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eingeübt, im Hofe unter meinen Fenstern auf. Um 9 Uhr empfing ich die Besuche des kaiserlichen und des dänischen Gesandten. Um 10 Uhr wurde ich in großem Staat abgeholt und auf den Riesensaal gebracht, eine große Halle bei Hofe, die rundum mit karmosin Damast behängt und auf dem Boden mit rothem Tuch bedeckt war. Am oberen Ende war ein Altar errichtet, auf und um den eine Fülle von Wachskerzen auf großen silbernen Ständern und Leuchtern brannte. Zur linken Hand war ein Thron und Baldachin für Seine Majestät und unten ein Stuhl für mich aufgestellt. Gegenüber stand ein Thron für den Kurfürsten und darunter, mir gegenüber, Stühle für die kurfürstlichen Prinzen, Prinz Moritz und Prinz Christian von Halle.

Um die beiden Throne standen sechs Pagen in blauseidener, reich mit Gold besetzter Kleidung und weiter unten vier Edelleute mit Hellebarten. Als der Kurfürst nach 10 Uhr kam, wurden gegen 50 Kanonenschüsse gelöst und zwei Flintensalven abgegeben. Unterdessen trat der Kurfürst im Staatskleide ein, unter dem Spiel von 24 Trompetern und Paukenschlägern, die alle in gelbseidene, schwarz und golden besetzte Livree gekleidet waren. Darauf begann die große Musikaufführung der Italiener und anderen, die am unteren Ende des Saales aufgestellt waren. Dies dauerte 11/2 Stunde. Dann hielt der Vizekanzler von Oppell eine sehr schöne Rede in deutscher Sprache zum Lobe des Hosenbands über die Worte Hony soit qui mal y pense.Ich habe eine Abschrift davon und will sie ins Englische übersetzen lassen. Darauf begann die Musik wieder und der Kurfürst entfernte sich in derselben Weise. So wurden an diesem Tage gegen hundert Kanonenschüsse abgefeuert.

Um 12 Uhr gingen wir zum Mittagsmahl im sogenannten Riesengemach neben dem großen Saale, das sehr prächtig war. Bei Tafel waren nur der Kurfürst, der Kurprinz, Prinz Moritz, Prinz Christian und ich, in derselben Sitzordnung wie am Sonntag und nur von solchen bedient, die den goldenen Schlüssel trugen, und den Vornehmsten des Hofes. St. Georg, der Drache und die Worte Hony soit qui mal y pense waren überall zu sehen auf den Schüsseln, den Speisen, dem Zuckerwerk und dem vergoldeten Silbergeschirr. Alle Weine wurden kredenzt und die verschiedenen Musiken wechselten mit einander ab. Dies dauerte bis 5 Uhr abends, dann ward ich wieder auf mein Zimmer gebracht.

Mittwoch den 24. wurde ein Ringrennen gehalten vom Kurfürsten, Kurprinzen, Prinzen Moritz und Prinzen Christian von Halle, nebst einer Menge Herren vom Hofe, alle in äußerst reicher Kleidung und reicher Ausrüstung der Pferde. Es begann um 10 und dauerte bis 1 Uhr. Darauf gingen wir zu Tisch im Steinzimmer, wobei wir wie gestern saßen, nur daß einige von den Vornehmsten des Hofes mit bei Tafel waren. Musik aller Art war da, darunter die Bergsänger in kurfürstlicher Livree. Dies dauerte bis 51/2 Uhr. Um 7 Uhr begaben wir uns in das Schauspielhaus, wo die Komödie von Jason und Medea in deutscher Sprache aufgeführt wurde; dies dauerte bis 10 Uhr nachts.

Am 25. speiste ich zu Mittag auf meinem Zimmer und zu Abend mit dem Kurfürsten im Kirchenzimmer neben der Kapelle. Um 9 Uhr begann das Feuerwerk von Jasons Eroberung des goldenen Vließes zu Kolchos und dauerte bis 12 Uhr, etwas ganz Außerordentliches, was man schwerlich besser zu sehen bekommt. Dazu hatte man auf dem Walle bei meinen Zimmerfenstern ein Schloß gebaut mit fünf Thürmen voll von Feuerwerkskörpern und Raketen. Auf der Spitze stand Jason bewaffnet, auf dem Boden lag der Drache und die beiden feuerspeienden Ochsen und der Pflug. Rund um das Schloß waren 75 mit Feuerwerkskörpern gefüllte große Mörser aufgestellt und auf dem Walle eine Menge kleine Geschosse. Die Geschichte hiervon ist zu Dresden in deutscher Sprache gedruckt.

Es waren 28 000 Raketen, darunter manche von 200 und mehr Pfund Gewicht. Dieses Feuerwerk wurde für ein außergewöhnliches Ereigniß seit den letzten 24 Jahren angesehen und hat über 20 000 Kronen gekostet. Das Meiste davon hat der Kurfürst, wie er mir sagte, selbst hergestellt, als er noch Kurprinz war.

Am 26. speiste ich zu Mittag allein und zu Abend mit dem Kurfürsten in demselben Zimmer. Darauf wurde von den seltensten Stimmen eine Oper aufgeführt, die den Gegenstand der Komödie behandelte. Die Worte Hony soit qui mal y pense waren in feuriger Schrift lang über der Bühne zu sehen. Zwei Schiffe kämpften auf dem Meere, das eine hieß der Drache, das andere St. Georg. Das letztere brannte und das erstere sank; eine große Menge kleine Mörser, die man um das Schauspielhaus herum aufgepflanzt hatte, wurden während des Gefechts unter dem Klange von Trompeten und Pauken abgefeuert.

Am 27. speiste ich auf meinem Zimmer und fuhr nachmittags mit dem Kurfürsten nach Moritzburg, wohin er alle seine Musiker bestellt hatte.

Am 28. nach 7 Uhr morgens wurde ich in die Kapelle geholt, die sehr schön ist; dort wurde vor und nach der Predigt eine ausgezeichnete Musik aufgeführt. Darauf speisten wir unten in Gesellschaft mehrerer Vornehmen des Hofes.

Am 29. früh 7 Uhr kehrte der Kurfürst nach Dresden zurück und ich fuhr, geleitet von einer Kompagnie Reiterei, nach Radeberg. Alle zu meiner Aufwartung befehligten Edelleute, Herr von Metzradt, der Hausmarschall, Herr Klengel, Artillerieoberst und Inspektor

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/16&oldid=- (Version vom 31.5.2024)