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Geschwader segelte zunächst nach Rhodus. Hier ließ sich unser Berichterstatter von den griechischen Einwohnern die bekannte Geschichte vom Kampf mit dem Drachen erzählen und sah mit Verwunderung den Kopf der Schlange über dem Stadtthore angenagelt. Nach einigen Ruhetagen begab sich die Flotte nach Malta. In der Nähe dieser Insel kam es zu einem Seegefecht mit Malteser Galeeren, das für die Türken glücklich verlief und mit der Eroberung einiger feindlicher Schiffe endigte. Dann ging die Fahrt weiter bis in die Gegend von Gibraltar. Hier stellte sich den Türken eine spanische Flotte entgegen, die ebenfalls nach dem Verlust einiger Schiffe das Weite suchen mußte. Nach diesen Erfolgen hielten die Türken den Feldzug für beendigt und begaben sich in den Hafen von Alexandria, das beinahe einem Trümmerhaufen glich. Nachdem Schmidt als Begleiter und Diener einiger vornehmer Herren Kairo besucht hatte, kehrte er nach Konstantinopel zurück und verbrachte den Winter in dem kaiserlichen Gefängnisse zu Galata. Im Frühjahr 1607 wurde abermals eine Flotte gegen die Spanier und Malteser ausgerüstet. Schmidt mußte mit 800 anderen gefangenen Christen auf dem Admiralschiffe als Ruderknecht dienen. Eines Tages wäre das gewaltige Fahrzeug durch seine Schuld beinahe in die Luft geflogen, da er sich fahrlässiger Weise mit einem offenen Lichte nach der Pulverkammer begeben hatte. Als Strafe seines Leichtsinns empfing er 100 Streiche auf die Fußsohlen, die ihn dermaßen schmerzten, daß er drei Tage lang weder stehen, gehen noch sitzen konnte. Bald darauf nahm die Flotte den vereinigten Spaniern und Maltesern in einer Seeschlacht 10 Schiffe weg und fuhr dann wiederum nach Alexandrien, von wo aus sie siegesfroh nach Konstantinopel zurückkehrte. „Diese Reise war den Türken glücklich, uns armen Gefangenen aber wegen harter Arbeit und vielfältiger dabei erlittener Streiche sehr beschwerlich und trübselig gewesen.“ Auch in den folgenden drei Jahren wurde Schmidt während des Sommers als Ruderknecht auf kaiserlichen Schiffen verwendet, während er den Winter im Gefängniß zu Galata zubrachte. Hier mußte er Steine tragen und andere schwere Arbeiten verrichten. Doch durfte er in den Freistunden unter Aufsicht eines Janitscharen in der Stadt umhergehen und betteln. Im Jahre 1610 gelang es ihm endlich zu entfliehen. Als während des Beiramfestes die Gefängnißwächter betrunken waren, brach er mit 20 christlichen Genossen aus, verließ unerkannt die Stadt und gelangte bis in die Gegend von Adrianopel. Hier wurden die Flüchtlinge von ausgeschickten Reitern eingeholt, nach kurzer Gegenwehr gefangen und in einen festen Thurm gesperrt. Nach drei Tagen sollten sie gespießt werden. Aber in der Nacht vor der Hinrichtung erbarmte sich ihrer der Kerkermeister, der ein geborener Ungar war. Er versah seine Gefangenen mit Waffen und entfloh mit ihnen in den Wald. Hier lauerten sie allen vorüberziehenden Türken auf, tödteten sie und nahmen ihnen die Pferde und das Gepäck. Nachdem sie reiche Beute gewonnen hatten, eilten sie in starken Nachtmärschen durch Bulgarien und die Walachei nach Siebenbürgen. In Kronstadt wurden sie vom Rathe freundlich aufgenommen und mit einer für sie gesammelten Kirchenkollekte beschenkt. Dann reisten sie auf großen Umwegen durch das nördliche Ungarn bis nach Komorn. Hier traf Schmidt noch viele von seinen ehemaligen Genossen. Im Juli 1611 kam er wohlbehalten in seiner Vaterstadt Dresden an.


3. Georg Meister.

Meister, dessen Geburtsort unbekannt ist, erlernte in Sachsen die Gärtnerei, begab sich dann, um sich in seiner Kunst weiter auszubilden, auf Reisen, durchzog beinahe ganz Europa, hielt sich seit 1677 zwölf Jahre lang im holländischen Indien und in Japan auf und kehrte 1689 nach Sachsen zurück. Er fand in Dresden Anstellung als kurfürstlicher Kunst- und Lustgärtner, hatte also auch vermuthlich die Verwaltung des jetzigen Großen Gartens und benutzte die Muße, die ihm dieses Amt ließ, zur Abfassung einer Reisebeschreibung, die mit trefflichen Kupfern des heute vergessenen Dresdner Künstlers M. Bodenehr geziert ist und sich solcher Beliebtheit erfreute, daß sie die ungewöhnliche Zahl von sechs Auflagen erlebte[1]. Das Werk war zu seiner Zeit wichtig wegen der in ihm enthaltenen Nachrichten über die Flora Hinterindiens und Japans. Heute ist es höchstens noch wegen der Abbildungen brauchbar, welche die merkwürdigsten Nutzgewächse jener Gegenden in meist lebenswahrer Darstellung zeigen. Ueber die Reiseerlebnisse Meisters berichtet das Buch folgendes:

Im Frühjahr 1677 trat er zu Amsterdam in den Dienst der holländisch-ostindischen Kompagnie und fuhr auf dem gewöhnlichen Seewege zunächst nach dem Kap der guten Hoffnung. Hier beobachtete er mit Erstaunen


  1. )Der Orientalisch-Indianische Kunst- und Lustgärtner, das ist: Eine aufrichtige Beschreibung derer meisten Indianischen, als auf Java major, Malacca und Jappon wachsenden Gewürtz-, Frucht- und Blumen-Bäume, wie auch anderer raren Blumen, Kräuter und Stauden-Gewächse, sampt ihren Saamen, nebst umbständigen Bericht deroselben Indianischen Nahmen, so wol ihrer in der Medicin als Oeconomie und im gemeinen Leben mit sich führendem Gebrauch und Nutzen, wie auch noch andere denckwürdige Anmerkungen, was bey des Autoris zweymahliger Reise nach Jappon, von Java Major, oder Batavia, längst derer Cüsten Sina, Siam und rückwerts über Malacca, daselbsten gesehen und fleißig observieret worden. Dresden 1692. 4. 1699. 4. 1710. 4. Leipzig 1713. 4. 1730. 4. 1731. 4. Das Buch ist von seinem Verfasser dem Kurfürsten Johann Georg IV. gewidmet.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/288&oldid=- (Version vom 11.5.2024)