Seite:Dresdner Geschichtsblätter Zweiter Band.pdf/143

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

„Recht so, recht so“, antwortete mir die Prinzessin, „ich bin nicht böse darüber“.

Ich sagte es auch dem Prinzen und fügte hinzu, der König v. Pr. gestände, daß ihm die Prinzessin gefiele und er sie geheirathet haben würde.

Jch kehrte in meine Wohnung zurück, um mich auszuruhen, zu spielen und zu Abend zu essen.

Mein Adjutant kam und meldete, daß der Kronprinz v. Pr. eben ankäme.

Kalckstein[1] kam [zuerst] an; ich habe ihn einladen lassen, zu mir zu kommen, er kam [auch] her . . .

Der Prinz sagte mir bei seiner Ankunft eine Artigkeit, weil ich ihm die Erlaubniß, hierherzukommen, verschafft hätte.

Wir speisten zu Abend. Ich fragte, ob er zum Maskenball gehen wollte. „Gewiß!“ antwortete er mir; und da ich ihn fragte, ob er auch tanzen wollte, sagte er noch einmal: „Gewiß!“

Daraufhin schickte ich zum König v. Pr. und ließ um die Erlaubniß bitten, den Prinzen auf den Maskenball zu führen. Ich erhielt sie.

Aber plötzlich kam der Befehl, zum König in sein Quartier zu kommen.

Wir gingen hin.

Ich führte den Prinzen in das Zimmer des Königs v. Pr.

Der König und der Prinz umarmten und küßten sich vielmals. Der König sprach sich sehr lobend über seine Aufnahme hier aus.

Der König sagte dem Prinzen, er möchte in allen Stücken meinem Rathe folgen, und entließ uns damit. Wir entfernten uns. Der Prinz führte meine Frau zum Ball.

Gleich getanzt.

Der Prinz hatte Befehl, sich nur vor dem Kronprinzen zu demaskiren.

Den 17. Jan. Der Kronprinz von Polen machte dem Kronprinzen v. Pr. einen Besuch, und da dieser Befehl hatte, zu seinem königlichen Vater zu kommen, sagte ich das unserem Prinzen, damit er sich nicht lange aufhielte.

Ich unterrichtete auch den Grafen von Finckenstein[1] und den preußischen Kronprinzen von der Art, wie der König v. Pr. unseren Kronprinzen behandelte, und sagte ihnen, daß ich dem Kronprinzen v. Pr. nichts vorschreiben wollte, daß er aber in der gleichen Weise, wie er unseren Prinzen empfangen würde, von diesem selbst aufgenommen werden würde[2].

Der Kronprinz v. Pr. empfing also unseren Prinzen an der Thür des ersten Vorzimmers und begleitete ihn auch bis dahin zurück.

Darauf gingen wir zum König v. Pr., der sich sehr freute, seinen Sohn, den Prinzen, zu sehen und ihn ausfragte, wie er sich am Abend vorher auf dem Balle benommen hätte.

Der König zeigte mir den Brief, den er an den Grafen Seckendorff geschrieben [und mit] der letzten gewöhnlichen [Post abgeschickt hatte].

Ich stellte dem König v. Pr. mehrere unserer Offiziere und Zivilbeamten vor.

Darauf ging der König v. Pr. zum Grafen Lützelburg[3] zum Diner und um von dort am Nachmittag das Schlittenfest[4] zu sehen.

Der Kronprinz v. Pr. blieb mit seinem Gefolge bei mir zu Mittag, da ich auch meine Quadrille[5] eingeladen hatte.

Unser königlicher Herr kam im Schlitten zu uns, um uns und gleichzeitig dem Kronprinzen v. Pr. einen Besuch zu machen, welcher den König bis zu seinem Schlitten begleitete und dann seinen königlichen Vater beim Grafen Lüzelburg aufsuchte, während wir, ich und meine Quadrille, uns mit den anderen versammelten; meine Quadrille kam beinahe zu spät.

Das Schlittenfest war nach dem beigefügten Plane[6] angeordnet; nach dem Schlusse begaben wir uns alle in das Haus des Königs in der Pirnaischen Gasse[7].

Der König v. Pr. fand es nach seinem Geschmacke ausgestattet und bewunderte alles; ich mußte den König und den Kronprinzen v. Pr. überallhin führen.


  1. a b Oberst von Kalckstein und der unten erwähnte Graf von Finckenstein waren die beiden Gouverneure des preußischen Kronprinzen.
  2. Man muß sich hier daran erinnern, daß beide Regentenhäuser noch nicht lange im Besitze der Königskrone waren, so daß es noch keine Tradition für das Zeremoniell gab. Dazu war die Würde des sächsischen Kurprinzen als „Kronprinz“ von Polen höchst zweifelhaft. Auch bei anderen Gelegenheiten (z. B. im Briefwechsel der beiden Höfe) gab es deshalb einige Schwierigkeiten. Anderwärts (in Paris, Mainz, Regensburg) betrachtete man diese Titulatur als eine Anmaßung.
  3. Der Kabinetsminister Anton Graf von Lützelburg wohnte am Altmarkte im 2 Stock des Calenbergischen Hauses an der Schreibergasse (jetzt Nr. 1, Ecke am Altmarkt). Vgl. Staatskalender von 1729.
  4. Ein Ringrennen der Damen auf Schlitten.
  5. Für das am folgenden Tage bevorstehende Schlittenfest hatte sich der Hof in Quadrillen eingetheilt, deren eine Graf Flemming zu führen hatte.
  6. Der Plan fehlt hier, die ausführliche Beschreibung des Festes ist aber im Staatskalender von 1729 zu finden.
  7. Der König hatte dieses Haus, welches mit einem in der Moritzstraße gelegenen (la retraite ?) verbunden war, kurz vorher vom Grafen Flemming gekauft. Es brannte bei der Beschießung 1760 nieder, die Baustelle wurde mit für das Landhaus verwendet.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/143&oldid=- (Version vom 21.7.2024)