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hoch. Um halb zehn Uhr kamen hochgedachte Sr. Königl. Majestät nebst dero Herrn Bruders Hoheiten auf das Schloß mit eben den Wagen und Pferden, wie sie in die Stadt gefahren, und stiegen im großen Schloßhofe linker Hand an der Treppe nach der Thurmseite ab, um denen Königl. Hoheiten die Visite zu geben. Derer beiden Prinzen Hoheiten kamen die Treppe herunter Sr. Preußischen Majestät entgegen, Ihro Majestät umarmten sie und begleiteten sie in das Zimmer und verfügten sich sodann auch zu derer Prinzessinnen Hoheiten. Nach kurzem Verweilen aber kehrten Dieselben wieder in dero Quartier zurück. Als Ihro Königl. Majestät im kleinen Schloßhofe dero Wacht vorbei passirten, wurde nur das Gewehr präsentiret und weder das Spiel gerühret noch salutiret.

Bei heutiger Einrückung derer Preußischen Truppen kam auch der Hoftrompeter Haase mit selbigen von Gorbitz herein, weil er so lange daselbst hatte bleiben müssen. Die Landmiliz, welche bei dem Einmarsche derer Preußischen Truppen die Thore, Haupt- und andere Wachten in der Residenz und Neustadt besetzet hatten und sonsten hier befindlich waren, mußten sich mit ihren Ober- und Unterofficiers auf dem Altenmarkte stellen und alles Gewehr und Patrontaschen ablegen und wurden insgesamt zu Kriegsgefangenen gemacht, doch behielten die Officiers ihr Seitengewehr, welches auch allen andern hier befindlichen Officiers sowohl als auch dem Cadetscorps widerfuhr. Von den letztern wurde eine ziemliche Anzahl, nicht weniger viele Hundert derer besten und jüngsten Leute von der Landmiliz ausgehoben und ungesäumt in die Preußischen Lande fortgeführet[1]. Das abgenommene Gewehr und andere Geräthschaften der Landmiliz lieferte man Preußischer Seits in das Zeughaus, als welches von ihnen besetzt ward.

Bei der abgestatteten Visite des Königs in Preußen Majestät bei denen jungen Königl. Herrschaften haben dieselben auch anbefohlen, daß morgenden Tages die letzt alhier aufgeführte Opera Arminio präsentiret werden sollte, und es mußten dannenhero alle Anstalten hierzu vorgekehret werden. Vormittags ertheilte der auf dem Schlosse alhier die Wacht habende Preußische Capitän die Ordre, die vor denen Königl. jungen Herrschaften Hoheiten Zimmern angesetzten Preußischen Posten wegzunehmen und dargegen die Schweizerposten daselbst wieder auftreten zu lassen, welches auch bei der Prinzessin von Weißenfels Durchlaucht Zimmer geschahe.

Den 19. Dez. Heute hatten Ihro Königl. Majestät von Preußen angeordnet, wegen dero siegreichen Treffen ein Dankfest in der Kirche zum heil. Kreuz zu halten. Zu dem Ende verfügten sich Ihro Königl. Majestät selbst in die Kirche und der Gottesdienst nahm vormittags zehn Uhr (als um welche Zeit die beiden hierselbst gewöhnlichen Vormittagspredigten geendiget sein mußten) seinen Anfang und währte bis gegen elf Uhr. Die Predigt, welche dabei von dero Stabsprediger Herr Mag. Dillraß gehalten worden, ist nachstehende gewesen.

(Hier folgt die Predigt im vollen Wortlaute.)

Nach vorstehender Predigt wurde das Te Deum laudamus (jedoch ohne die Orgel darbei zu spielen, gleichwie auch bei dem ersten Lied: Nun danket alle Gott! unterblieben war) abgesungen und dabei alle Kanonen auf den Wällen abgefeuert, welche dergestalt stark geladen waren, daß an verschiedenen Häusern die Fenster, besonders aber am Opernhause, gesprungen sind, und überhaupt war es auch sehr fürchterlich anzuhören.

Der Herr General Graf von Dohna wurde zum Commandanten und der Herr General du Moulin zum Gouverneur hiesiger Residenz erkläret. Wegen Verpflegung der Preußischen Miliz kam auch heute nachstehende gedruckte Preußische Ordonnance zum Vorschein und wurde in die Häuser ausgetheilet:

Vor Ihro Majest. des Königs von Preußen hier in Dreßden stehende Trouppen wird an Natural-Verpflegung täglich gereichet:

4   thlr. vor einen Obristen, Obrist-Lieut. oder Major,
1   thlr. vor einen Hauptmann,
12  gr. vor einen Lieut. oder Fähndrich,
1   Pf. Fleisch
Das Gemüse
2   Berliner Quart Bier
2   Pf. Brodt, aus dem Magazine, wird dem Unter-Officier oder Gemeinen gegeben, kein Brantewein, kein Geld, kein Toback
Sr. Königl. Majest. bestallter General–Major von der Cavallerie
Frey-Herr v. d. Goltz. 

Ingleichen wurden andere gedruckte Zettel in die Häuser geschickt, nachfolgendes Inhalts:
Auf Ihro Königl. Preuß. Majest. höchsten Befehl wird allen Wirthen hiermit angedeutet, daß sie bey Vermeidung Leibes- und nach Befinden Lebens-Straffe keine Sächsische oder auch Oesterreichische verlauffene oder blessirte, unter welchen letzteren auch alle Officiers, hohe und niedrige, ohne solche vorher angemeldet zu haben, bey sich logiren lassen sollen. Wenn heute gegen drei Uhr, Nachmittags, iemand gefunden oder erfahren werden solte, soll der Eigenthümer des Hauses, er sey wer er wolle, durch die Wache arretiret werden. Alles Bürger-Schieß-Gewehr soll zusammen ins Cadetten Haus noch heute gebracht, und abgegeben werden.

Dresden, den 19. Dec. 1745.
Sr. Königl. Majest. in Preußen
 
Obrister von Knobloch
 

Heute Nachmittags zwischen drei und vier Uhr fuhren derer beiden Prinzen Alberti und Clemens Königl.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/163&oldid=- (Version vom 18.6.2024)
  1. Von den Cadetten wurden 26, von den 3000 Mann Landmiliz 1600 unter Bedeckung zweier Reiterregimenter nach Berlin abgeführt, um in die Preußische Armee eingereiht zu werden. Zum Transport der Cadetten bis Meißen mußte der Rath am 20. Dez. 6 vierspännige Korbwagen stellen.