schöne Eindruck, den mir Dresden gemacht hatte, und die hohe Achtung, welche ich gegenüber dem Kollegium der Akademie hegte, die Anhänglichkeit an mehrere alte Freunde, die ich daselbst vorfand, z. B. Richter, Oehme, Rietschel, erschwerten mir eine ablehnende Antwort; ich konnte aber keinen Augenblick zweifelhaft sein, daß eine solche erteilt werden müsse. Einige Bitterkeit mischte sich erst dann in meine Empfindungen, als ich nach einer einfachen Meldung an den König, daß eine Berufung erfolgt, von mir aber abgelehnt sei, mein Schreiben mit einigen Worten des Königs zurückerhielt, die mir die Meinung einflößten, daß mein Austritt aus meinem Münchner Wirkungskreise eher erwünscht als unerwünscht sei.“ (Die Worte des Königs lauteten: „Wie angenehm auch diese Aeusserung von einem so ausgezeichneten Künstler und rechtschaffenen Manne mir ist, so möchte ich doch nicht daß derselbe wenn ein großer Vortheil durch den Antrag ihm würde, er solchen ausschlage, es später ihn gereue und er [es] als ein dargebrachtes Opfer anführe. München 26 May 45 Ludwig.“) „Als mir daher im März des darauffolgenden Jahres abermals eine Professur an der Akademie und zugleich die Direktorstelle der Galerie angetragen wurde, lehnte ich nicht sogleich ab, sondern legte in der Meldung dieser zweiten Berufung die Ablehnung insoweit in die Hand des Königs, als ich mein Verbleiben an die Erfüllung gewisser Forderungen knüpfte, welche ich mir und den Meinigen schuldig zu sein glaubte.“ (Schnorr fühlte sich in seinem Münchner Lehramte unter anderm dadurch beengt, daß er immer noch nicht von einer Beteiligung an der Korrektur im Antikensaale befreit war, während der Mehrzahl seiner Kollegen sich ein höherer Wirkungskreis erschlossen hatte.) „Die Gewährung meiner Wünsche wurde nicht geeignet befunden, ich schrieb nach Dresden, daß ich kommen würde, und trat im September 1846 meine Reise dahin an.“
Welche Einflüsse in München die entscheidende Wendung herbeiführten, ist hier nicht der Ort zu erörtern. Schon im April schied Schnorr aus dem Bayerischen Staatsdienste aus; in der Zwischenzeit bis zu der für ihn und die Seinigen, namentlich seine Frau, äußerst schmerzlichen Trennung von München widmete er sich noch mit seiner ganzen Kraft der Arbeit in den Nibelungen-Sälen der Residenz. Zahlreich waren die Freunde und Anhänger, die er zurückließ. In einer Adresse an den König Ludwig, die mir in beglaubigter Abschrift vorliegt, hatten sich 61 Münchner Künstler zu dem Zwecke vereinigt, zu erwirken, daß er München erhalten bliebe. Aber auch in Dresden empfing ihn gleich bei Eintritt in die neuen Verhältnisse Freundschaft und Wohlwollen. Ludwig Richter, Ernst Oehme, Karl Peschel waren ihm von Rom her befreundet, Rietschel nannte er seinen „alten Freund“, Quandt war ihm ein Gönner schon in seinen Jugendjahren gewesen. Bendemann war es, der ihn in einem Briefe vom 14. Februar 1843 eingeladen hatte, seine inzwischen in Wandgemälden ausgeführten Kartons zu den Kaisersälen, die er, Bendemann, vor Jahren bei ihm zusammen mit seinem Schwager Hübner in München gesehen, für eine bevorstehende Ausstellung nach Dresden zu schicken; Bendemann war auch der beauftragte Unterhändler gewesen, der ihm in einem Briefe vom 18. Februar 1844 (mit dem zusammen Rietschels undatierter Brief 1 offenbar als Einlage befördert wurde) wegen Ankaufs von Originalzeichnungen zu jenen Kartons weitere Vorschläge des Akademischen Rates übermittelte, weil Schnorr sich nicht hatte entschließen können, aus einer Gruppe zusammengehöriger Kartons heraus einen einzelnen, ohne sich das Rückkaufsrecht vorzubehalten, zu verkaufen. Die Dresdner Akademie der bildenden Künste, die Anstalt, in deren Lehrerkollegium er fortan amtlich wirken sollte, hatte ihn noch eben, unter dem 1. Dezember 1844, zum Ehrenmitgliede ernannt. Julius Hübner hatte in einem Briefe vom 27. April 1845 ehrende Anerkennung für seine künstlerische Bedeutung in Worten ausgedrückt, worin er aussprach, daß er für seinen Genius unwandelbar dieselbe herzliche Verehrung bewahrt habe, seit er vor beinahe zwanzig Jahren noch bei seinem, Schnorrs, Vater in Leipzig die ersten Kartons der Villa Massimi gesehen habe.
Die Briefe, die Rietschel und Schnorr mit einander wechselten, nachdem der letztere nach Dresden übergesiedelt war, sind teils von Haus zu Haus an ihrem neuen gemeinsamen Wohnorte geschrieben, teils nach auswärtigen Orten in Zeiten gerichtet, wo der eine oder andere sich vorübergehend fern von Dresden aufhielt. Das Freundschaftsverhältnis zwischen beiden Männern entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem immer näheren auch dadurch, daß ihre Familien sich eng an einander anschlossen, auf beiden Seiten sich ungefähr gleichaltrige Söhne und Töchter zusammenfanden, jahrelang sogar ihre Wohnungen nahe benachbarte waren. Niemals traten auch in ihren Kunstbestrebungen Gegensätze zwischen sie, und liebevoll gesprochen, aber sicherlich nicht unwahr ist es, wenn Rietschels Biograph wörtlich sagt: Schnorrs Anwesenheit in Dresden habe auch für Rietschel reiche Förderung gebracht; namentlich sei es Schnorrs adeliger, feiner Künstlersinn, seine hohe und getragene Auffassung der Kunst und ihrer Aufgaben gewesen, was Rietschel stets mit innigster Verehrung und Liebe für den großen deutschen Meister erfüllt habe und ihn dessen Umgang als eine herrliche Gabe des Geschicks bis zum Tode dankbar habe empfinden lassen. Vielleicht zwar ließe
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 251. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/256&oldid=- (Version vom 28.11.2024)