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einzelne Leute und besonders entfernte Gemeinden vor, statt der Dienste in eigner Person Leute gegen Bezahlung zu stellen. Die Leistung dieser Dienste fand indeß nur im Jahre 1809 statt, da von 1810 ab von weiterer Einforderung der Naturaldienste abgesehen und anstatt derselben zu Bezahlung von Lohnarbeitern ein Geldbetrag erhoben wurde. Diese Beträge wurden ebenfalls nach dem Hufenfuße eingefordert, wobei von jeder Magazinhufe 18 Groschen (im Jahre 1811 nur 14 Groschen zu zahlen waren, so daß ein Häusler nicht mehr als jährlich etwa 4 Groschen zu entrichten hatte[1]. Aus der Staatskasse wurden für die Demolitionsarbeiten 24 000 Thlr. gewährt[2].

Sehr viel konnte freilich im Jahre 1809 nicht mehr geschehen, doch hatte man von der Courtine zwischen den Bastionen Saturn und Merkur, also an der Stelle des jetzigen Antonsplatzes einen Theil der Erde in den Graben geworfen, wie die über die Demolitionsarbeiten im Jahre 1809 erstattete Anzeige besagt; vollständig abgetragen wurde dieser Theil des Walles aber im Jahre 1810 und die letzten Reste wurden sogar erst 1819 beseitigt. Weiter wurden auf der Courtine links vom Pirnaischen Thor die Sturmpfähle weggenommen und ein Theil der Brustwehr abgetragen. In Neustadt waren zwischen dem schwarzen und weißen Thore ebenfalls die Sturmpfähle abgenommen und ein Theil der Brustwehr beseitigt worden. Die in den Monaten März und April 1809 erbauten zwei Schanzen auf Neustädter Seite, sowie die vom Freiberger Schlage längs der Weißeritz bis an deren Einfluß in die Elbe aufgeworfenen Schanzen waren ebenfalls demolirt worden. Die Demolirung der übrigen vor den Vorstädten gelegenen Verschanzungen erfolgte 1810. In Neustadt wurde, ebenfalls im Jahre 1810, der hohe Wall vom weißen Thore bis zur Flanke der Bastion IV (am Ende der Königstraße nach dem Albertplatze zu) niedergelegt und ein Theil des Glacis rechts vom weißen Thore eingeebnet[3]. Der Thurm des Wilsdruffer Thores und der „Hersenthurm“, sowie der größte Theil der Bastion Saturnus und außerdem fast die ganze Courtine mit den darunter gelegenen Gewölben zwischen den Bastionen Saturnus und Luna bis an das zum großen Opernhause gehörige Gebäude, in welchem sich die Wohnung des Hofzimmermeisters befand (also der am jetzigen Postplatz vor dem Stadtwaldschlößchen gelegene Theil der Festungswerke bis zum Zwinger) wurden im Jahre 1811 bis auf geringe Reste abgetragen. Die Brücke am Wilsdruffer Thore wurde ebenfalls beseitigt und an deren Stelle ein Weg angelegt. Auch von der Bastion Mars (beim Moritz-Monument) wurde ein großer Theil demolirt und die Courtine bis ans Pirnaische Thor gänzlich niedergelegt. Infolge der Abtragung des Wilsdruffer Thores wurde auch die rechts von der Stadt aus an den Thorthurm angebaute Kapelle für die katholischen Baugefangenen beseitigt und nach der kleinen Schießgasse verlegt. Ein großer Theil des durch die Abtragung der Festungswerke gewonnenen Steinmaterials wurde nach Torgau geschafft, um beim dortigen Festungsbau verwendet zu werden. Die Dresdner Festungswerke bestanden übrigens nur an den nach außen gekehrten Theilen aus behauenen Steinen, der innere Kern war aus Horzeln bestehende Gußmauer. Auch in Neustadt wurde beinahe an allen Stellen mit der Demolition fortgefahren, so daß die Fortifikationen zwischen dem schwarzen und weißen Thore fast völlig, vom schwarzen Thore rechts nach dem Bär hin aber zum großen Theile niedergelegt wurden[4].

Im Jahre 1812 wurde die Demolition wieder eingestellt, indem unterm 18. April ein Reskript erging, in welchem es heißt, daß es den eingetretenen Umständen nach nicht thunlich sei, mit Abtragung der Festungswerke in der bisherigen Maße fortzufahren. Nur die Entfernung einiger zwischen dem schwarzen und weißen Thore noch stehender Reste und einige sonstige kleine Arbeiten sollten noch vorgenommen werden[5]. Die Demolition wurde in Folge dieses Reskripts zwar eingestellt, die Kommission wurde jedoch erst durch Gouvernementsbefehl vom 13. April 1814 aufgelöst und die Geschäfte derselben, welche nur noch in Zahlung von fortlaufenden Entschädigungen an einige durch die Demolirung betroffene Besitzer von Wallräumen, die sich das Eigenthumsrecht daran vorbehalten hatten und mit denen noch kein endgiltiger Vergleich getroffen war, sowie in Zahlung von Reparaturkosten von Straßen u. s. w. bestanden, dem Geheimen Finanzkollegium überwiesen[6].

Kurz nach dem Friedensschlusse begann man sich wieder mit der Demolitionsangelegenheit zu beschäftigen, und es erging unterm 27. Juni 1815 ein Reskript an


  1. Der genannte Hufenfuß war der Maßstab für Militärleistungen, und man unterschied dabei Magazinhufen, Spannhufen und Marschhufen. Betreffs der hier in Betracht kommenden Magazinhufen ist zu erwähnen, daß die Anzahl der Acker, welche auf eine solche Hufe gerechnet wurden, zwar nach den verschiedenen Gegenden voneinander abwich, daß es aber meist 24 Acker zu je 300 Quadratruthen waren. Vgl. Haubold, Lehrbuch des Königl. Sächs. Privatrechts, 1829. S. 152.
  2. Die Demolirung etc.. Vol. I. Loc. 6363. Bl. 38b. 48b. 87. 134b. 156b. 160. Vol. II. Bl. 89b,
  3. Die Demolirung etc. Vol. I. Loc. 6363. Bl. 28e. 39. Vol. II. Bl. 39 f
  4. Die Demolirung etc. Vol. III. Loc. 2506. Bl. 83
  5. Die Demolirung etc. Vol. III. Loc. 6363. Bl. 25 f. 105. 131. Acta, Militärgebäude, Vol. III. Loc. 1059. Bl. 55.
  6. Die Demolirung etc. Vol. II. Loc. 2505. Bl. 361.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/117&oldid=- (Version vom 11.7.2024)