Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/161

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

auch in denen Vorstädten hierauf ein Allarm, als ob Preußische Husaren sich an denen Schlägen sehen ließen. Man erfuhr aber, daß es nicht gegründet, sondern Oesterreichische vor Preußische Husaren angesehen worden.

Von der gestern bei Kesselsdorf vorgefallenen Action vernahm man folgende Umstände: Der diesseitige linke Flügel, welchen der Chevalier de Saxe anführete, wurde durch das Dorf Kesselsdorf bedecket, in welchem Dorfe einige Bataillons Grenadiers nebst einigen Kanonen gestellet wären. Der rechte Flügel, den der General Diemer commandirete, stieß an die Reihe Berge ohnweit dem Dorfe Briesnitz, bei welchem das Oesterreichische Corps, welches der General Grünne von der Armee am Rhein herzugeführet, stund und höchstens sich in die 8000 Mann belief. Der König in Preußen führte in höchster Person eine Armee, die dem Gegentheil überlegen war, wider die Unsrigen selbst an, welche der Generalfeldzeugmeister Graf Rutowsky en chef commandirete, und hatte noch ein Corps von 15 000 und noch ein anderes von 12 000 zur Reserve stehen. Um 1 Uhr griff der Preußische rechte Flügel den Sächsischen linken an und nöthigte die daselbst postirte Grenadiers sich herauszuziehen. Das Treffen wurde auf dieser Seite so hitzig und die Preußischen Linien so dünne, daß das Corps de reserve von 15 000 Mann diesen Flügel unterstützen mußte. Um 3 Uhr ging auch das Gefechte auf dem andern Flügel an und mit einbrechender Nacht wurden die Sachsen genöthiget, die Wahlstatt zu verlassen, weil die Finsterniß der Schlacht ein Ende machte. Königl. Preußischer Seits soll von hohen Officiers der Generalmajor von Hertzberg und der Obrister von Asseburg vom Leibregiment, von denen übrigen Officiers aber etliche 20 geblieben sein. Unter denen Sächsischen Gefangenen hoher Officiers sollen sich der Generallieutenant von Arnim, der Generalmajor Allnped, der Obrister L’Annonciade und der Obrister Graf Nostitz, unter denen Todten aber der Generalmajor Münnichau und der Obrister Niesemeuschel befinden.

Man hat auch von dieser Action annoch nachfolgende umständlichere Nachricht wie folget:

(Hier folgt ein Schlachtbericht von sächsischer und ein andrer von preußischer Seite mit Listen der preußischen gefallenen und verwundeten Offiziere, der zu Gefangenen gemachten sächsischen und österreichischen Offiziere und der eroberten Geschütze.)

Sonst kamen von früh Morgens bis Abends blessirte Soldaten theils hinkend theils auf Schiebekarren häufig herein, welche sich noch bei Zeiten retiriren können, welches sehr erbärmlich anzusehen war und wodurch viele Vermögende mitleidig bewogen worden, an diese elenden Leute Almosen austheilen zu lassen. Denen sämtlichen hier befindlichen Hoftrompeters wurde befohlen, sich sowohl vor ihre Person als auch mit Pferden parat zu halten, um sogleich zum Verschicken gebraucht zu werden. Mittags wurde der Obertrompeter Haase mit Depeschen von dem Hochpreislichen geheimden Consilio an Se. Preußische Majestät abgesendet, selbiger nahm seinen Weg über Neustadt zum Weißen Thore hinaus, um allerhöchste Ihro Preußische Majestät aufzusuchen.

Den 17. Dez. Heute continuirte die Hereinkunft derer blessirten Soldaten, welche annoch fortkommen konnten, und das Mitleiden gegen dieselben wurde wie gestern nicht vergessen[1]. Mittags wurde der Hoftrompeter Wolf mit Depeschen aus dem Hochpreislichen geh. Consilio an des Fürsten Feldmarschalls von Dessau Durchlaucht nacher Gorbitz abgesendet und Nachmittags geschahe mit dem Hoftrompeter Brentz ein gleiches. Mit dem Hoftrompeter Wolf ist zugleich der Adjutant des Herrn Generals Bosens Excellenz mit abgeschicket worden und man muthmaßet ganz sicher, daß die hin und wieder beschehene Abschickung derer Trompeters die Uebergabe und Capitulation hiesiger Residenz betreffen müsse. Gestern Nachmittag 4 Uhr kam der Trompeter Wolf wiederum zurück und man erfuhr, daß der gestern abgefertigte Trompeter bei des erstern Abfertigung allererst bei Sr. Königl. Majestät in Preußen zu Gorbitz angelanget fei. Des Abends kam der Burgermeister Weinlig alhier in das Oberhofmarschallamt und zeiget eine Specification von verschiedenen Victualien, welche von dem Königl. Preußischen Küchenschreiber von dem hiesigen Magistrat zu Sr. Königl. Majestät in Preußen Tafel morgen mit dem frühesten nacher Plauen verlanget worden. Weil nun der Rath das Erforderliche in der Geschwindigkeit nicht aufzubringen vermöchte, so bat ermeldter Burgermeister, von Seiten des Hofes ihm damit auszuhelfen, welches auch erfolgte, und der Magistrat übernahm die Transportirung und zugleich die verlangte Bierlieferung [2].


  1. Mit der Unterbringung der Verwundeten und Kranken sah es schlimm genug aus. Auf das Verlangen des geh. Kriegsconsiliums hatte der Rath am 7. Dez. zu ihrer Aufnahme das Gewandhaus bestimmt. Am Abend des 15. Dez. gab er noch die leerstehenden Räume im städtischen Brau- und Malzhause auf der Breitengasse dazu her. Bald mußten aber auch die Gasthöfe und Bierhäuser belegt werden, und erst am 16. Dez. wurde durch Einräumung der Kasernen und des Jägerhofs für die Tausende von Verwundeten und Kranken ausreichender Platz geschafft. Für ihre Wartung und Verpflegung war anfangs gar nicht gesorgt, und noch am 21. Dez. beklagten sich die im Gewandhause untergebrachten 300 Verwundeten über Mangel an Brot und Stroh (Rathsakten G. XXXII. 1 Bl. 59, 109, 112, 116, 127, 218).
  2. Bürgermeister Weinlig wurde Abends 9 Uhr ins Geheime Consilium geholt und ihm dort der Küchenzettel für die Tafel des Königs mit dem Auftrage eingehändigt, die darin verzeichneten Eßwaaren am nächsten Morgen 1/27 Uhr nach Plauen zu liefern. Da der Bürgermeister sich hierzu außer stande erklärte, erging an die Hofküche Anweisung, dem Rathe das Erforderliche aus dem Königl. Zehrgarten („Menageriegarten“ an der FriedrichStraße) und von dem Hoflieferanten Italiener Brentano herzugeben. Mit Ausnahme von 20 Stück Seezungen und von frischen Austern, die nicht vorhanden waren, sowie der Schachtel Garnelen [Krabben], wovon niemand wußte, was es wäre, wurde das Verlangte beschafft. Am andern Vormittag meldete ein Bedienter aufs Rathhaus, der König wünsche Mittags auf Porzellan zu speisen, der Rath solle solches zugleich mit den bestellten Viktualien ins Lubomirskische Palais liefern. Daher mußte der Aktuar Herold sofort nach Plauen reiten und den ausgesandten Speisewagen zurückholen. Es wurden dann zunächst noch verlangt je ein Viertel braunes und lichtes Bier und ein Eimer Rheinwein, sowie sechs Dutzend Servietten, sechs Tafeltücher und je zwei Dutzend Bier- und Weingläser. Zum Einheizen und Aufwaschen mußten mehrere Weiber, zum Aufwarten einige „hübsche“ Männer ins Palais gestellt werden. (Rathsakten G. XXXII. 1 Bl. 161.)
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/161&oldid=- (Version vom 16.6.2024)