großzügige Entwürfe erinnert eine eigene Erfindung, die er 1816, von Wien aus, nach Dresden einsandte: eine Federzeichnung, die den Kampf zwischen Christen und Heiden" darstellte. Auch die romantische Richtung, der er sich anfangs ergab, kommt in den Sendungen dieses Jahres zum Ausdruck: de la Motte-Fouqués „Sigurd“ begeistert den Jüngling zu selbständigen Schöpfungen. Nur noch dreimal begegnet er seitdem auf den Ausstellungen des behandelten Zeitraumes: 1818, 1821 und 1826 – aber jedes Werk, das er einliefert, bedeutet einen kühnen Schritt vorwärts. 1826 z. B. bringt er zwei große Ölgemälde: das Porträt der Vittoria von Albano“ nach der Natur (gemalt 1823, jetzt im Besitz des Majors a. D. C. Geisberg in Berlin) und „Bathseba im Bade“ (1825, Königl. Akademie der Künste in Berlin) – aus dem Schüler ist der Meister geworden, ein Meister, der seit 1846 der Dresdner Akademie zur höchsten Zierde gereichen sollte.
Gänzlich ohne allgemeinere Erfolge arbeitete die Meißner Zeichenschule. Die jungen Leute (meist aus Meißen selbst oder dessen Umgegend) kamen dahin, um tüchtige Porzellanmaler zu werden. Diele, wie Jacob, K. Chr. Schiebel, Hottewitsch, Geudtner, Mietzsch, u. a. erreichten dieses Ziel mit Erfolg. Daß die Meißner Schule, die hervorragende Lehrer hatte es sei nur an G. F. Kersting, Arnhold, Scheinert, später Ludwig Richter erinnert! auch einige verdienstvolle Landschafter (wie Karl Christian Sparmann und Johann Gottfried Pulian) und Historienmaler (z. B. Ludwig Haach und Ernst Wilhelm Resch[1] vorgebildet hat, sei willig anerkannt. Die Ausstellungen der Anstalt aber sind, wenigstens in der behandelten Periode, ganz unbedeutend. Kopien in Kreide, Gouache, Sepia oder Öl, dann und wann ein Akt darüber kam man kaum hinaus. Nirgends ein selbständiger Gedanke, selten ein selbständiger Entwurf! Man kann es dem Zeichenlehrer Ludwig Richter nachfühlen, wenn er allerdings etwas übertrieben 1829 in einem Briefe an seinen Freund Julius Schnorr seine Stellung in Meißen als ein wahres Sibierien für jeden Künstler, der noch einen Grad Wärme für Kunst im Herzen hat", bezeichnet. Bald nachher (Dezember 1836) wurde die Zeichenschule bekanntlich aufgehoben.
Fast mehr selbständiges Leben, als an diesen akademischen Filialen, fand sich damals in den Dresdner Erziehungsanstalten. Es ist ein Charakteristikum des behandelten Zeit- raumes, daß auch die kleinen „Künstler" auf den Ausstellungen vertreten sein mußten. Man sieht also: die modernen Bestrebungen hinsichtlich der Kinderkunst" – sie sind durchaus nicht neu, nur daß sie vor hundert Jahren vielleicht anders aufgefaßt wurden. Was die Zöglinge boten, waren allerdings vielfach Kleinigkeiten, aber es fehlte nicht an Selbständigkeit. Manche Zeichnungen, Stickereien, ja sogar Ölgemälde und Radierungen nach eigener Erfindung oder Beobachtung fallen dem Leser der Kataloge auf. Es ist nicht möglich, hier auf Einzelheiten einzugehen. Doch auf eines sei ausdrücklich hingewiesen: daß auch aus diesen Kreiſen mehrere später vielgenannte Männer hervorgegangen sind. Dafür einige Beispiele!
Die katholischen Schulen können mit Stolz den Historienmaler Benno Friedrich Törmer (1804–1859) unter ihre 3öglinge zählen. Er begann mit frucht stücken (1817), wandte sich aber, nachdem er 1819 die Industrieschule besucht hatte, feit 1820 auf der Kunstschule dem figurenzeichnen zu und bildete sich sodann unter Carl Vogel von Vogelstein zum tüchtigen Geschichtsmaler aus. Törmer brachte es später in Rom bis zum Professor und Legaten beim päpstlichen Stuhle. Sein Bild „Der Musikunterricht“ in der Dresdner Galerie ist ziemlich bekannt geworden; andere Werke seiner Hand erwarb in den Jahren 1832 bis 1836 der Sächsische Kunstverein.
Der Freimaurer Erziehungs-Anstalt gehörte als Kind der hervorragende Porträt und Jagdmaler Ferdinand von Rayski (1806–1890) an. In seinem dreizehnten Jahre schon (1819) tuschte er, unter Anleitung des Zeichenmeisters faber, in echt kindlicher Weise „zwey Cavalleristen“, die er wahrscheinlich früher in seines Daters Regiment beobachtet hatte; bereits im folgenden Jahre zeigte er sogar ein Ölgemälde, den „Kampf eines Ritters mit einem Araber", jedenfalls den Niederschlag einer durch Lektüre erregten Phantasie. Auch die Jahre 1821 und 1825 brachten Ölgemälde verschiedenen Genres von ihm, zum Teil Kopien nach Potter und Dernet. Diese hoffnungsvollen Anfänge hat Rayskis spätere Entwicklung nicht Lügen gestraft; Bilder von seiner Hand im Museum zu Leipzig, im Königlichen Jagdschloß Wermsdorf und im Besitze zahlreicher sächsischer Adelsfamilien beweiſen das zur Genüge.[2]
Wenig bekannt dürfte es sein, daß sogar die Neustädter Polizei Armenschule einen guten Landschafter hervorgebracht hat. Es war der Sohn des dortigen
- ↑ E. Resch (Rösch) ist am 31. Dezember 1807 in Meißen als der Sohn eines Leinewebers geboren. Er bildete sich nach Absolvierung der Meißner Zeichenschule seit 1824 auf der Kunst. schule und der Akademie zu Dresden aus. Dann lebte er als selbständiger Maler in Dresden und später in Breslau, wo er Professor ward und 1864 starb. Das Schlesische Museum der bildenden Künste in Breslau besitzt mehrere Arbeiten von ihm. Die Angaben im Katalog der Berliner Jahrhundert-Ausstellung und bei Woetmann (zu Nr. 2350) bedürfen nach Obigem der Berichtigung. Vgl. auch W. Loose in den Mitteilungen des Der. für Gesch. der Stadt Meißen“ 2. Bd. 2 Heft (1888) 5 279.
- ↑ Über Ferd. v. Rayski erscheint in den nächsten Wochen eine Monographie vom Verf. d. Z.
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 4 (1905 bis 1908). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1905 bis 1908, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Vierter_Band.pdf/108&oldid=- (Version vom 16.11.2024)