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Diese Beschränkung seines Buchhandels auf Bibeln, Postillen, Gebet- und Schulbücher konnte ihm und seiner Familie keinen genügenden Unterhalt bieten – hatten doch 1717 31 Buchbindermeister und zwei Wittwen neben dem Recht, Buchbinderei zu treiben, dieselbe Verkaufsbefugniß wie Mohrenthal. Er mußte daher bedacht sein, sein Büchergeschäft zu erweitern und zu vergrößern.

Da durch den Privilegienschutz der Buchhandlungen Mohrenthal der Sortimentsvertrieb in- und ausländischer Literatur versagt war, suchte er zunächst nach drei innerhalb des Buchgeschäfts liegenden Seiten sein Geschäft zu erweitern und der Konkurrenz der privilegirten Buchhandlungen zu begegnen: er errichtete ein Antiquariats- und Disputations-Geschäft, übernahm von verschiedenen auswärtigen Verlegern kommissionsweise den Vertrieb neuerschienener Literatur für Dresden und entfaltete eine reiche und fruchtbare Verlagsthätigkeit.

Die Konzession für das Disputations und Antiquariatsgeschäft wurde Mohrenthal am 20. Juni 1727 ertheilt, nachdem der Prozeß, den die privilegirten Buchhandlungen gegen ihre nicht privilegirten Konkurrenten von 1725-27 geführt, für Mohrenthal ungünstig verlaufen und entschieden worden war, daß er nicht über seine Konzession vom November 1717 schreiten dürfe. Auf seine Erklärung, daß er sich so nicht nähren könne, wurde ihm dann diese weitere Konzession aus Gnaden gewährt[1]. Ueber den Umfang des Disputationshandels läßt sich Nichts mehr feststellen. Welchen Aufschwung aber das Antiquariat nahm, ergiebt sich aus Folgendem. Nachdem er sich 1729 und 1730 zum Ankauf einzelner Partien Bücher und ganzer Bibliotheken erboten, erklärt er sich 1732 bereit, „allerhand Sorten theologische, juristische, medizinische, historische, philosophische, moralische, poetische, Schul- und andere Bücher, Leichenpredigten, Schildereien, Kupferstiche, mathematische Instrumente, Reißbestecke und andere Sachen“ zu kaufen, und preist sie an anderer Stelle wieder zum Verkauf um „civilen Preis“ an[2]. Wir können die weitere Entwicklung des Antiquariats an der Hand der Nachrichten über die Antiquariatskataloge ziemlich gut verfolgen. 1733 macht er bekannt, daß in seinem Laden „ein geschriebener „accurater Catalogus“ eingesehen werden kann, 1738 hat sich bereits der Druck dieses Katalogs nöthig gemacht und umfaßt der Katalog bereits zwei Bogen, 1742 ist er auf sechs Oktavbogen angewachsen[3]. Leider stehen mir diese Kataloge nicht zur Verfügung, aber die Angebote, die in dem „Kern Dreßdnischer Merkwürdigkeiten“ veröffentlicht sind, weisen bisweilen namhafte, noch jetzt geschätzte Werke auf, so z. B. 1730 das Kupferwerk Der heidnischen Götter und Göttinnen Aufzug (Dresden 1695) 1742 Spaten’s teutschen Advokat (Nürnberg 1678, zwei Foliobände) und Galen’s Opera omnia (Basel 1529, Fol.).

Nicht minder groß als das Antiquariat war der kommissionsweise Verkauf – thatsächlich nur eine Umgehung des Privilegienschutzes, denn der Unterschied bestand nur darin, daß Mohrenthal auf Rechnung und im Auftrag fremder Verleger Bücher verkaufte, während die privilegirten Buchhandlungen auf ihre eigene Rechnung die Bücher vertrieben. Dadurch wurde Mohrenthal zu einem gefährlichen Konkurrenten für sie, denn übernahm er den kommissionsweisen Vertrieb vielbegehrter Bücher für Dresden, so konnte er dadurch den ganzen Handel der privilegirten Buchhandlungen brach legen. Durch alle Theile der „Dreßdnischen Merkwürdigkeiten“ ziehen sich die Angebote von Werken, deren Vertrieb Mohrenthal als alleiniger Kommissionär für Dresden übernommen, sei es, daß er die damals sehr übliche Subskription oder Pränumeration auf angekündigte oder im Erscheinen begriffene Werke annahm, sei es, daß er bereits gedruckte Werke von anderen Verlegern in Kommission zum Verkauf übernahm. Sehr zahlreich sind besonders die Werke, für die Mohrenthal in Dresden die Pränumerationen sammelte, auf die er dann unermüdlich in seinen Verlagswerken durch Ankündigungen und Ausgaben gedruckter Beschreibungen („Avertissements“) aufmerksam machte. Meist betraf dies umfangreiche oder mit Kupferstichen versehene Werke, deren Herstellung damals, wo ohne Scheu Alles nachgedruckt wurde, ein gewisses Wagnis war. Als ein Zeugniß für Mohrenthal’s Geschäftsgewandtheit muß es betrachtet werden, wenn auch die übrigen Dresdner Verleger, die privilegirten Buchhandlungen, ihn mit dem kommissionsweisen Vertrieb ihres Verlags neben ihrem eigenen Verkaufsstand betrauten; so verkaufte Mohrenthal z. B. den wöchentlich


  1. Die Akten dieses Prozesses (B. XVII. 360 m) gestatten einen Einblick in das Mohrenthal’sche Geschäft von 1718-25; sie zeigen, daß Mohrenthal das Geschäft sehr bald unter der Hand durch Handel mit kleinen Schriften und alten Büchern erweitert hatte. Die Kläger behaupteten (1725): Mohrenthal habe „einen ganzen Laden voll Bücher und solcher Materien, welche ihm zu führen ausdrücklich untersaget, stehen“, und er habe sich angemaßt, „einen sonderlichen Laden aufzuthun nnd darinnen allerhand Materien, alt und neu, groß und klein, gebunden und angebunden, von allen Fakultäten und Disziplinen zu distrahiren“. Mohrenthal vertheidigte sich, er handle allein mit den ihm zugelassenen gebundenen Bibeln, Postillen, Gebet- und geringen Schulbüchern, und „was rohe Sachen sind, allein aus Nouvellen, Nachrichten und was etwa von dergleichen kleinen piecen, die über einige Bogen nicht stark sind“, sowie er habe „seit vielen Jahren in possessione sich befunden, mit allerhand alten Büchern seine Nahrung zu suchen“.
  2. Kern Dreßdnischer Merkwürdigkeiten 1729 und 1730, Titelblattrückseite, 1731 S. 52 und 1732 S. 52.
  3. A. a. O. 1733 S. 20. :1758 S. 80, 88. :1742 S .8. :1743 S. 12.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/151&oldid=- (Version vom 16.7.2024)