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„Am 11. April 1678 gegen Mittag trat ich von Hamburg aus die Reise über Land an; wir waren zwölf Personen stark: außer mir ein irischer Edelmann, Mr. Tobin, der von Tanger hierher gekommen war, ein Sekretär und neun Personen in Livree, unter ihnen ein Kammerdiener, ein Page, ein Koch, ein Barbier, ein Bedienter und zwei Pferdeburschen, dazu Kutscher und Postillon. Ich hatte eine sechsspännige Kutsche für mich, einen vierspännigen Wagen für die Leute und das Gepäck und vier englische Reitpferde.

Am 15. kam ich in Magdeburg an. Dort fand ich einen Brief des Grafen van der Nath[1] vor, der mir den Wunsch des Kurfürsten mittheilte, ich möchte ganz durch sein Land über Wittenberg reisen und nicht nach Leipzig gehen. Ich gehorchte und wurde am nächsten Tage beim Betreten seines Landes zu Gommern, zwei Meilen von Magdeburg, von den dortigen kurfürstlichen Beamten empfangen, mit einem trefflichen Mahle bewirthet und mit der Kutsche und den Wagen des Kurfürsten nach Zerbst weiterbefördert.

Eine halbe Stunde nach meiner Ankunft sandte der dort residirende Herzog Karl Wilhelm von Anhalt einen berittenen Edelmann mit vier herzoglichen Dienern, um mich zu begrüßen und mich einzuladen, bei Hofe zum wohnen. Ich lehnte dies ob, würde aber nicht verfehlen, Seiner Hoheit am nächsten Morgen die Hand zu küssen. Nichtsdestoweniger schickte der Herzog seinen eignen Bruder in einer Kutsche mit einem halben Dutzend Bedienten, ließ mich an den Hof bringen, bewirthete mich mit einem feinen Abendessen und zwang mich am Hofe zu wohnen. Den nächsten Tag sandte mich Seine Hoheit in seiner Kutsche bis Koswig, vier Edelleute und viele herzogliche Pagen, Bediente und Trompeter geleiteten mich und sorgten dort für ein Mittagessen, nach welchem ich, gegen 4 Uhr, nach Wittenberg abfuhr, und so ging die Reise weiter durch das Land.

Am 19. langte ich zu Hain an, vier Meilen von Dresden. Dorthin war Tags zuvor ein kurfürstlicher Kommissar gekommen, um mich im Namen des Fürsten zu begrüßen und mein Beglaubigungsschreiben entgegenzunehmen. Ich sagte ihm, ich hätte keins und käme zum Kurfürsten als Privatperson auf seine Einladung. Dennoch traf ich eine halbe Meile von der Residenz auf 24 sechsspännige Kutschen mit den vornehmsten Hofleuten und eine Menge Kavaliere zu Pferde, dazu gegen 500 Mann kurfürstliche Truppen mit Trompetern, Paukern und anderen Musikern. Darauf wurde ich begrüßt und in des Kurfürsten eigene Kutsche gesetzt; zu beiden Seiten gingen Hellebartiere entblößten Hauptes, alle Soldaten und Trabanten standen unter den Waffen. In dieser Weise wurde ich zum Schlosse geleitet und dort in den besten Zimmern, dem sogenannten kurfürstlich Brandenburgischen Quartier, untergebracht.

Zu meiner Aufwartung waren befehligt Herr von Kospoth, Hof- und Justitienrath, als Kommissar und Mundschenk; Herr von Haugwitz, kurfürstlicher Kammerherr und Reitermajor, als Marschall; Herr von Nostitz, Hauptmann und Kammerherr, Herr Schäffer, Hofkommissar, zwei Edelleute als Vorschneider, ein kurfürstlicher Kammerpage, die Hof- und Kammerfouriere, ein Trompeter, ein Bedienter, alle kurfürstlichen Leibkutscher und Wagenhalter, die vier Hofämter, nämlich Küche, Keller, Silberkammer und Bäckerei, der kurfürstliche Bettmeister, der Tapezier, die Silberdiener und alle Trabanten und Schweizerwachen.

Diesen Abend speiste ich auf meinen Zimmern und wurde sehr gut bedient. Graf van der Nath saß mit anderen Großen an meiner Tafel, Mr. Tobin und mein Sekretär hielten Marschallstafel und meine übrigen Bediensteten wurden ebenfalls alle bei Hofe gespeist. Am nächsten Morgen, Sonntag den 21., um 5 Uhr, stellte sich die Hautboistenmusik der Dragoner unter meinen Fenstern auf und bewillkommnete mich. Um 7 Uhr wurde ich von den oben genannten Edelleuten zur Kirche abgeholt, wobei sie, wenigstens ein Dutzend an Zahl, immer barhäuptig vor mir herschritten. Dort wurde vor und nach der Predigt außerordentlich schöne italienische und andere Musik mit Trompeten- und Paukenbegleitung aufgeführt. Von da wurde ich nach meinem Zimmer gebracht, dann zu meiner öffentlichen Audienz geholt, wieder nach meinem Zimmer gebracht und endlich in derselben Weise zum Mittagsmahle abgeholt.

Ich wurde an das obere Ende gesetzt, der Kurfürst zu meiner Rechten und der Kurprinz zur Linken, neben ihm saß Prinz Moritz, des Kurfürsten Bruder, und gegenüber Prinz Christian von Halle, dann die beiden Geheimräthe Friesen[2] und der Gouverneur des Prinzen Moritz. Zu Abend speiste ich in meiner Wohnung.

Am Montag dem 22. besichtigte ich vormittags die Kunstkammer und die Ställe und speiste auf meinem Zimmer. Nachmittags besah ich das Hundehaus in der Altstadt [Altdresden]; ich wurde in einer sechsspännigen Kutsche, der eine zweispännige folgte, dorthin gebracht, wobei die erwähnten Edelleute mir aufwarteten.

Am Dienstag dem 23., dem Festtage, morgens gegen 6 Uhr, wurden drei starke Kanonenschüsse als Weckruf abgefeuert, dann marschirten gegen 7 Uhr alle deutschen und Schweizer Garden, sehr gut gekleidet und


  1. Gebhard Graf van Dernath, Generallieutenant und Oberfalkenmeister.
  2. both the Trisen (!) Privy Councellors.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/15&oldid=- (Version vom 21.6.2024)