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1825 Generalstabsmedikus und starb den 16. Januar 1828. Er hat am Anfange der zwanziger Jahre eine werthvolle Statistik über Krankheit und Sterblichkeit des sächsischen Heeres 1819 bis 1821 veröffentlicht und viel zur Hebung des militärärztlichen Standes beigetragen.

Alle die Genannten überragt der berühmte Carl Ferdinand von Graefe, geboren am 8. März 1787 in Warschau als Sohn des Geschäftsträgers des Grafen Mosczynski. Er studirte die Heilkunde zunächst am Collegium medico-chirurgicum in Dresden, seit 1805 zu Halle und seit 1807 in Leipzig. Hier wurde er auch 1807 Doktor der Medizin. 1808 ernannte ihn der Herzog Alexius von Anhalt-Bernburg zu seinem Leibarzt in Ballenstedt, wo er ein Krankenhaus errichtete und das Alexisbad in Aufnahme brachte. 1810 wurde er an die neubegründete Hochschule in Berlin als Professor und Direktor der chirurgisch-augenärztlichen Anstalt berufen. 1813 übernahm er als Divisions-General-Chirurgus die Verwaltung der Militär-Heilanstalten Berlins, einige Monate später die Leitung des Lazarethwesens beim vierten Armeekorps, die Errichtung eines Haupt-Reserve-Feldlazareths für das auf 180 000 Mann vergrößerte Heer und die Aufsicht über alle Provinzial-(Reserve-)Lazarethe in den drei Gouvernements und zwar an 38 Orten zwischen Weichsel und Weser. 1815 leitete er die Lazarethe des Kriegsschauplatzes und der nächstgelegenen Landestheile zwischen Weser und Rhein, in Holland und Belgien, und rief alle Reservelazarethe des Heeres ins Leben. Noch 1815 wurde er Geheimer Medizinalrath und 1822 dritter Generalstabsarzt und Mitdirektor der militärärztlichen Bildungsanstalten. 1826 erhielt er den russischen Adel. 1830 bereiste er Italien; 1833 begab er sich nach London zum Prinzen Georg, um dessen Augen zu behandeln, 1840 nach Hannover zu einer Augenoperation des Kronprinzen und starb hier am 4. Juli 1840. Seine eigentliche Schaffenskraft entfaltete Graefe in der Augenheilkunde und in der operativen Chirurgie. In beiden Wissenschaften hat er bahnbrechend gewirkt und sich unsterblich gemacht.

Diese bleibenden Zierden der Wissenschaft zeigen, wie hoch die Leistungen und Verdienste des Collegium medico-chirurgicum zu veranschlagen sind. Sie reichten aber nicht aus, um die Anstalt vor den feindlichen Einflüssen der ländererschütternden Kriegsereignisse des Jahres 1813 zu bewahren. Im August 1813 mußte sie den Kriegern weichen. Das chirurgische Spital wurde ganz aufgelöst; die Lehrer mußten ihre Kasernenwohnungen verlassen, die Vorträge hörten auf, auch die Sammlungen mußten fortgebracht werden, und endlich mußte selbst der Hörsaal, in dem im März 1814 einige Lehrer ihre Vorlesungen zu halten den Versuch gemacht hatten, wieder geräumt und dem Militär übergeben werden.

So mögen denn diese Zeilen einen Lorbeerkranz auf das Grab einer Anstalt legen, die in 65jährigem gesegneten Wirken für Wissenschaft und Humanität, für Staat und Heer, und in der Kulturentwickelung unseres Vaterlandes und seines hauptstädtischen Gemeindewesens immerdar einen hochansehnlichen Platz beanspruchen darf.


Ein Hosenbandordensfest am Dresdner Hofe
im Jahre 1678.

In älterer Zeit pflegten die Fürsten, die den englischen Hosenbandorden verliehen erhalten hatten, das Fest dieses Ordens am St. Georgstage, dem 23. April, alljährlich an ihrem Hofe feierlich zu begehen. Dem prachtliebenden Kurfürsten Johann Georg II. von Sachsen, der am 19. Juni 1668 zum Ordensritter gewählt, am 13. April 1669 in Dresden eingekleidet und am 28. Mai 1671 durch Stellvertretung in London eingewiesen worden war, gab dieser Ehrentag des Ordens erwünschte Gelegenheit zur Entfaltung festlichen Glanzes. Im Jahre 1678 waren aus Anlaß der Anwesenheit der fürstlichen Brüder den ganzen Februar hindurch jene rauschenden Feste gefeiert worden, von denen uns Gabriel Tzschimmer in seinem Werke „Die durchlauchtigste Zusammenkunft“ genaue Kunde überliefert hat. Nichtsdestoweniger sollte gerade in diesem Jahre auch das St. Georgsfest mit besonderem Aufwande begangen werden. Der Kurfürst lud, da England an seinem Hofe keinen eigenen Vertreter hielt, den englischen Gesandten bei der Hansestadt Hamburg, Sir William Swan, als Ehrengast dazu ein. Dieser reiste am 11. April 1678 von Hamburg ab und traf dort nach Beendigung des Festes und nachdem er von Dresden aus noch einige andere Orte Sachsens besucht hatte, am 12. Mai wieder ein. Bereits wenige Monate nachher ist er gestorben.

Sir Swan hat eine in Tagebuchform abgefaßte Beschreibung seiner Reise und des Dresdner Festes hinterlassen, die in der Urschrift unter dem Titel „Sir William Swan’s Narrative of his Journey to Dresden, April and May 1678“ in Ashmole’s Museum in Oxford aufbewahrt wird und in dem Sammelwerke Archaeologia or miscellaneous Tracts relating Antiquity, Vol. 37 (London 1857) p. 147-157 veröffentlicht ist. Diesen Reisebericht, der neben vielem Gleichgiltigen immerhin manches Bemerkenswerthe und für die Sitten der Zeit Bezeichnende enthält, lassen wir in wortgetreuer Uebersetzung, nur unter Berichtigung einzelner Fehler in der Schreibung der Namen, hier folgen.



Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/14&oldid=- (Version vom 30.5.2024)