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die Vorbereitungen zur Ausführung, soweit es die Umstände zuließen, getroffen werden[1].

Der Entschluß, die Festungswerke vollständig zu beseitigen, war also gefaßt, doch ergab sich noch eine Schwierigkeit. In den Stadtgraben mündeten nämlich vier Schleußen und zwar beim Wilsdruffer Thore, beim Hasenberg, beim Frau Mutter-Hause und in der Gegend der Bastion Merkur. Diese Schleußen sollten, wenn der Stadtgraben zugeschüttet werden würde, überwölbt und eine große Hauptschleuße zu deren Aufnahme entlang des ganzen Stadtgrabens geführt werden, welche bei den Bastionen Venus und Sol in die Elbe zu münden hätte. Die Kosten dieses Schleußenbaues, welche auf 111 244 Thlr. 7 Gr. berechnet wurden, sollte die Stadt Dresden tragen. Der Rath wendete jedoch laut Schreibens vom 14. Juli 1763 ein, daß er nicht im Stande sei, diesen Bau auszuführen, da die Stadtgemeinde sich in folge des Kriegs in ungünstigen finanziellen Verhältnissen befinde und ihr überdies durch das Abbrennen eines großen Theils der Stadt und der Vorstädte die Hälfte der Kommunal-Einkünfte entgehe; außerdem müßten die beschädigten Schleußen etc. wiederhergestellt und dazu ein Darlehn aufgenommen werden[2]. Diese Umstände, am meisten aber wohl der am 5. Oktober 1763 erfolgte Tod des Königs August III., dürften die Ursache gewesen sein, daß die Abtragung der Dresdner Festungswerke damals unterblieben ist.

Jm Jahre 1778 hatte man aus Anlaß des bayrischen Erbfolgekrieges um die Vorstädte eine Anzahl Schanzen angelegt[3], und von 1779 an begann man vielfache Projekte zur Befestigung Dresdens ausarbeiten zu lassen, nach welchen u. a. auch auf den Höhen bei Plauen und Gorbitz, sowie hinter dem Großen Garten und an anderen Orten Forts angelegt werden sollten, doch ist nichts von alledem zur Ausführung gekommen[4].

Jm Jahre 1809 kam die Demolition der Festungswerke wieder in Anregung, indem das Militärdepartement des Geh. Kabinets unterm 13. November die Notiz zu den Akten brachte, daß der König beschlossen habe, nicht nur die um die Vorstädte befindlichen Schanzen, sondern auch die sämmtlichen Festungswerke der Alt- und Neustadt gänzlich abtragen zu lassen[5], und es findet sich an verschiedenen Stellen in der Dresdner Literatur die Behauptung, daß diese Anordnung auf Veranlassung Napoleons erfolgt sei. Die Akten enthalten darüber allerdings nichts, doch liegt diese Möglichkeit sehr nahe, wenn man die Eile berücksichtigt, mit welcher trotz der vorgeschrittenen Jahreszeit die Sache ins Werk gesetzt wurde: am 13. November wird die Notiz, daß der König, welcher sich damals in Paris befand, beschlossen habe, die Festungswerke niederlegen zu lassen, zu den Akten des Geh. Kabinets gebracht, und schon am 20. November wird mit Abtragung derselben, und zwar in Altstadt mit 300 und in Neustadt mit 700 Arbeitern, begonnen[6].

Bei der Kürze der Zeit, welche zwischen dieser Anordnung und deren Ausführung lag, konnte von Aufstellung eines ausführlichen Planes über die Demolirung natürlich nicht die Rede sein, weshalb bestimmt wurde, vorläufig an denjenigen Orten zu beginnen, wo keinerlei Schwierigkeiten entgegenstünden, also namentlich an solchen Stellen, welche sich im fiskalischen Besitz befanden. Ein vollständiger Plan sollte erst nach Organisation einer Demolitions-Kommission entworfen werden. Die Wälle der Neustadt befanden sich sämmtlich in fiskalischem Eigenthum; daraus erklärt es sich, daß zur Niederlegung derselben die größte Anzahl der Arbeiter verwendet wurde[7]. Die Plätze auf den Wällen der Altstadt befanden sich seit 1748 theilweise im Besitz von Privatpersonen, ebenso verschiedene der unter den Wällen und Bastionen gelegenen Kasematten[8].

Die Besitzverhältnisse waren im Jahre 1809 folgende. Den Raum über dem Pirnaischen Thore und der Courtine längs der großen Schießgasse, nebst einem Theil der Bastion Jupiter, besaßen die Erben des Oberrechnungsraths Fizeaux, den andern Theil dieser Bastion und einen Theil der Courtine bis gegen die Schreibergasse der Kabinetsminister Graf vom Loß, die Courtine von da an bis zum Seethor der Kabinetsminister Graf Marcolini, ebenso wie die Courtine von der Breitegasse bis zur Bastion Saturn. Diesen letzteren Theil des Walles hatte früher der Graf Brühl besessen und dort eine Reitbahn angelegt. Der zwischen diesen beiden Plätzen liegende Raum vom Seethor bis zur Bastion Merkur und diese letztere selbst befand sich im Besitz des Appellationsraths von Teubern. Die Bastion Saturn bis an das Wilsdruffer Thor besaßen die Erben des Geheimen Cämmeriers Fletscher. Der Wilsdruffer Thorthurm, in welchem sich ein Wasserreservoir für die Springbrunnen des Zwingers befand[9], war fiskalisch. Die eine Hälfte des oberen Walles des Wilsdruffer Thores besaß der Stift Zeitzsche Kammer-Direktor


  1. BL. 90 f., 94 f. ebenda.
  2. Acta, dasjenige was wegen der Festungswerke bei der Residenzstadt Dresden etc. Loc. 5659. Bl. 71, 78, 82 and 89.
  3. Die um die Stadt Dresden angelegten Schanzen betr. Loc. 6347 und die Demolirung etc. Soc. 6363. Vol. I. Bl. 28m. f.
  4. Acta, des Obristen France Fortifikationsprojekt etc. 1779 – 1790. Loc. 1075. Bl. 53 f. 378 f. 429 f. 446 f.
  5. Acta, die Demolirung etc. Vol. I. Loc. 2505. Bl. 39. 57.
  6. Acta, die Demolirung etc. Loc. 6363. Vol. I. BI. 28e.
  7. Acta, die Demolirung etc. Vol. I. Loc. 2505. Bl. 46, 58.
  8. Hasche, Urkundenbuch zur Geschichte Dresdens S. 714. Acta, das Bauwesen bei der Stadt Dresden etc. Vol. III. Loc. 2256. Bl. 397 ff.
  9. Hasche, Umständliche Beschreibung Dresdens. Bd. I. S. 748.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/115&oldid=- (Version vom 10.7.2024)