Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/168

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ein eigenes Wohnhaus neben der Schule. Auch die Wohnungen der übrigen Lehrer finden wir später in den Nebengebäuden. Seit wann das Alumneum mit der Schule verbunden ist, läßt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Es waren auch Kammern vorhanden, „Habitatzen“, in denen fremde Schüler Unterkunft fanden. Ein fahrender Schüler, Thomas Platter, der weit herum kam, spricht sich in seiner Selbstbiographie über Dresden zwar kurz, aber deutlich aus: „dort war durchaus keine gute Schule und auf der Schule in den Habitatzen alles voll Läuse“.

Der Bau von 1493 scheint nicht sehr gewissenhaft ausgeführt worden zu sein, denn, abgesehen von mehrfachen Ausbesserungen, die wenig später schon nöthig waren, schritt man bereits 1557 wieder zu einem vollständigen Neubau. Zu diesem Entschlusse führte die dringliche Erwägung, „in was sorglicher Gefahr die arme Jugend in der alten finsteren und ganz baufälligen Schule täglich sitzen und wesentlich sein müsse“. Die alte wurde eingerissen und dann der Neubau vorgenommen. Inzwischen wurde in des Rathes Hause auf der Breiten Gasse Schule gehalten. Um die Kosten zu beschaffen, rief der Rath die Beihilfe des Kurfürsten und der Bürger an. Die Gaben flossen zahlreich zu. Der Kurfürst spendete 100 Gulden und gewährte außerdem reichliches Baumaterial. Dazu verkaufte der Rath eine Reihe von Silberschätzen, die aus der Kreuzkirche stammten und bei Einführung der Reformation beschlagnahmt worden waren. Als Gesammtsumme für den Bau finden wir verzeichnet 2432 Gulden 7 Gr. 10 Pf. Mit dem Neubau war zugleich eine innere Neugestaltung der Anstalt verknüpft. Mit der Zeit fortschreitend, bot das neue Haus Raum für fünf Klassen, während im alten nur drei waren. Zwei weitere Klassen kamen noch im Laufe des Jahrhunderts hinzu. Gleichzeitig mit dem Neubau wurde ein Lokal in der Kreuzkirche über der Sakristei zur „Liberey“ (= Bibliothek) eingerichtet. Auch hierzu flossen viele milde Gaben. Abgesehen von den ziemlich zahlreichen baulichen Veränderungen, die im Laufe der Zeiten nöthig wurde, geht die 1891 verschwundene alte Kreuzschule auf jenen Neubau von 1557 zurück. Zunächst erfuhr im Jahre 1572 der Hof, der anscheinend ziemlich beschränkt war, eine Erweiterung: die Landesregierung trat ein Stück vom Hofraum des in der Nähe befindlichen Kuffenhauses an den Rath ab; der Rath ging in dieser Richtung weiter, indem er 1585 das ganze Kuffenhausgrundstück eintauschte und das alte baufällige Kuffenhaus niederlegte. Dadurch gewann das Schulgrundstück einen Ausgang hinten nach der Stadtmauer zu. – Eine Renovirung erfuhr das Schulgebäude im Anfang des nächsten Jahrhunderts wieder. 1619 war sie vollendet: zum Andenken an sie ließ der Rath über den Eingang der Thüre eine steinerne Tafel mit lateinischer Inschrift in goldenen Buchstaben anbringen, die später im Schulhof eingemauert wurde. Seit 1879 ist die Tafel in die neue Kreuzschule überführt und dort in der Eingangshalle angebracht. Weck in seiner Chronik hat die Inschrift übersetzt: „Gott zu Ehren, der Christlichen Kirchen zum Auffnehmen und der gantzen Stadt zum besten hat E. E. Rath der Stadt Dresden diese Schule der Gottesfurcht und freyen Künste Anno 1557. aufbauen, und Anno 1619. selbige auf Seine Kosten renovieren laßen. An die Jugend: O Schüler komm herzu, erst lerne Christum wißen, der guten Künste sey hernachmals auch beflißen“. Vom 30jährigen Kriege ist Dresden bekanntlich unmittelbar nicht betroffen worden, obwohl es mittelbar genug unter ihm zu leiden hatte. Die Reparaturen, die im weiteren Verkaufe des Jahrhunderts an dem Gebäude nöthig wurden, sind nicht auf Kriegsschäden zurückzuführen. Dagegen mag wohl der innere Verfall der Schule, über den gegen Ausgang des Krieges lebhafte Klagen geführt werden, im Zusammenhang mit dem Kriege stehen. Hauptsächlich wird als ein Zeichen des Verfalls der Disziplin der lässige Gebrauch von Stock und Ruthe beklagt. Die Schule hebt sich wieder unter dem Rektor Joh. Bohemus. Aber jene besondere Klage wegen Stock und Ruthe verstummt auch unter ihm nicht. Offenbar kam man damals von allzu ausgiebiger Anwendung dieser Züchtigungsart, wenigstens bei den älteren Schülern, langsam ab. Dieser Wechsel in der Disziplin leitete auf ein neues Zuchtmittel hin, auf das Carcer. Bei der Kirchen- und Schulvisitation von 1671 wurde die Erbauung eines solchen dringend empfohlen und vom Rath versprochen. Aber erst im Jahre 1692 löste der Rath sein Versprechen ein und bewilligte die Mittel zum Bau. Die Ausführung erfolgte offenbar im Zusammenhang mit der größeren Schulreparatur, die der Rath im Mai 1693 dem Bauamt übertrug[1]. Im Jahr 1700 bestand das Carcer schon. Eine andere bauliche Aenderung aber, die in der 1693 beabsichtigten Schulreparatur gleichfalls inbegriffen war, kam erst 1704 zur Ausführung: in die große Schulstube, in der bis dahin drei Lehrer gleichzeitig neben einander unterrichteten, wurden zur völligen Absonderung der Klassen steinerne Scheidewände eingezogen. Seitdem trat ein Stillstand in der Weiterentwicklung ein. – Von Nebenbauten ist das neue Konrektorhaus zu erwähnen, das 1667 an Stelle des ganz baufälligen alten errichtet worden war.

Der siebenjährige Krieg ging nicht um Dresden herum, wie der 30 jährige, sondern traf die Stadt sehr hart: aber auch in diesen Wirren, selbst bei dem Brande der Kreuzkirche, blieb die Schule verschont. Allerdings war sie in höchster Gefahr: ihre Errettung verdankte


  1. Akten des Rathsarchivs B. VII a. 191 k.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/168&oldid=- (Version vom 16.7.2024)