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Ueberdieses hätte man noch bei Scharfenstein[1] eine Schiffbrücke geschlagen, den Uebergang zu beschleunigen.

Nachmittags marschireten etliche Regimenter Oesterreichische Husaren theils durch theils um die Vorstadt gegen Wilsdruff zu. Ueberhaupt war sowohl die Sächsische als Oesterreichische Armee in voller Bewegung nach der Gegend Kesselsdorf und Wilsdruff zu. Des Prinzen Carl von Lothringen Hoheit und der Fürst von Lobkowitz kamen heute hier an und speiseten bei des Herzogs von Weißenfels Hochfürstl. Durchlaucht und kehreten nach der Tafel wieder zu dero Armee zurück. Nachmittags um 4 Uhr brachte ein Detachement von dem Sybilskischen Regiment zwei Paar silberne Pauken und zwei Estandarten hier ein, welche, nebst des alten Fürst von Dessau auch andern vielen Equipage, des Herrn General Sybilsky Excellenz mit seinem aus Meißen an sich gezogenen Detachement Cavallerie von denen Preußen erbeutet hatten. Diese Rencontre ist zwischen Meißen und Lommatzsch bei Taubenheim[2] vorgefallen. Der Generallieutenant Sybilsky hatte sich mit seinem Regimente leichter Reuterei und einigen Ulanen unterhalb Meißen befunden und daselbst zwei Preußische Regimenter Cuirassiers und ein Regiment Dragoner, die der General Roëll commandirete, auf dem Marsche angetroffen und solche mit seinem einzigen Regimente alsofort angegriffen, selbige geschlagen und gänzlich zerstreuet und obige Pauken und Estandarten erbeutet und über dieses noch eine namhafte Anzahl Wagen mit Bagage und Proviant hinweggenommen. Der Verlust dabei soll beiderseits nicht groß gewesen sein, doch will man Preußischer Seits 100 Todte gezählet haben. Vorbesagte Pauken und Estandarten wurden in Sr. Excellenz des Herrn General Graf Rutowsky auf der Kreuzgasse gelegenen Palais jedermänniglich gezeiget.

Den 14. Dez. Diesen Morgen ritten des Herrn Herzogs von Sachsen-Weißenfels Hochfürstl. Durchlaucht, ingleichen die Herren Generals Graf Rutowsky und Chevalier de Saxe zum Wilsdruffer Thore hinaus, um den Feind zu recognosciren. Nachmittags fuhr der Hofeinkäufer Zugk mit seinen Leuten nacher Prag.

Den 15. Dez. Nachmittags hörte man, daß die Preußische Armee der diesseitigen zwischen Kesselsdorf und Wilsdruff en ordre de bataille stehenden Sächsischen und Oesterreichischen Armee sich genähert und durch beiderseits Husaren, Ulanen und leichten Reuterei beschehenes Scharmützeln die beiden Armeen in Action gerathen wären. Des Herzogs von Weißenfels Hochfürstl. Durchlaucht ritten zu solcher Zeit in Bedeckung einer Anzahl Feldjägers ebenfalls hinaus. Nach zwei Uhren kamen schon verschiedene Blessirte vom Sybilskischen Regimente mit blutigen Köpfen in die Stadt herein gesprenget und geriethe dadurch jedermann in die größte Angst und Furcht. Man hörte nach drei Uhren auf der Gasse mit der Trommel Lärm schlagen und wußte niemand, was es bedeuten sollte. Wie man aber nachgehends erfuhr, ist solches das Signal gewesen, daß die Landmiliz zusammen kommen und mit Gewehr erscheinen sollen. Auf dem Schloßthurm konnte man anfänglich nur Dampf und Rauch um die Gegend Kesselsdorf und Wilsdruff sehen, allein gegen vier Uhr hörte man das Donnern und Knallen des groben Geschützes sehr deutlich, ja man konnte auch zuletzt das Feuer von dem losgebrannten Geschütze erkennen und Angst und Schrecken vermehrete sich in hiesiger Residenz desto mehr, da man schließen konnte, daß solche Näherung eine Retraite diesseitiger Armee bedeuten müßte. Die Dämmerung und der Abend verursachte, daß endlich alles still wurde, und die in der Stadt herein geflüchtete leicht Blessirte gaben durch ihre Aussage Ursache genung zu glauben, daß die Bataille diesseits verloren sei, wiewohl es hieß, daß der morgende Tag durch eine weitere Action der Sache den Ausschlag geben sollte. Don Oesterreichischer Seiten hat nur das Grünnische Corps der Action beigewohnet, man konnte aber vom Schloßthurm wahrnehmen, daß die Prinz Carlische Armee zum Succurs vom Großen Garten heranrückte. Doch die hereindringende Nacht und die Retraite diesseitiger Armee machte der Bataille auf heute ein Ende.

Wegen des heutigen zweifelhaften Ausschlages der vorgefallenen Bataille wurde zur Abreise derer noch hier befindlichen zwei Prinzen und drei Prinzessinnen Königl. Hoheiten nacher Töplitz alle Anstalt vorgekehret, die Wagen vorgerücket und die Pferde eingespannt, auch die Mundköchin Liebin mit einer Provision-Küchenkalesche Abends um sieben Uhr voraus nacher Töplitz abgeschicket. Doch um acht Uhr darauf kam Ordre, daß die Pferde wiederum abgespannet und des andern Tages früh um sechs Uhr auf dem Schlosse sich wiederum parat finden lassen sollten.

Den 16. Dez. Diesen Morgen früh um 6 Uhr war zur Reise derer Prinzen und Prinzessinnen Königl. Hoheiten wiederum alles in behöriger Bereitschaft, es erfolgte aber endlich um 8 Uhr die Ordre, daß die Reise gänzlich eingestellet bleiben sollte. Mithin wurden die Pferde wiederum abgespannet, die Wagens abgepacket und vom Schlosse wiederum abgeführet. Der Trompeter Haase wurde hierauf abgefertiget, der bereits gestern Abends vorausgeschickten Mundköchin Liebin nachzugehen und selbige wiederum zurückzuberufen. Dieser kam aber gegen den Mittag wiederum anhero und brachte die Nachricht: daß die Preußischen Truppen auf sothanem Wege in großer Menge zu sehen wären und er sich nicht getrauet hätte fortzukommen. Es entstunde


  1. Muß heißen: Scharfenberg.
  2. Muß heißen: Zehren.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/160&oldid=- (Version vom 15.6.2024)