zu ganzen Fässern in großem Ueberfluß erzeugt würde. Auch fände beim Ausschänken ein gottloses und ärgerliches Leben statt, und durch das Füttern der Schweine mit den verbleibenden Trebern würde die Krankheit des Aussatzes bei den Menschen verbreitet[1]. Der Kampf gegen den Branntwein wurde durch eine Rathsverordnung vom 28. August 1609 fortgeführt[2]. In dieser wird beklagt, daß es jetzt eine unglaubliche Menge Branntweinbrenner in der Stadt gebe, obwohl vor etlichen Jahren das Branntweinbrennen, besonders aber das Brennen von Weizen, Korn, Gerste und Malz gänzlich verboten worden wäre. Denjenigen, die gegen dieses Verbot gehandelt, hätte man die Branntweinblasen genommen. Die Erfahrung zeige, daß jährlich eine große Menge von Getreide zu Branntwein gebrannt und dadurch Theuerung verursacht würde. Die Branntweinbrenner kauften und bezahlten auf den Markttagen das Getreide zu jedem ihnen angebotenen Preise, wodurch die Getreidepreise in die Höhe getrieben würden, auch ständen sie in Verdacht, in den Mühlen und Malzhäusern „Partiererei“ zu treiben. Der Rath verordnete deshalb: Es soll in Dresden und den Vorstädten nicht mehr als 12 Personen erlaubt sein, Branntwein, Wachholder oder Aniswasser oder wie sonst die Namen seien, für den Verkauf und um Lohn zu brennen. Die Erlaubniß hierzu muß beim Rathe eingeholt werden, der in Ansehung der Person, der Wohnungen (wegen der Feuersgefahr) und dergleichen Umständen nach, die Erlaubniß gebe oder verweigere. Diejenigen, denen die Erlaubniß ertheilt wird, werden bei hoher Strafe verpflichtet, keinerlei Getreide, sondern nur Wein- oder Bierhefen, Wachholder, Hollunder oder andere Beeren zum Branntwein zu verwenden. Wer ohne Erlaubniß Branntwein aus Getreide brennt, soll dem Rathe angezeigt und schwer bestraft werden. Den Bürgern und Einwohnern ist es bei 10 Schock Strafe verboten, Branntweingäste in ihren Häusern zu setzen, wenn nicht vom Rathe die Erlaubniß hierfür ertheilt ist. Für diese Erlaubniß sind dem Rathe jährlich 2 Gulden zu entrichten, halb zu Ostern und halb zu Michaelis. Die Branntweinbrenner dürfen bei Strafe von 2 Schock guter Groschen keine Gäste in ihren Häusern setzen, sondern sind angewiesen, den Branntwein öffentlich auf dem Markte feil zu halten. Das Feilhalten auf dem Markte ist ihnen, außer des Sonntags, täglich gestattet und zwar zwischen Ostern und Michaelis bis 8 Uhr, von Michaelis bis Ostern bis 9 Uhr. Den Fremden (Böhmen, Lausitzern, Schlesiern) ist jeglicher Verkauf, außer an den 3 Jahrmärkten, überhaupt untersagt. Diese Verordnung wurde am 4. August 1612 und am 31. Januar 1621 wiederholt. Das Verbot des Branntweinbrennens aus Getreide wurde zu Ende des 17. und im 18. Jahrhundert nur noch für Zeiten der Theuerung aufrecht erhalten; so bringt eine kurfürstliche Verordnung vom 23. Dezember 1684 die alte Verordnung von 1595 in Erinnerung[3]. Bei der Theuerung im Jahre 1714 wurde außerdem noch darauf aufmerksam gemacht, daß man sich mit der Verfertigung von Stärke und Poudre einschränken müsse, da auch hierzu sehr viel Weizen verbraucht würde. Es wurden konsumirt: Weizen im Jahre 1711 für Branntwein 3767 Scheffel, für Stärke und Poudre 7083/4 Scheffel, im Jahre 1712 für Branntwein 38501/4 Scheffel, für Stärke und Poudre 6161/2 Scheffel, im Jahre 1713 für Branntwein 4100 Scheffel, für Stärke und Poudre 6411/4 Scheffel. Am 20. Dezember 1719 wurde vom Kurfürsten die Zubereitung des Poudres aus Getreide oder Stärke gänzlich verboten. Wer der Verfertigung solchen Poudres überführt würde, sollte für jedes Pfund mit 1 Thaler bestraft werden[4]. Das Branntweinbrennen aus Getreide wurde am 25. September 1772 wieder gestattet, doch der Branntwein mit einer Steuer belegt. Für jede Kanne, sowohl für den im Lande gebrannten, als auch für den von auswärts eingeführten, mußten 6 Pfennige gegeben werden[5]. Ein Ausfuhrverbot für Branntwein wurde am 5. Oktober 1789 erlassen, dessen Uebertretung mit Konfiskation des Branntweins bestraft wurde. Der konfiszirte Branntwein wurde taxirt und von dem Geldbetrage dem Denunzianten 1 Viertel, der untersuchenden Obrigkeit 1 Viertel und den Stadtarmen die Hälfte überwiesen[6]. Aus einem Extrakt der General-Accis-Haupteinnahme vom Jahre 1792 ersieht man, daß der Bedarf an Weizen zum Branntweinbrennen, im Vergleich zum allgemeinen Konsum für Brod, ein ganz enormer war. Es wurden im Jahre 1792 versteuert[7]:

  Scheffel.
Weizenmehl zum Verkauf an Hauskonsumenten 181 5/8
Weizen zum Branntweinschroten 8 154 1/4
Weizen zum Brodbacken 39 028 0
Weizenmehl, das vom Lande kommt und zur Bank vergeben ist      4 247 3/4
Weizen zum Hausbacken 171 3/4
Weizen zum Stärkemachen 737 1/4
Weizen zum Essigbrauen 185 1/2
Summa      52 706 1/8

  1. Cod. Aug. I. S. 1438.
  2. C. XXXI. 3.
  3. C. XXXI. 6.
  4. C. XXXI. 4.
  5. C. XXXII. 33.
  6. C. XXXII. 47.
  7. C. XXXII. 57.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/227&oldid=- (Version vom 23.8.2024)