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wurde zu Gunsten der Buchhandlungen den Disputationshändlern der Umfang ihres Buchgeschäftes durch das Reskript des Kurfürsten Johann Georg II. an die Universität und den Rath zu Leipzig vom 12. Juli 1678 dahin begrenzt, daß den „Disputationskrämern mit nichts als bloßen Kalendern, Disputationen, andern kleinen, aufs höchste in zehn bis zwölf Bogen bestehenden Materien zu handeln“ erlaubt wurde[1].

Trotz dieses gesetzlich geschützten Zustandes scheint aber die geschäftliche Lage der Dresdner Buchhandlungen nicht eben günstig und die Zahl von fünf Buchhandlungen für das damalige Dresden noch zu groß gewesen zu sein, wenigstens wird 1729 in dem Privileg für Friedrich Heckel angegeben[2], daß thatsächlich nur vier Buchhandlungen beständen, und daß ihm das Privileg für zwei andere eingegangene Buchhandlungen[3] verliehen werde. Auch sonstigen Quellen nach scheinen gewöhnlich nur vier Buchhandlungen bestanden zu haben[4].

Ob andrerseits die Dresdner Buchhandlungen ihrer Aufgabe, Dresden mit in- und ausländischen Büchern zu versorgen, in jeder Hinsicht gerecht geworden, läßt sich natürlich jetzt nicht mehr beurtheilen, wohl aber ist es für die Geschichte des Buchhandels werthvoll, zu beobachten, wie sich der Betrieb eines Büchergeschäftes in Dresden gestaltete, das nicht zu den privilegirten Sortimentsbuchhandlungen gehörte.

Hierfür bietet das Geschäft Peter Georg Mohrenthal’s ein lehrreiches Beispiel. Ueber sein Leben und seine Familie unterrichtet uns das von ihm verlegte „neu-eröffnete historische Kuriositäten-Kabinet“ vom Jahre 1754. Nach diesen auf Mohrenthal’s Erzählungen und Aufzeichnungen beruhenden Nachrichten soll die Mohrenthal’sche Familie von Schottland nach Kopenhagen ausgewandert sein, wo Mohrenthal’s Großvater „Vorsteher des Hospitals und Handelsmann“ war. In Kopenhagen 1640 geboren, führte Mohrenthal’s Vater in Holland, England und Frankreich ein bewegtes Wanderleben, bis er – ein Zeichen seiner Tüchtigkeit – von 1695 bis zu seinem Tode 1697 bei dem bekannten Mathematiker und Naturforscher Graf Ehrenfried Walther von Tschirnhausen[5] in Kießlingswalde in der Oberlausitz Aufnahme und Unterkunft fand. Peter Georg Mohrenthal selbst wurde am 14. April 1692 zu Schwoll (Zwolle?) in Holland geboren[6], lernte von 1707 bis 1712 bei Jakob Rohrlach und Martin Hübner in Görlitz die „Buch-Handlung und Buchbinder-Handthierung“, ging dann mehrere Jahre lang auf die Wanderschaft und fing 1718 „auf allergnädigst erhaltene Konzession“ vom 9. November 1717 den Bücher-Handel auf der Frauengasse in Dresden an, dem er bis zu seinem Tode am 27. August 1754 oblag. Sein Geschäft wurde von seinem Sohne Johann August Ferdinand Mohrenthal bis November 1755 fortgesetzt, dann von dessen Wittwe, bis es im September 1760 in den Besitz Georg Roch’s überging[7].

Ueber die Begründung seines Bücherhandels geben uns die Akten des Rathsarchivs[8] Aufschluß. Darnach beabsichtigte Mohrenthal im Frühjahr 1717 „mit rohen und eingebundenen Büchern allhier zu handeln und solche öffentlich feilzuhaben“, denn das von ihm erlernte Buchbinderhandwerk selbständig zu betreiben, sah er sich durch sein Augenleiden verhindert, auch war er außer Stande, die hohen Kosten für den Erwerb des Meisterrechts – die er auf 100 Thaler schätzte – aufzubringen. Die Buchbinderinnung ließ die Forderung, das Meisterrecht zu erwerben, fallen, nachdem er sich verpflichtet hatte, der Innung „zehn Thlr. pro receptione zum Schutzverwandten, alle Quartale sechs Gr. Schutzgeld zu zahlen, keine Bücher selbst zu binden, alle bei zunftmäßigen Buchbindern binden zu lassen“. Trotz der Versicherung aber, „an rohen Materien nur Kleinigkeiten und gemeine Traktätchen zu führen, wie etwa die sogenannten Bildermänner und Disputationskramer zu thun pflegen“ und trotz des empfehlenden Berichts des Raths zu Dresden, wurde ihm als Schutzverwandten der Buchbinderinnung von der kurfürstlichen Regierung am 9. November 1717 nur mit solchen Büchern, wie die Buchbinder führen, zu handeln erlaubt.


  1. Codex Augusteus, T. I, 413, 414 (Leipzig 1724). In dem Prozeß, den die Dresdner privilegirten Buchhändler gegen ihre Konkurrenten 1725 ff. anstrengten, berufen sich die Disputationshändler Kotte und Lehnert nicht auf dieses für sie sprechende Reskript, betonen aber die Nothwendigkeit, außer mit Disputationen auch mit anderen kleinen Schriften zu handeln, denn „bei Einkaufung dererselben (der Disputationen) müßten sie von denen Buchführern und Verkäufern kleine Traktätchen als Ausschuß mit annehmen“. (Dresdner Rathsarchiv B. XVII. 360 m Bl. 218.)
  2. Erörterung und Vertheidigung S. 130-132.
  3. Die sechste, 1711 privilegirte Buchhandlung David Richter’s hielt sich nur ganz kurze Zeit und kann daher außer Betracht bleiben.
  4. Iccander (Crell), Dresden, Ausg. von 1719, 1723 u. 1726. – Dreßdnische Adresse 1739 u. 1756. (1737 u. 1749 5 Buchhandlungen) – Lindau, Gesch. Dresdens. 2. Aufl. S. 835.
  5. Ueber diesen vgl. Allg. deutsche Biographie Bd. 38, S. 722-724.
  6. Im Dresdner Rathsarchiv befinden sich noch zwei Gesundheitszeugnisse über ihn, beide ausgestellt von D. Johann Gottfried Oertel; das erste, vom 12. April 1717, bezeugt, daß er „von Jugend auf mit scharfen Flüssen der Augen incommodirt gewesen, und auch noch zuweilen daran laboriret, dadurch die Augen sehr verdorben, daß das Gesichte ganz blöde“, das zweite, vom 24. März 1727, fügt zu dem Augenleiden noch hinzu, daß er „scorbuto et dispositione hectica laboriret“ (vgl. B. XVII. 360 c Bl. 6 und 360 m BL 197).
  7. Kern Dreßdnischer Merkwürdigkeiten 1755 S. 88 und 1760 S. 64.
  8. B .XVII. 360 c.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/150&oldid=- (Version vom 15.7.2024)