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Gewandhausstraße, in welcher sich Budenschuppen befinden, noch ein Theil zu sehen ist. Von der Bastion Merkur, deren Spitze an der Ecke der Marienstraße und Johannis-Allee lag und deren rechte Flanke bis zur Breitestraße reichte, sind nur in dem Gäßchen „an der Mauer“ ein Theil der nach der Stadt zu gekehrten Rückwand dieser Bastion und der nach dem Seethore zu gelegenen Courtine, sowie einige von diesem Gäßchen aus zugängliche Kasematten übrig. Die linke Flanke dieser Bastion lag ziemlich in der Mitte der Johannis-Allee, dort wo jetzt der freie Platz vor dem Ministerium des Innern beginnt. Von der Saturnusbastion, welche die Stelle des Postgebäudes am Postplatze einnahm, findet sich nichts mehr vor. Der Zwingerwall ist ein Rest der Bastion Luna, deren Spitze an der Biegung unweit des Mathematischen Salons gelegen war, und von der Bastion Sol ist beim Hotel Bellevue nach der Elbe zu sowie bei Helbigs Restauration noch ein Theil erhalten.

Die Neustädter Festungswerke bestanden aus sechs Bastionen, welche mit laufenden Nummern bezeichnet wurden. Die Bastion I lag am Ende der jetzigen Hospitalstraße nach der Elbe zu und die Bastion VI hinterm Palaisgarten. Bei der Bastion I befand sich ein Schutzdamm, welcher den Graben von der Elbe trennte und im Anfang des vorigen Jahrhunderts in den Akten gewöhnlich als „Béyer“ bezeichnet wird, weshalb diese Bastion „am Béyer“ genannt wurde. Das Wort wird auch Beyér und Beyére geschrieben. Ein solcher Schutzdamm befand sich anfangs nur an dem oberhalb der Augustusbrücke gelegenen Ende des Grabens, doch sollte im Jahre 1702, wo umfassende Reparaturen an den Festungswerken vorgenommen worden zu sein scheinen, auch an dem unterhalb befindlichen Grabenende eine „Beyére oder Schutzdamm“ errichtet werden[1]. Auch für den Steindamm, welcher früher auf Altstädter Seite den ehemaligen Gondelhafen von der Elbe schied, wird die Bezeichnung Béyer gebraucht[2]; später werden diese Dämme immer Bâtardeau genannt. Bâtardeau heißt in der Architektur Bär und bedeutet einen starken gemauerten Querdamm. (Mozin, Dictionnaire.) Von den Neustädter Festungswerken ist gegenwärtig nichts mehr übrig als die im Palaisgarten gelegene Erhöhung, welche mit der dahinter liegenden Bastion in Verbindung stand und in den Demolitionsakten als fer à cheval bezeichnet wird, sowie ein geringer Mauerrest der Bastion I, des sogenannten Bärs[3].

Die in Hasches „Umständlicher Beschreibung Dresdens“ Bd. 1 S. 739 enthaltene Nachricht, daß schon im Jahre 1738 die Absicht bestanden habe, die Festungswerke zu beseitigen, weshalb ein Stück Wall abgetragen worden sei, ist dahin einzuschränken, daß, um Raum für die Erbauung der katholischen Kirche zu gewinnen, der hohe Wall von der Augustusbrücke bis etwa gegen das westliche Ende der Helbig’schen Restauration abgetragen wurde. Die Festungswerke erstreckten sich bis weit auf den Platz zwischen der erwähnten Restauration und dem Schlosse, und es führte der dort gelegene Cavalier, d. i. eine auf dem Walle errichtete Erdschanze, die Bezeichnung „Mond“. Dieses oben auf dem Walle befindliche länglichrunde Bollwerk ist auf einem aus der Zeit vor Erbauung der katholischen Kirche herrührenden Plane deutlich zu erkennen[4]. Worauf es beruht, daß dieser Theil des Walles bei der Neubenennung der Festungswerke im Jahre 1721 nicht erwähnt wird, hat sich nicht ermitteln lassen; auf dem den betreffenden Akten beigehefteten Plane ist es ebenfalls nicht ersichtlich[5].

Zu Anfang des Jahres 1760 war der Oberlandbaumeister Schwarze durch den Grafen Rutowski im Auftrage des Königs veranlaßt worden, einen Plan zu entwerfen, in welcher Weise eine bessere Verbindung der inneren Stadt mit den Vorstädten zu erreichen sei, worauf dieser unterm 15. Februar desselben Jahres unter Beifügung eines Risses ausführlichen Vortrag erstattete. Danach sollten die Festungswerke zum größten Theile abgetragen, der Graben ausgefüllt, die Webergasse bis zum Jakobshospital verlängert und die Breitestraße bis zur Straße „am See“ durchgeführt werden. Für die Schreibergasse ist eine Verlängerung bis auf einen an der späteren Friedrichs-Allee geplanten freien Platz vorgesehen. Die Durchführung der Pfarrgasse wird gleichfalls empfohlen, doch liegt dabei ein Irrthum insofern vor, als nach dem Plane nicht die Pfarr- sondern die Schulgasse verlängert werden sollte. Die Rampische Gasse sollte einen Ausgang über den jetzigen Zeughausplatz erhalten[6].

Der Plan Schwarzes wurde einer aus Civil- und Fortifikations-Bauverständigen zusammengesetzten Kommission, bei welcher sich einige Ingenieur-Offiziere sowie der Oberlandbaumeister Schwarze selbst befanden, mit der Frage vorgelegt, ob es sich empfehlen dürfte, die Festungswerke gänzlich zu demoliren, und auf welche Weise die Residenz alsdann gegen feindliche Ueberfälle zu sichern sei. Auch über die durch die Demolition entstehenden Kosten sollte die Kommission ein Urtheil


  1. Die Fortification derer Festungen Neu- und Alt-Dresden etc. 1702 sq. Vol. I. Loc. 1075. Bl. 73b., 87, 90, 93b., 98 und 316.
  2. Ebenda Bl. 61, 76b., 77.
  3. Die Demolirung etc. Vol. II. Loc. 6363. Bl. 184 I.
  4. Rißschr. XXVI. Fach 97. Nr. 20.
  5. Acta die Erbauung einer neuen Kirche etc. 1738. Loc. 774. Bl. 1f. Rißschr. VII. Fach 85. Nr. 18.
  6. Das Bauwesen bei der Stadt Dresden. Vol. VI. Loc. 2257. Bl. 2f. Rißschr. VII. Fach 85. Nr. 16. Rißschr. II. Fach 33b. Nr. 12.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 2 (1897 bis 1900). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1897 bis 1900, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Zweiter_Band.pdf/113&oldid=- (Version vom 12.7.2024)