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rechtem Ufer der Landschaftsname sclauia steht, während man am linken die drei Städte penic (Pirna), drefsdz und misera (Meißen) erkennen kann. Es ist wahr scheinlich, daß die grobe Verstümmelung der Namen nicht dem Zeichner, sondern dem Lithographen zur Last fällt, da fast alle Blätter von Jomards großem, aber mit ungenügenden technischen Hilfsmitteln durchgeführtem Reproduktionswerke, das eine Nachbildung der Karte enthält, sehr zahlreiche Stichfehler aufweisen.

Die letzte Karte des 14. Jahrhunderts, welche Dresden verzeichnet, ist wiederum catalanischen Ursprungs. Sie ist seit langer Zeit unter dem Namen des Catalanischen Atlas bekannt und berühmt. Da sie zu den besten und reichhaltigsten mittelalterlichen Kartenwerken gehört, wurde sie wiederholt eingehend beschrieben und mehrfach reproduziert[1]. Sie stammt aus dem Jahre 1375 und wird zu den wertvollsten Schätzen der Pariser Nationalbibliothek gezählt. Der Autor nennt sich nicht, doch glauben ihn einige Sachverständige mit dem jüdischen Gelehrten Jafuda Cresques aus Majorca identifizieren zu können, der ein Mann von umfassendem allgemeinem Wissen und namentlich ein gründlicher Kenner der zeitgenössischen und älteren geographischen Literatur gewesen sein muß.

Sie ist sehr sorgfältig ausgeführt und prachtvoll ausgestattet, da sie als Geschenk des Königs Johann I. von Aragon an Karl V. von Frankreich gelangte. Sie besteht aus sechs auf dünne Holztafeln geklebten Pergamentblättern von 0,49 m Breite und 0,62 m Höhe, von denen zwei allerlei kosmographische Tabellen, die übrigen vier dagegen die eigentliche Weltkarte mit zahlreichen kunstvoll ausgeführten Miniaturen und Legenden enthalten. Der Titel lautet in catalanischer Mundart: Mapa mondi vol dir aytant con ymage del mon e de los diversas etats del mon e de los regions qui son sus la terra, de diversas maneras de gens qui en ela habitan. Die Darstellung des Meißnerlandes ist leider ziemlich dürftig. Aus dem in herkömmlicher Weise von Bergen rings umgebenen Böhmen fließt in konventionellen Schlangenwindungen die namenlose Elbe, an der die beiden ummauerten Städte dresden und misen liegen.

Eine andere, etwas jüngere, 1413 vollendete Karte catalanischen Ursprungs von Mecia de Viladestess[2]. befindet sich gleichfalls auf der Pariser Nationalbibliothek. Sie besteht aus einem rechteckigen Pergamentblatte von 1,21 m Breite und 0,87 m Höhe. Eine der zahlreichen Inschriften lautet: Mecia de viladestes me fecit in ano MCCCCXIII. Im Gebiete des heutigen Königreichs Sachsen finden sich keine wesentlichen Neuerungen. Die Elbe strömt in einem weiten Bogen aus Böhmen, führt aber keinen Namen. An ihr liegt drosden als große Stadt mit zwei Türmen, weiter abwärts moise (Meißen) als kleines Kastell.

Man könnte nun vermuten, daß gegenüber den dürftigen Angaben der italienischen und catalanischen Weltbilder die Karten deutschen Ursprungs ein reicheres topographisches Material für unsere Gegenden bieten würden. Wenn man unter diesem Gesichtspunkte die einzige aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts überlieferte große deutsche Weltkarte betrachtet, so wird man allerdings stark enttäuscht. Sie stammt aus dem Jahre 1448 und ist in Kreisform auf Pergament gezeichnet. Gegenwärtig wird sie in der Vatikanischen Bibliothek aufbewahrt. Als Verfasser nennt sich Andreas Walsperger[3], ein Benediktiner aus Salzburg, der das Werk in Konstanz am Bodensee vollendete. Für Süd- und Westdeutschland verfügt er über selbständige Kenntnisse und hat auch versucht, dieselben auf seiner Karte zu verwerten, doch sind ihm dabei mancherlei Irrtümer und Mißverständnisse namentlich hinsichtlich der Lage der Städte untergelaufen. In Mitteldeutschland nennt er nur peham, das er ausnahmsweise ohne die übliche Gebirgsumrandung zeichnet, sowie die Elbe, die er aber nicht in Böhmen, sondern weiter westlich, etwa in Franken, entspringen läßt und an libcz (Leipzig) vorüberführt. Sonst erwähnt er keine sächsischen Ortschaften.

Etwa derselben Zeit wie die Karte Walspergers gehört ein kreisförmiges Erdbild an, das unter dem Namen der Borgiakarte[4] bekannt ist. Es besteht aus einer gravierten, mit farbigem Schmelz verzierten Metallplatte

von etwa 2/3 m Durchmesser und befindet sich im Museum des Kardinals Stephan Borgia, das im Kolleg


  1. Notices et extraits des manuscrits de la Bibliothèque du Roy, T. XIV, Paris 1841, II, S. 1 – 152, mit lithographischem Faksimile. – Choix de documents géographiques conservés à la Bibliothèque nationale, Paris 1883, Planche XIV (Reproduktion in Heliogravüre). – Nordenskiöld, Periplus, S. 58 – 59 und Tafel XI – XIV (Sichtdruckreproduktion).
  2. G Marcel, Choix de cartes, Nr. III (Reproduktion in Heliogravüre). – Nordenskiöld, Periplus S. 59 – 60.
  3. K. Kretschmer, Eine neue mittelalterliche Weltkarte der Vatikanischen Bibliothek: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin XXVI, 1891, S. 371 – 406, mit farbiger lithographischer Reproduktion.
  4. Santarem, Essai sur l’histoire de la cosmographie et de la cartographie du moyen-âge, Paris 1852, III, S. 247 bis 300, nebst lithographischer Reproduktion in desselben Verfassers Atlas composé de mappemondes et de portulans et d’autres monuments géographiques, Paris (1842 – 53). W. Ruge, Zur Geschichte der Kartographie: Zeitschrift f. wiss. Geographie VIII, 1891, S. 396ff. – H. Wagner, Die Kopien der Weltkarte des Museum Borgia: Nachrichten von der Kgl. Gesellschaft d. Wiss. zu Göttingen 1892, Nr. 10, S. 349 – 361. Miller a. a. O. Heft III, 1895, S. 148f. – Nordenskiöld, Periplus Tafel XXXIX (Faksimile in Lichtdruck).
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/92&oldid=- (Version vom 7.12.2024)