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Abends um acht Uhr rückten die Preußischen Truppen vor den Freiberger Schlag an und rührten auf einmal Trommeln, Pauken und Trompeten und verlangten das Thor und Schlagbaum zu eröffnen, und daferne solches nicht geschehen würde, so waren schon Zimmerleute vorhanden, welche alles aufhauen sollten. Doch eröffnete hierauf der Thorschreiber das Thor und den Schlagbaum und die Preußischen Truppen quartierten sich, 50 bis 60 Mann in jedem Hause, in der Vorstadt ein, thaten aber niemandem einiges Leid, nur mußte ihnen gegeben werden, was sie verlangten. Sie besetzten hierauf das Wachthaus am Wilsdorfer Thore, die innersten Posten am Walle aber konnten sie nicht besetzen, weil die Aufzugbrücke aufgezogen war, und diesen Abend ließen sie es dabei bewenden.

Den 18. Dez.[1] Heute früh um vier Uhr ließen des Herrn General Bosens Ercellenz ins Oberhofmar schallsamt vermelden, daß diesen Morgen um sechs Uhr die Preußischen Truppen in die Stadt herein rücken und zugleich das Schloß besehen würden, weshalber sogleich die Schweizerwacht sich aus dem Schloßhofe in das Eckhaus am Taschenberg rechter Hand eine Treppe hoch retiriren und nur die einzelnen Posten stehen bleiben [sollten]. Die Cadetswacht marschirete ebenfalls vom Schlosse ab. Gegen acht Uhr kamen die Preußischen Truppen vor die Thore und besetzten nicht nur das Innere des Wilsdorfer Thores, sondern auch das Pirnaische Thor und marschirten mit klingendem Spiel und aufgesteckten Bajonets nebst Feldstücken und brennender Lunte ferner in die Stadt herein und durch dieselbe zum Theil hinaus nacher Neustadt. Zu gleicher Zeit kamen ein Capitän, ein Lieutenant, 100 Mann vom Alt-Schwerinischen Regimente mit klingendem Spiele und Musik auf das Schloß marschiret, rangirten sich auf dem kleinen Schloßhofe und löseten nach beschehener Anweisung derer Posten von dem Wachtmeister-Lieutenant derer Schweizer die auf solchen Posten stehenden Schweizer ab und nahmen die ordentliche Schweizer-Wachtstube in Besitz, die beiden Officiers aber nahmen des Thorwächters Stube ein. Nach beschehener Vorstellung, daß doch wenigstens derer jungen Herrschaften Königl. Hoheiten Zimmer mit Schweizer-Wacht besetzt bleiben möchten, ertheilte der Preußische Officier die Antwort: daß er keine andre Ordre habe als alle Posten der Schweizer abzulösen, doch wollte er soviel vor sich thun und an die nächsten Posten derer herrschaftlichen Zimmer eine Post dargegen stellen und die erstere stehen lassen.

Bald nach dem Einmarsch derer Königl. Preußischen Truppen kamen auch Se. Königl. Majestät in Preußen nebst dero Herrn Bruders des Prinzen Wilhelms Hoheiten in einem offenen Wagen mit acht Pferden bespannet hier an und nahmen dero Quartier in dem Fürstl. Lubomirskischen Palais auf der Kreuzgasse eine Treppe


  1. Früh vier Uhr wurde Bürgermeister Weinlig in General Boses Quartier geholt. Dort traf er den Königl. Flügeladjutanten Hauptmann von der Oelsnitz, der ihm meldete, daß er im Namen des Königs den Magistrat und die Stadt dero Gnade und Protektion versichern solle. Der Rath müsse aber die hereinrückenden Truppen sofort verquartieren und die Hausbesitzer anhalten, sie in der vorgeschriebenen Weise zu verpflegen. In die Stadt würden zwei Bataillone zu je 600 Mann und die ganze Generalität kommen, vier Bataillone nach Neustadt, vier in die Wilsdruffer Vorstadt nebst Friedrichstadt und zwei in die Pirnaische Vorstadt. Um sechs Uhr versammelte sich der Rath und traf wegen der Einquartierung die nöthigen Vorkehrungen. – Der preußische General von der Goltz beschied drei Rathsdeputirte zu sich und eröffnete ihnen, der König lege der Stadt eine Contribution von 100 000 Thlr., binnen vier Tagen zahlbar, auf; davon seien 25 000 Thlr. andern Tages vormittags neun Uhr bei Vermeidung von Zwang baar zu zahlen. Die Deputirten begaben sich sogleich zum Minister Grafen von Hennicke und stellten ihm vor, es sei bei keiner Kasse Geld vorhanden außer bei der Sophienkirche; er gab ihnen den Rath, es unbedenklich von da zu nehmen. Bei Ueberreichung der 25 000 Thlr. am 20. Dezember übergab der Rath ein Gesuch an den König um Ermäßigung der Contribution auf 50 000 Thlr. und um Nachsicht hinsichtlich der Zahlungsfrist, da das Geld bei den Einwohnern von Haus zu Haus in Posten von 10, 20, 30 Thlr. zusammengesucht werden müsse (Rathsakten G. XXXII. 1 Bl. 162, 181, 210). Das Gesuch ist von Erfolg gewesen, denn nach Ausweis der späteren Abrechnung (Akten G. XXXII. 14) sind in Wirklichkeit bezahlt worden
    47 750  Thlr. - Gr. - Pf. Contributionsgelder.
    10 869 Thlr. 16 Gr. - Pf. Douceurs, davon 10 000 Thlr. „auf Befehl des Kurfürsten“ an den Minister Grafen Podewils für seine Bemühungen um den Friedensschluß, 550 Thlr. an den Fürstl. Dessauischen Hofrath Herrmann und 220 Thlr. 16 Gr. für Porzellan zu Geschenken an die Generale du Moulin und Graf Dohna „für gehaltenes gutes Commando“;
    1 943 Thlr. 6 Gr. 9 Pf. Aufwand für die Küche des Königs, des Fürsten von Dessau und des Grafen Dohna,
    193 Thlr. 10 Gr. 11 Pf. Boten- und Fuhrlohn,
    435 Thlr. - Gr. - Pf. Naturalverpflegung für die Offiziere,

    61 191 Thlr. 9 Gr. 8 Pf. Insgesamt.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/162&oldid=- (Version vom 18.6.2024)