durch das Reich in seinen Grundfesten erschütterten. Dieser erste berühmte Dresdner hat später in Regensburg auf dem Scheiterhaufen geendet.
Dann wurde wohl die Aufmerksamkeit der Welt einen Augenblick auf Dresden gelenkt durch Gregor Heimburg, den größten Staatsmann und Rechtsgelehrten des 15. Jahrhunderts. Dieser hart verfolgte Streiter gegen die Übermacht des Papsttums fand nach dem Tode seines Beschützers Georg Podiebrad von Böhmen bei dessen Schwiegersohn Herzog Albrecht Aufnahme, lebte ein Jahr lang in Tharandt und Dresden und starb hier im August 1472. Er liegt in der Sophienkirche begraben, dem einzigen noch erhaltenen mittelalterlichen Gebäude unsrer Stadt.
Und wieder ein halbes Jahrhundert später war Dresdens Name auf aller Lippen, als Dr. Martin Luther heftige Kämpfe mit dem Herzog Georg ausfocht. Der alte Herzog, ein vortrefflicher Regent, auch in den kirchlichen Angelegenheiten wohlmeinend, aber äußerst starrsinnig, ließ sich vom Papsttum als Vorkämpfer gegen die im eigenen Lande siegreich vordringende Reformation gebrauchen. Länger als zehn Jahre dauerte der erbitterte Streit zwischen ihm und dem Reformator, scharfe Anklagen flogen zwischen Wittenberg und Dresden herüber und hinüber, Luthers Empörung über den Gewissenszwang, den Georg seinen Untertanen auferlegte, machte sich Luft in einer seiner leidenschaftlichsten Streitschriften „Wider den Meuchler zu Dresden“. Es schien, als sei Dresden ein deutscher Sitz des Papsttums geworden, während es doch dem Luthertum innerlich schon gewonnen war. Da starb der Herzog unerwartet im Jahre 1539; sein protestantisch gesinnter Bruder Heinrich zog als Landesherr ein und mit ihm die Reformation.
Schon nach zwei Jahren hinterließ Heinrich die Regierung dem jungen Herzog Moritz. Dieser fand das neue Kirchentum im Lande schon festgewurzelt vor, aber daß er den albertinischen Staat zur führenden Macht des deutschen Protestantismus erhob, war sein persönliches Verdienst. Als der ebenso geniale wie verschlagene Fürst im Bunde mit dem katholischen Kaiser seinem ernestinischen Vetter Land und Kurhut abnahm, ward wieder mancher kräftige Fluch aus dem Norden nach Dresden gezielt. Niemand dachte damals, daß der vermeintliche Verräter noch der Retter des Protestantismus werden würde. Es ist doch wohl unbillig, zu behaupten, kein Schimmer eines großen nationalen oder kirchlichen Gedankens habe die Irrgänge seiner Hauspolitik durchleuchtet, sein Ehrgeiz habe sich nicht zu dem Plane erhoben, ein evangelisches Kaisertum auf den Trümmern des zerstörten alten Reiches aufzurichten. So viel ist sicher, daß ein Kriegsheld wie Moritz, der einen Karl V. in Kühnem Siegeszuge vor sich her trieb, auch den Mut gefunden hätte, sich zu gelegener Zeit dessen Krone aufs Haupt zu setzen, hätte ihn nicht im jugendlichen Alter von 32 Jahren, bevor er sich wohl selbst zur Klarheit über seine letzten Ziele durchgerungen, ein rascher Soldatentod ereilt. Kugel von Sievershausen, die nebst dem durchschossenen Kamisol des Kurfürsten hier im Historischen Museum noch zu sehen ist, hat Dresden doch vielleicht um die Ehre gebracht, eine Kaiserstadt zu werden.
Moritzens Nachfolger waren der Aufgabe, die er ihnen hinterließ, nicht gewachsen. In dem Bestreben nichts aufs Spiel zu setzen und um jeden Preis den Frieden zu bewahren, versäumten sie es, die neu gewonnene Macht Kursachsens zu befestigen. Durch ihre starr lutherische Unduldsamkeit und ihre Hinneigung zu den Habsburgern brachten sie sich um das Vertrauen ihrer protestantischen Mitfürsten. Ein Stein im Straßenpflaster am Jüdenhofe bezeichnet die Stelle, wo 1601 das Haupt des kalvinistenfreundlichen Kanzlers Krell fiel; dieser unscheinbare Stein bedeutet zugleich eine Erinnerung an den Verlust der protestantischen Vormachtstellung Sachsens. Das politische Erbe des großen Kurfürsten Moritz trat der Große Kurfürst von Brandenburg an.
Dresdens Aussicht, dauernd das Machtzentrum des protestantischen Deutschlands zu bleiben, war zerronnen. Aber durch dieselben Fürsten, deren engherzige Politik dies verschuldete, gelangte die Stadt auf einem andern Gebiete doch zu einer hervorragenden Stellung: als ein Mittelpunkt künstlerischer Kultur.
Schon Herzog Georg hatte sich als Anbau an das schmucklose Markgrafenschloß einen neuen Palast über dem Elbtore, dem heutigen Georgentore, errichtet. Dann gestaltete Moritz die alte Burg völlig um und schuf das mächtige Bauwerk, das jetzt in wenig veränderter Gestalt den großen Schloßhof umgibt und das damals wohl auch würdig gewesen wäre, zu einer Kaiserburg erhoben zu werden. Sein Bruder und Nachfolger Kurfürst August, ein Bahnbrecher auf dem Gebiete der Staatswirtschaft und eifriger Vermehrer der landesherrlichen Güter, erbaute das Zeughaus, das mit seinen reichen Kriegsvorräten als ein Wunderwerk der Zeit angestaunt wurde; zum Albertinum umgestaltet, birgt es in seinen starken Mauern heutzutage Schätze der Kunst und der Geschichtswissenschaft. Augusts Sohn Christian I. erweiterte das Kurfürstenschloß nochmals durch Anbau der den kleinen Schloßhof bildenden Flügel und errichtete das prächtige Stallgebäude mit dem malerischen Hofe, dessen Außenwand in der Augustus-Straße gerade in diesen Tagen durch das riesenhafte Porzellangemälde des Fürstenzuges zu einer Sehenswürdigkeit geworden ist. Fürstliche Freigebigkeit versammelte in Dresden Künstler und Kunsthandwerker
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/191&oldid=- (Version vom 21.11.2024)