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Die Kronprinzessin war in den zurückspringenden Theil[1] [?] gegangen; ich führte sie auch dahin, und dort stellte ich der Kronprinzessin den preußischen Kronprinzen vor.

Jede Quadrille hatte ihre eigene Tafel, und die beiden Könige und der preußische Kronprinz saßen an der Vertrautentafel[2]; nach dem Souper machten die Quadrillen zweimal die Runde um den Königstisch, nur die Quadrille unseres Kronprinzen[3] machte sie nur einmal.

Bevor man zu Tische ging, waren die Preise an die Damen vertheilt worden, die sich beim Rennen am meisten hervorgethan hatten; darauf tanzte man: jede Quadrille zusammen, eine nach der anderen.

Der preußische Kronprinz tanzte dann ein Menuett mit der Kronprinzessin von Polen und wählte darauf die Prinzessin von Weißenfels[4], welche ihrerseits sich den Kronprinzen von Polen holte.

Unsere Kronprinzessin gab mir ein Zeichen, ob sie den König v. Pr. holen könnte, und da ich mir nicht vorstellen konnte, daß der König als ihr Geliebter nicht mit Vergnügen mit ihr tanzen würde, antwortete ich ganz laut: ja; als sie sich aber dem Könige näherte, vergaß dieser die Liebe und sagte, er tanze nicht in Gegenwart seines Sohnes. Die Prinzessin fühlte sich einigermaßen beleidigt und hatte nach Amors Gesetzen ein Recht dazu.

Nach Aufhebung der Tafel hatten die Quadrillen begonnen. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0. 0.0.

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Meine Frau und ich hatten verabredet, zeitig aufzubrechen, was wir auch thaten; so waren wir [noch] vor Mitternacht im Bett.

Den 18. Nachts um halb ein Uhr kam mein Page und sagte mir im Auftrage des Grafen Wackerbarth, daß es in seinem Hause brenne. Da aber infolge der trefflichen Einrichtungen, die es hier für den Fall einer Feuersbrunst giebt, nicht viel zu fürchten war, so zankte ich meinen Pagen aus, daß er mich geweckt hätte. Als ich indessen den Lärm der Glocken und der Trommel hörte, stand ich eiligst auf und ließ mich nach der Brandstätte tragen[5]. Ich begegnete dem König v. Pr., der zu mir kommen wollte, mit einem Diener in einer Kutsche. Man rief mir zu, ob ich es wäre. Ich antwortete: ja. Darauf stieg der Mann, der bei dem Könige war, aus und überließ mir seinen Platz, indem er sich an den Wagenschlag stellte und berichtete, was er zur Rettung des Königs gethan hätte. Der König v. Pr. hatte, wie ich sah, Maske und Domino in der Hand, ohne etwas anderes bei sich zu haben. Er machte mich darauf aufmerksam, daß er nichts weiter auf dem Leibe hatte, als seinen Mantel. Er sprach dann von dem Feuer und sagte, daß alles in Brand stände. Er beklagte den Grafen Wackerbarth, sein Haus und seine Möbel und versicherte, daß das Feuer nicht bei ihm herausgekommen wäre; er hätte fest geschlafen, so daß man ihn nur mit Mühe hätte wecken können. Er sagte mir [auch], daß der junge Wackerbarth[6] ohne Zweifel schon in den Flammen seinen Tod gefunden hätte[7]. Ich hielt ihm darauf hin eine lobende Nachrede und sagte, daß der König an ihm einen Verlust erlitte, während der Gouverneur sein Haus verlöre.

Da unser königlicher Herr von dem Unglück benachrichtigt worden war und [erfahren hatte], daß der König v. Pr. sich bei mir einquartiert hätte, schickte er dreimal Boten und ließ ihn einladen, im Schlosse zu wohnen, oder in dem Palais, wo am Abend vorher die Gesellschaft gewesen war. Aber der König v. Pr. schlug es ab. Ich bot ihm also meine Prunkzimmer an, aber er nahm nur das Schlafzimmer davon an und ließ dort sein Bett aufschlagen. Ich stellte ihm noch als Ankleidezimmer die beiden Räume zur Verfügung, welche daran stoßen. Es ist ein Vorzimmer da, welches er mit meiner Frau gemeinsam hat, deren Schlafzimmer auf der anderen Seite liegt. Man gelangt von dort noch in ein anderes Vorzimmer, welches auch dem Kronprinzen v. Pr. als erstes Vorzimmer dient.

Der König suchte den Prinzen, seinen Sohn, auf, der in tiefem Schlafe lag, da ich verboten hatte, ihm etwas zu sagen.

Ich führte dann den König in seine Zimmer, mit denen er sehr zufrieden war.

Der Prinz blieb liegen, und als der König ihn verlassen hatte, fragte man ihn, ob er nicht aufstehen wollte. Er antwortete: Warum? – Ich kann das Feuer nicht löschen," und schlief weiter.

Nachdem ich den König in seine Zimmer geführt hatte, begab ich mich nach der Brandstätte, besonders um die Leute zum Löschen anzufeuern, weil man sagte,


  1. Im Texte „la retraite“ genannt, vgl. die vorige Anmerkung.
  2. Chambre de Confidence“ ist der entsprechende, heute ungebräuchliche Ausdruck im Texte. Gemeint ist damit ein Zimmer, worin sich ein „table de confidence“ befand (vgl. unten), eine „Maschinentafel“, wie es in dem Staatskalender von 1729 heißt. Was darunter zu verstehen ist, erfahren wir aus den Mémoires de la margrave de Bareith (ed. Brunswick 1810) I, 119, wo es gelegentlich des Gegenbesuches des Königs von Polen in Berlin im Mai und Juni 1728 heißt: „Le jour du départ du roi de Pologne les deux rois tinrent ce qu’on appeloit table de confiance [sic!]. On la nomme ainsi parce qu’on n’y admet qu’une compagnie choisie d’amis.“ Nun wird erklärt, daß es sich dabei um eine Einrichtung handelt, welche die Diener unnöthig macht. Der ganze (runde) Tisch ist versenkbar und kommt gedeckt wieder in die Höhe. Die (schriftlichen) Bestellungen der Gäste werden durch ebenso bewegliche Trommeln ausgerichtet. (Aehnlich die Beschreibung in Hilscher’s „Sammler“, 1. Bd. S. 519.) Diese Einrichtung hatte Friedrich Wilhelm in Dresden kennen gelernt, und auf seinen Wunsch war der Kapitain Karl Friedrich Pöppelmann (Sohn des berühmten Matth. Daniel Pöppelmann) im März 1728 mit allem Nöthigen versehen nach Berlin geschickt worden, um dort eine Maschinentafel (auch table ronde genannt) zu konstruiren, „so wie sie in Dresden auf dem Schlosse befindlich“. Es muß aber auch eine gleiche Einrichtung in dem königlichen Palais in der Pirnaischen Gasse gegeben haben (vgl. unten).
  3. Dieser und seine Gemahlin mußten bei ihren Quadrillen bleiben und saßen deshalb nicht mit an der „table de confidence“.
  4. Gemahlin des Erbherzogs Johann Adolf von Weißenfels, welcher im kurf. sächs. Heere die Würde eines General-Kommandanten der Garde du corps bekleidete.
  5. Nämlich in der Chaise.
  6. Graf von Wackerbarth-Salmour, ein Adoptivsohn. (Vgl. Allg. Deutsche Biographie.
  7. Diese Befürchtung war unbegründet, obgleich bei dem Brande vier Menschenleben (ein im 3. Stock wohnender Artillerie-Premier Lieutenant Eschenbach nebst Frau, Enkelin und Dienstmagd) zu beklagen waren. (Vgl. Staatskalender von 1729.)
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/144&oldid=- (Version vom 21.7.2024)