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in große Gefahr durch ein Seebeben, das durch einen Ausbruch des auch in neuerer Zeit berüchtigten Vulkans Cracatau erzeugt worden war.

Am Weihnachtstage landete die Gesellschaft an der Küste Sumatras. Olitzsch begab sich nach dem Innern der Insel und legte hier mit Hilfe der deutschen Bergleute und mehrerer hundert malaiischer Sklaven eine Anzahl Goldgruben an. Leider hatte er eine klimatisch wenig begünstigte Gegend erwählt, so daß unter den Ansiedlern bald ein heftiges Fieber ausbrach. Bereits im Mai 1682 erlag Olitzsch der Krankheit, nachdem er sein unmündiges Söhnlein dem treuen Hesse mit der Bitte übergeben hatte, sobald als möglich nach Deutschland zurückzukehren. Hesse trat auch nach einiger Zeit die Rückreise an und traf am 11. Dezember des folgenden Jahres wohlbehalten in Dresden ein.[WS 1]


5. Adam Schleißing.

Georg Adam Schleißing, ein Rechtspraktikant in Dresden, hatte nach seiner Studienzeit mehrere Jahre in Rußland und dessen asiatischen Besitzungen als Offizier gelebt und verfaßte nach seiner Heimkehr zwei geographisch-historische Werke [1], die nicht nur wegen ihres wissenschaftlichen Gehaltes, sondern auch wegen ihrer humorvollen, mit drastischen Redensarten gewürzten Sprache lesenswerth sind. Das erste dieser Bücher, gewöhnlich kurz als „Regimentsstab“ citirt, schildert zunächst die Jugend Peters des Großen, sowie das Leben seines schwachsinnigen Bruders Iwan und die Bemühungen seiner ränkevollen Schwester Sophie, sich selbst die Krone aufs Haupt zu setzen. Es entwirft eine ebenso wahrheitsgetreue als anschauliche Schilderung dieser merkwürdigen Personen. Peter wird als ein schöngestalteter, kräftiger, lernbegieriger und den Deutschen über die Maßen zugethaner Herr beschrieben. Iwan dagegen als ein häßlicher, doch frommer Schwachkopf und Sophie als eine ungemein kluge und herrschsüchtige Person. Weiterhin kommt Schleißing auf die Hofhaltung der Großfürsten, auf ihre Einkünfte und auf die Verwaltung des Reiches zu sprechen. Dann giebt er eine mit allerhand Anekdoten ausgeschmückte Schilderung der Stadt Moskau und des Kreml. „Moskau ist eine sehr weitläufig angelegte Stadt, einer kleinen Welt vergleichbar, von außen prächtig anzusehen, inwendig aber höchst jämmerlich.“ Sie besteht in der Hauptsache aus hölzernen Häusern, „weshalb der rothe Hahn öfters darinnen gar grausam krähet.“ Das wesentliche Merkmal der Bewohner ist ihre unüberwindliche Neigung zur Trunksucht. „Dem Russen ist sein Saufen lieber als sein Leben.“ Diesem nationalen Laster sind selbst die Geistlichen ergeben. „Die Popen sind leichtfertige versoffene Buben und Idioten, die in den Tag hinein leben wie das dumme Vieh.“ Auch sonst sind an den Russen wenig gute Eigenschaften zu rühmen. „Wenn ich alle Laster der Welt vollkommen abmalen sollte, könnte ich sie nicht besser als in dieser Nation abbilden und gleichsam als in einem klaren Spiegel vor Augen stellen.“ Nach Schleißings Meinung stehen sie überhaupt geistig wenig höher als das „dumme Rindvieh“. Kunst und Wissenschaft halten sie für Zauberei und Teufelswerk, aber in Schachern, Wuchern, Betrügen und Uebervortheilen und dergleichen Griffen sind sie noch über die Jüden.“ Nachdem unser Autor Sitten und Lebensweise der Russen eingehend geschildert hat, geht er zu einer Beschreibung des Landes über, dessen reiche Bewässerung und außerordentliche Fruchtbarkeit rühmend hervorgehoben werden. Zum Schluß folgen vermischte Nachrichten über die zahlreichen Deutschen in Rußland, die unter dem Schutze und zum Theil im Dienste des Zaren als Gelehrte, Künstler, Offiziere, Kaufleute und Handwerker lebten.

Auch das andere Werk Schleißings, sein „Neuentdecktes Sibirien“, dem eine schlechte Karte und einige unbedeutende Kupfer beigegeben sind, gehört zu den lesenswerthen unter den zahlreichen Reisebeschreibungen des 17. Jahrhunderts. Es ist zwar nicht frei von Irrthümern, doch auf Grund eigener Augenzeugenschaft verfaßt. Interessant sind namentlich die Berichte über das Leben der russischen Ansiedler und der umherschweifenden eingeborenen Jäger und Fischer. Unter diesen Leuten traf Schleißing unerwartet einen Landsmann aus Dresden, Christian Trobusch, der vom Großfürsten zur Aufsuchung von Bergwerken ins Land geschickt worden war. Nachdem unser Autor eine übersichtliche Beschreibung des ganzen Landes und seiner Bewohner gegeben hat, geht er zu einer Erzählung seiner eigenen Reiseerlebnisse über. Er zog von Moskau


  1. 1. Derer Beyden Czaaren in Reußland Iwan und Peter Alexewiz, nebst dero Schwester der Princeßin Sophia, Bißhero Dreyfach-geführter Regiments-Stab, und was darauff erfolget ist, nebst dem ietzigem Zustande in Reußland und allerhand Curieusen Sachen, so sich bißhero darinnen zugetragen, auch denen sich darinnen auffhaltenden Teutschen. Worbey Eine kurze Beschreibung des wilden und zuvor unbewohnten Sieweria, durch und durch mit Kupfferstücken gezieret und wolmeinend herausgegeben von Georg Adam Schleißing, in Czaarischen Diensten gewesenen Capitaine-Lieutenant. Von dieser Schrift erschienen folgende, jedesmal im Titel veränderte Auflagen: Hamburg 1688. 16. – Zittau 1688. 16. – Jena 1690. 16. – Zittau 1693. 16. – O. O. u. J. (1694). 16. 2. Neu-entdecktes Sieveria, Worinnen die Zobeln gefangen werden, wie es anietzo angebauet und bewohnet ist, Nebst desselbigen Landes Gräntzen, sowohl biß an Kithaiskia, Königreich China und die gantze Asiatische Tartarey, als auch Samojedia und Nova Zembla. Jena 1690. 16. Zittau 1693. 16. Beigegeben sind dem Werke eine Karte von Sibirien und mehrere Kupferstiche.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Siehe auch: Elias Hesse
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/290&oldid=- (Version vom 11.5.2024)