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Sowohl an dem heutigen dritten Weihnachtsfeiertage als an denen beiden vorhergehenden sind in der evangelischen Hofkirche bei gehaltenem Gottesdienste von denen Schweizern die sonst gewöhnlichen Posten noch nicht wieder besetzt gewesen. Se. Königl. Majestät in Preußen haben bei dero Abreise in dem Quartier, wo sie logiret, an die Fürstl. Lubomirskischen Bedienten zweihundert Thaler zur Discretion austheilen lassen.

Den 28. Dez. Diesen Morgen wurde der Hoftrompeter Wolf mit Pässen und Stallpferden nacher Töplitz abgeschicket, um die am 15. hujus dahin abgegangene Mundköchin Liebin mit ihren Leuten wiederum anhero zurückzubringen. Heute marschirten abermals zwei Regimenter Preußische Cuirassiers, 1 Reg. Husaren und 1 Reg. Infanterie zum Wilsdorfer Thore herein, durch die Stadt und über Neustadt zum Weißen Thore hinaus[1].

Den 29. Dez. Diesen Morgen in aller frühe fing die Preußische Bagage in und vor der Stadt hier durch und über Neustadt zum Weißen Thore hinaus zu marschiren und um acht Uhr versammleten sich die zeithero in hiesiger Residenz gelegenen Truppen allerseits auf dem Altenmarkte, Schloß- und Elbgasse [2] mit Sack und Pack. Nach acht Uhr verlassen auch diejenigen, welche auf denen Hauptwachten, Posten und unter den Thoren gestanden, dieselben, letztere zogen hinter sich die Aufzugbrücken im Wilsdorfer und Pirnischen Thore auf und sperreten die Thore und stellten sich zu denen zum Abmarsch bereits paratstehenden Truppen. Um halb neun Uhr erfolgte endlich der Abzug mit fliegenden Fahnen und klingendem Spiel über Neustadt zum Weißen Thore hinaus, allwo sich die annoch stehende Preußische Wacht anschloß, nach deren Abmarsch solches Thor ebenfalls gesperret wurde. Das Schwarze Thor hingegen, welches schon einige Zeit vor dem Einmarsch der Preußischen Truppen gesperret und zugemacht gewesen, ist während der Preußischen Besetzung niemals geöffnet worden. Alles Marodiren und Plündern beim Abmarsch sowohl aus der hiesigen Residenz. als auch durch die sämtlichen Sächsischen Lande soll denen Preußischen Truppen bei Leib- und Lebensstrafe sein verboten gewesen, dergestalt daß diejenigen, welche sich dergleichen unterstehen würden, sogleich niedergeschossen werden sollten, weshalber auch die Unterofficiers mit aufgezogenen Pistols neben den Leuten marschiren müssen.

Um zehn Uhr Vormittags besetzte die ankommende Landmiliz wiederum die Hauptwacht alhier und in Neustadt, die Thore aber wurden von den Bürgern besetzt. Nachmittags kam ein Bataillon vom Bellegardischen Regiment hereinmarschirt und lösete die Landmiliz von der Hauptwacht und den Thoren wieder ab. Mittags gaben der Herr Conferenzminister Graf von Hennicke ein Tractament, wobei unter andern von Preußischer Seits der Herr Premierminister Herr von Podewils, der Herr Geh. Rath von Vockerodt und Fürstl. Dessauische Hofrath Herr Herrmann sich anwesend befanden. Heute wurden die Thorzettel zu verfertigen wieder angefangen und eingeschickt.

Den 30. und 31. Dez. Gestern fiel nichts besonders vor. Heute kam die Mundköchin Liebin mit ihren Leuten und dem Beischreiber Wustmann auch Somelier Klugin nebst dem zu ihrer Abholung nacher Töplitz abgeschickten Trompeter Wolf von da wiederum allhier an.

Anno 1746 den 1. Jan. Heute Nachmittags war wiederum bei des Herrn Geh. Conferenzminister Baron von Bülow Excellenz die gewöhnliche Tafel und speiseten abermals wie vorhero geschehen der Preußische Premierminister Herr von Podewils und der Preußische Herr Geh. Rath. von Vockerodt alda, welche beide hierauf diesen Tag gegen Abend von hier ab und nach Berlin reiseten, mithin diese Tafel völlig cessirte. Am heutigen heiligen Neujahrstage haben bei dem evangelischen Hofgottesdienste die Schweizer ihre gewöhnlichen Posten wiederum besetzet. Abends langte die Hochgräflich Brühlische junge Herrschaft aus Prag hier an.

Den 2. Jan. Heute Vormittags wurde sowohl bei dem evangelischen Hofgottesdienst als auch in denen übrigen Stadtkirchen wegen des zwischen Ihro Königl. Majestät in Polen und Churfürstl. Durchlaucht zu Sachsen und Sr. Königl. Majestät in Preußen geschlossenen Friedens Dankpredigt gehalten und ein besonderes Dankgebet verlesen und das Te Deum laudamus gesungen, bei dessen Anstimmung in der Hofkirche dreimal zwölf Canons abgefeuert, auch dabei die Glocken auf allen Kirchen geläutet wurden. Wie man vernimmt, so haben die Preußen die Stadt Leipzig am 1. dieses gleichfalls verlassen.

Den 3. Jan. Heute kam die frohe Zeitung ein, daß Ihro Königl. Majestät in Polen nebst dero Gemahlin


  1. Am 27. Dez. wurde den Gerichtspersonen in den Vorstädten angezeigt, daß sich sämtliche preußische Truppen andern Tags früh sieben Uhr zur Parade auf dem Markte stellen würden; wer gegen seine Einquartierung zu klagen habe, solle es dort bei dem General anbringen. Am Abend des 28. machten zwei Rathsdeputirte dem Gouverneur General du Moulin das Abschieds-Compliment. Wegen des Ausmarsches der Truppen am 29. versammelte sich der Rath früh sieben Uhr auf dem Rathhause. Dem Platzmajor von Ramin wurde ein Donceur von zwölf Speciesdukaten überreicht. Die Truppen zogen sich auf dem Altmarkte zusammen und gegen neun Uhr erfolgte der Abmarsch. Der Fürst von Dessau entschloß sich, diesen Tag noch hier zu bleiben, damit beim Ausmarsche alle Unordnung vermieden werde und etwaige Klagen ihm noch vorgetragen werden könnten. Die Preußen ließen für die Armen der Stadt 10 000 Portionen Commisbrot zurück, bestehend in 1000 Vierpfund und 2666 Sechspfundbroten (Rathsakten G. XXXII. 1 BL. 255, 268–272).
  2. Augustusstraße.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/166&oldid=- (Version vom 20.6.2024)