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waren unter den Sträflingen nur noch fünf Civilpersonen, und diese wurden dem Zuchthause zu Zwickau überwiesen. Die Festungsbau-Anstalt wurde von da als „Eisenstrafanstalt“ bezeichnet und bildete eine rein militärische Einrichtung[1]. Um Platz für die Anlegung der Gewandhausstraße zu gewinnen, machte es sich nöthig, das neben der Bastion Jupiter gelegene, damals dem Buchbinder Hetze gehörige ehemalige Thorwärterhaus des „Fraumutterhauses“ und ein anstoßendes Gebäude, welche zusammen in den Demolitionsakten gewöhnlich als „Fraumutterhaus“ bezeichnet werden, sowie das daneben befindliche Amtsarchiv abzubrechen. Der Abbruch dieser Gebäude erfolgte 1823, worauf 1824 die Gewandhausstraße angelegt wurde. Das „Fraumutterhaus“ hatte zuletzt als Amthaus gedient, brannte 1760 beim Bombardement ab und sollte Anfangs neuaufgebaut werden, jedoch unterblieb dies, da man das Amt im vormals Schreiberschen Hause auf der Pirnaischen Gasse (Landhausstraße) untergebracht hatte. Der bereits begonnene Bau wurde 1771 sistirt und 1774 der Platz zum Theil an den Grafen Loß, welcher das jetzt das Stadtmuseum enthaltende Haus besaß, zum Theil nebst dem Thorwärterhaus beim Eingange in den Hof dem Hofgürtler und Thorwärter Hanisch, der sich während des Bombardements um Rettung des Amtsarchivs verdient gemacht hatte, vererbt. Der übrige Theil blieb vorerst im fiskalischen Besitz und wurde später der reformirten Gemeinde überlassen. Das Amtsarchivgebäude war in den Jahren 1823 und 1824 abgebrochen worden[2]. Die Spitze der Bastion Jupiter wurde entfernt, weil sie zu weit in die anzulegende Allee hinein geragt hätte, und die stumpfe Ecke mit einer „Dekoration“ versehen, womit der etwas anders hergestellte Theil der Mauer, namentlich der obere, sowie die eingebaute halbrunde Halle mit steinernen Bänken gemeint ist. Letztere ist jetzt durch eine Thür verschlossen[3].

Auf dem vor dem Gewandhause zwischen der Moritzstraße und Kreuzstraße gelegenen Platze waren zwei Reihen hölzerner Buden aufgestellt, in welchen die Neustädter und Friedrichstädter Fleischer einige Tage in der Woche feilhielten, während die Landfleischer ihre Stände auf der Kreuzstraße hatten. Als nun mit dem Abbruch der Jupiterbastion begonnen wurde und die Gewandhausstraße angelegt werden sollte, machte sich aus Verkehrsrücksichten die Beseitigung dieser Buden nothwendig, weshalb die Demolitionskommission vorschlug, auf dem Platze, welcher durch den Abbruch der dem Gewandhause gegenüberliegenden Schuppen frei werden würde, eine Reihe fester Verkaufsgewölbe für die Fleischer zu errichten[4]. Der Hofrath Dr. Kreyßig, welcher das vor der Moritzstraße gelegene, jetzt abgebrochene Haus besaß, hatte bereits im Juni 1823 die Abtragung der ganzen zwischen seinem Hofe und der Bastion Jupiter noch stehenden Wallmauerreste auf seine Kosten gegen Ueberlassung des darin befindlichen Steinwerkes übernommen und beabsichtigte auf diesem Platze einen Garten anzulegen. Er erbot sich nun auch, die geplanten Fleischhallen und zwei neue Wasserhäuser an Stelle der abzubrechenden auf seine Kosten zu erbauen. Das Vorhaben erfuhr insofern eine Aenderung, als die Wasserhäuser dem Gewandhause gegenüber erbaut, die Fleischhallen aber in der Verlängerung der Kreuzstraße angelegt wurden[5]. Zunächst bestand die Absicht, nur eine Reihe solcher Hallen zu errichten, und zwar an der nach der Schießgasse zu gelegenen Seite, was hinsichtlich des Raumes dem früheren Plane entsprach, doch zeigte sich bald, daß dieselbe unzulänglich war, so daß noch eine zweite Reihe auf der nach der Gewandhausstraße zu gelegenen Seite erbaut wurde. Die erste Reihe wurde noch im Jahre 1824 und die zweite 1825 – 26 fertig gestellt; am 1. Juni 1826 wurden die neuen Fleischhallen bezogen[6].

Die Bastion Sol wurde, wie bereits bemerkt, im Jahre 1819 durch Calberla insoweit abgetragen, als es für die Errichtung des von ihm zu erbauenden Hauses und die Eröffnung eines Weges nach dem Ostraer Holzhofe nöthig war, welcher letztere an der Stelle des jetzigen Packhofes lag; der Abbruch des übrigen Theiles erfolgte erst 1824 und 1828, wobei auch die Packhofstraße angelegt wurde[7]. für die Entstehung des Zwingerwalles war es von besonderer Bedeutung, daß die gänzliche Niederlegung der Bastion Luna große Bauten am hinteren Theile des Zwingers zur Folge gehabt haben würde, weshalb man sich entschloß, diesen Theil der Festungswerke in der noch heute ersichtlichen Weise umzuändern, was in der Hauptsache in den Jahren 1828 bis 1830 geschah. Zugleich wurden während dieser Jahre die zum Theil schon vorhandenen Zwingeranlagen erweitert. Der Vorschlag der Anlegung des Zwingerteiches war bereits im Jahre 1826 vom Hofgärtner Terscheck ausgegangen, welcher den Hofbaumeister Thormeyer auf diesen Punkt aufmerksam machte[8].


  1. Acta, Die Festungsbaugefangenen etc. Vol. V. Loc. 1410. Bl. 251. 269. 276.
  2. Rep. VIII. Dresden 493h. Bl. 105. Demolitions-Rechnung 1823. Bl. 42. 1824 Bl. 90b.
  3. Rep. XLIII. Dresden 266e. Bl. 145 f., 266f. Bl. 16 f., 283h. Bl. 62 f.
  4. Rep. VIII. Dresden 514a. Bl. 9.
  5. Rep. VIII. Dresden 514a. Bl. 71 Cb. u. 112b.
  6. Rep. VIII. Dresden 514a. Bl. 86. 95. 105. 102 f., 514b. Bl. 30.
  7. Rep. VIII. Dresden 495f. Bl. 43.
  8. Ebenda u. Rep. VIII. Dresden 493i. Bl. 43.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/121&oldid=- (Version vom 13.7.2024)