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Anders aber verhielt es sich mit den ständigen Bewohnern dieser Weingüter, den Winzern, Brödlingen und andern Hausgenossen. Als Hausgenossen waren sie unfähig, eine Gemeinde zu bilden. Sie gehörten zwar nicht alle zum eigentlichen Gesinde, in allen Angelegenheiten, welche eine Gemeinde betreffen konnten, standen sie aber damals für die Behörde auf derselben rechtlichen Stufe. Um den „Ort Trachenberge“ kümmerte sich niemand außerhalb desselben, die Behörden hatten es immer nur mit den einzelnen Besitzern zu tun. Gleichwohl bestand schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein gewisser Verband, wie ihn Feuersnot und die hier von den Bergen zuweilen herabstürzenden, den Ort rasch verschlemmenden Gewässer ohnehin nötig machten. Man wechselte mit den sogenannten „Umrufen“ ab und man bildete für die letzte Ehrung („Ehrte“) die „Grabegesellschaft“. Als älteste Urkunde des „Ortes“ Trachenberge liegt heute noch im Dresdner Ratsarchiv ein Blatt vom Jahre 1734 mit der Überschrift: Grabe-Gesellschaft in den Trachenbergen[1]. Die Bestimmungen, welche die „Nachbarschaft“ hierin unter sich trifft, berühren zwar als hauptsächlichsten Gegenstand der Gemeinschaft (der zudem nicht von Fall zu Fall erst geregelt werden konnte) die Beerdigung, sie lassen aber erkennen, daß der Name hier nur eine Form, unter der sich andres mit begreift, vorstellte. „Und wenn ein neuer Winzer sich einläßt“, heißt es, „so giebt er ein Sächzel Bier oder 12 Gr.; wer sich aber was ankaufen thut, der giebt 1/2 Tonne Bier oder 1 Thlr., und jeder 6 ₰ einzuschreiben“. Das Bier wurde zu Weihnachten, wie es scheint, als Warmbier vertilgt. Man konnte keine Gemeinde bilden, da auch der Winzer, der etwa 1 Zeile Weinberg auf dem Wege des Kaufs oder der Schenkung erwarb, noch immer „zu Hause“ wohnte, aber man bildete eine „Gesellschaft“[2].

Zur Sommerszeit mochte übrigens nicht nur auf dem Wilden Mann und auf Hechts Weinberg, sondern auch auf den anderen Winzereien Vergnügungsverkehr einsprechen. Als Frau von Leipziger 1756 das Taubische Haus verkaufte, bedang sie sich ausdrücklich aus, daß darin „kein gekaufter Wein noch weniger Bier und Branntwein geschenkt werde“. Ein Bierschank für die Winzer selbst konnte nicht lohnen. Noch 1769, als Johann Gottlieb Hübler vergeblich um Konzession eines Bierschanks auf seinem Grundstück zwischen Hechts Weinberg und dem Wilden Mann nachsuchte[3], war von einem Bedürfnis der Nachbarn in den Trachenbergen in dem Gesuch mit keinem Worte die Rede, der Schank sollte nur eine Erfrischung und Commodité für die Dresdner Bürger und andere zur Sommerszeit herauskommende Personen sein.

Damals waren aber die Anfänge einer wirklichen Ortschaft, nicht nur eines Sommer-Lustortes, in den Trachenbergen schon vorhanden[4]. 1756 war, wie erwähnt, mit dem untern Teil des Taubischen Weinbergs das Taubische Haus an zwei „Hausgenossen“ „um und vor 725 Thlr. halb in Braunschweiger und Preußischen 5 Thaler-Stücken und halb in Batzen zu bezahlen“ verkauft worden[5]. Die beiden Hausgenossen erwarben sich damit jeder wenigstens die Hälfte eines Hauses. Das Taubische Haus hat das eigentümliche Schicksal gehabt, daß diese beiden Hälften während eines Zeitraums von über 100 Jahren immer aufs neue getrennt vererbt oder verkauft wurden[6]. Zuletzt (nach 1860) besaß die linke Hälfte der Gemeindevorstand, die rechte der Gerichtsschöppe[7]: es war hiermit einer sehr wünschenswerten Einheitlichkeit in Gemeindeangelegenheiten der Weg gebahnt, da man in demselben Hause beim Ortsrichter einen Kauf errichten und beim Gerichtsschöppen das Schulgeld bezahlen konnte. Das Taubische Haus erlitt nach 1890 einen Umbau, der es nur auf seinen Grundmauern erhielt, im übrigen aber völlig veränderte.

Die unmittelbar neben dem Taubischen Hause liegende erste Zeile des mittleren Taubischen Weinbergs hatte 1760 George Eysold, Nachbar und Einwohner in Pieschen, von dem ersten Käufer erkauft[8]. Ein Jahr darauf kam er um Konzession zur Erbauung eines Hauses auf seinem Weinberge[9] ein, auf welchem der gemeinschaftliche Brunnen für die 9 Besitzer des mittleren Taubischen Berges stand. Eysolds Enkel fiel bei Wagram[10], das Grundstück blieb bei seinem Schwager Dorn und dessen Witwe. Der Nachfolger der Witwe im Besitz des Hauses betrieb bis nach 1850 einen Dorfkramhandel darin, und als er fortzog, blieb in dem Hause eine „Topfschenke“, d. h. ein Schank, in welchem


  1. Ratsarchiv C. III. 43z.
  2. Um einen Vergleich zu ziehen, sei angeführt, daß der Einkauf in die Kaditzer „Nachbargesellschaft“ 1/2 Eimer Wein and 20 Thaler kostete.
  3. Ratsarchiv H. XV. 18I.
  4. Trachauer Kaufbuch 1740 Bl. 32. Vergünstigungs-Brieff (v. 31. Dezember 1747). Die Bezeichnung des einen Käufers beim Kauf des Taubischen Hauses 1756 als Sohn eines Häuslers in Trachenberg tut ebenfalls dar, daß bereits kleine Wirtschaften bestanden.
  5. Auch beim Verkauf des mittleren Teils des Taubischen Weinbergs war der Kaufpreis „halb in Braunschweig- oder Preußisch, 5 Reichsthalerstücken in Golde oder das Agio davor à 1 Thaler 6 gl – per Cent und halb in Batzen, alßbald bey der Lehns-Reichung“ bar zu bezahlen.
  6. Pieschner Kaufbuch 1759 Bl. 19. Trachauer Kaufbücher v. 1740 Bl. 506, v. J. 1813 Bl. 40, Bl. 81b u. a. O.
  7. Mündl. Mitt. (Frau verw. Vorstand Vogel).
  8. Kaufbuch für Pieschen v. 1759 Bl. 14.
  9. Coll. Schmid XXXII. 1047a.
  10. Kaufbuch für Trachau 1781 Bl. 465b.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/39&oldid=- (Version vom 6.12.2024)