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Zezschwitz (später Kreishauptmann) nebst Gattin, geborene von Seidlitz, den Oberconsistorialpräsident Freiherrn von Ferber nebst Gattin, geborene von Broizem, den Kreishauptmann Grafen von Einsiedel (später Cabinetsminister), die Generalmajors von Thielmann und von Vieth. Bei Thielmann waren u. a. anwesend: Oberhofprediger Reinhard, Geheimer Assistenzrath Freiherr von Just (später Gesandter in London) und Professor Hartmann. Ueberall nahm er Huldigungen ein, – wie Dr. Volkmann in seiner Selbstbiographie sagt.

Dr. Johann Wilhelm Volkmann, geboren 10. Februar 1772, gest. 1. März 1856, war damals Stadtrichter zu Leipzig, aber in Dresden als landschaftliches Mitglied der zur Aufbringung der Kriegslasten errichteten Königlichen Landescommission amtlich thätig. Mit Goethe war er wahrscheinlich durch die beiderseitige Befreundung mit Professor von Kügelgen näher bekannt worden. Mit Oberhofprediger Reinhard hatte Goethe in Karlsbad Bekanntschaft angeknüpft. Ueber ihn spricht sich Goethe in den „Tag- und Jahresheften“ unterm Jahr 1807 mit höchster Anerkennung aus.

Beim Hofrath Peter Ludwig Heinrich von Block, – geb. 1764, 1798 Inspektor des Grünen Gewölbes, seit 1801 mit dem Titel Hofrath – nahm Goethe dessen kostbare Edelsteinsammlung in Augenschein. Die Mittel dazu hatte sich Block zum Theil auf verbrecherische Weise verschafft, indem er die ihm anvertraute Schatzkammer bestohlen hatte. Er kam 1816 deshalb in Untersuchung und wurde 1818 zu vier Jahren Zuchthaus verurtheilt. Der größte von ihm entwendete Diamant wurde seitens der Krone aus Holland zurückerworben unter Zahlung von 180 000 holländischen Gulden (etwa 310 000 Mark).

Nichts zu ermitteln war über eine Frau von Knox, die Goethe hier besuchte; mit dem Hofgärtner Seidel trat er auch 1810 wieder in Verbindung.

Zum letzten Male kam Goethe 1813 nach Dresden: vom 20. bis 23. oder 26. April und von Anfang August bis 10. dieses Monats. Von diesem zweimaligen Verweilen in Dresden ist vorläufig nicht viel zu berichten, da die von Goethe selbst ausgehenden ergiebigsten Quellen noch nicht veröffentlicht sind, und zwar die Tagebücher erst bis 1812, die Briefe gar nur bis 1795; die von 1813 haben wir gegen Ende dieses Jahrhunderts zu erwarten.

Im April 1813 fand sich der Hof- und Justizrath, nachmalige Geheime Finanzrath von Burgsdorff bewogen, Goethe, wegen Ueberfüllung der Stadt mit Einquartirung, Wohnung bei sich (jetzt Seestraße 6) anzubieten; denn er hoffte, – wie er dem Kabinetsminister Graf Senfft von Pilsach nach Wien meldete, – durch Goethe Näheres über die politische Lage zu erfahren, da das Haus Sachsen-Weimar mit dem russischen Hause verwandt war, also vertrauliche Mittheilungen vom Kaiser Alexander erhalten haben konnte. Goethe war freilich so streng verschwiegen, daß diese Hoffnung getäuscht werden mußte. Ganz besonders vermied damals Goethe politischen Verkehr und besuchte namentlich nicht den anwesenden preußischen Staatsminister Freiherrn von Stein; nur zufällig traf er bei Körners mit dem damals politisch thätigen Professor Arndt zusammen. Er verkehrte viel mit der Baronin Sarah von Grotthuß, geborene Meyer, aus Berlin gebürtig, den dortigen geistig regen Kreisen angehörig, mit der Goethe in langjährigem Briefwechsel stand.

Am 23. April unternahm Goethe einen Ausflug nach Tharandt, um dem Direktor und Gründer der Forstakademie, Cotta, einen Besuch abzustatten. Am 24. erfolgte der Einzug des Kaisers von Rußland und des Königs von Preußen in Dresden, und um diesen anzusehen, begab sich Goethe zu Kügelgen, der in Neustadt in dem als „Gottes Segen“ bekannten Hause auf der Hauptstraße wohnte. Ihn selbst fand er zwar nicht zu Hause, aber Frau von Kügelgen räumte ihm ein Fenster ein, an dem er sich einstweilen mit den Kügelgenschen Knaben unterhielt. Währenddem stürmte eine Dame ins Zimmer mit dem Rufe: „Ist Goethe hier?“ und stürzte auf diesen, als sie ihn erblickte, los, ohne sich um Jemand zu bekümmern. Goethe, von dieser Rücksichtslosigkeit unangenehm berührt, wies hierauf nur auf die Frau vom Hause mit der trockenen Bemerkung: „Hier ist Frau von Kügelgen!“ Wer diese Frau war, ist nicht festgestellt. Ich rieth zuerst auf Frau von Grotthuß, weil er diese Tags vorher hatte besuchen wollen, statt dessen aber nach Tharandt gefahren war und mir das Benehmen der Dame auf leidenschaftliche Erregung zu deuten schien. Der Herausgeber des Goethe-Jahrbuchs (VII.) hat widersprochen, aber aus nicht stichhaltigem Grunde. Der verstorbene Direktor des Hauptstaatsarchivs, Geheimer Rath von Weber, meinte, es sei Frau von Chézy gewesen, die aber meines Wissens 1813 nicht in Dresden war. Der dänische Philosoph Sibbern, der 1812 Goethe’s wegen nach Karlsbad gereist war, suchte ihn wieder im April 1813 in Dresden auf; er war einer der glühendsten Verehrer Goethe’s.

Auf der Galerie widmete Goethe sich damals eingehend den Gemälden Ruisdael’s und nahm von den drei, als „Der Wasserfall“, „Das Kloster“ und „Der Kirchhof“ bezeichneten Landschaften Anlaß, den schönen Aufsatz „Ruisdael als Dichter“ zu schreiben.

Während des Sommeraufenthaltes 1813 war die politische Lage eine höchst gespannte. Oesterreich hatte dem französischen Kaiser angeboten, zwischen ihm und den gegen ihn kriegenden Mächten Rußland und Preußen zu vermitteln,

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/46&oldid=- (Version vom 1.5.2024)