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Gueinzio ... publice sugendum propinat Gothofredus Nitzschman, Dresda-Misnicus, Halle 1650, 3 Bogen in 4o[1] gedient. Was der berüchtigte Fabulist Lorenz Peckenstein († um 1618) in seinem Theatrum Saxonicum (Theil III, Jehna 1608, S. 6–14) über Dresden bringt, ist nur deswegen an dieser Stelle zu erwähnen, weil seine kritiklosen Erzählungen von den Späteren vielfach gläubig nachgeschrieben worden sind. Sorgfältiger ist die Topographie Dresdens behandelt in einer mit gelehrten Citaten gespickten Rede, welche Tobias Simon (Rektor der Kreuzschule seit 1591, † 1624) im Jahre 1622 in Gegenwart von Mitgliedern des Raths in der Schule gehalten und darauf im Druck veröffentlicht hat[2]: sie zerfällt in folgende Hauptabschnitte: De situ Dresdae; De nominis origine; De antiquitate; De conditoribus; De ducibus et gubernatoribus; De forma urbis & ejusdem munitoribus; De portis; De aedificiis praecipuis; De Albi fluvio; De Albula (Weißeritz); De civibus et incolis (mit den Unterabtheilungen: De forma politiae und De ecclesia et religione). Die benutzten Quellen sind nirgends angegeben. Vermuthlich hat die Schrift der Schürer’schen Beschreibung von Dresden (vgl. weiter unten), in welcher sie auch an einer Stelle citirt wird, als Vorbild gedient; auch Weck hat sie mehrfach benutzt.

Während die soeben aufgeführten Arbeiten, zu welchen wir noch die dürftigen, den Zeitraum von 806 bis 1660 umfassenden Dresdner Annalen des Notars Heinrich Spilner[3] hinzuzufügen haben, keinen oder nur geringen historischen Werth aufzuweisen haben, besitzen wir eine wichtige, noch wenig bekannte und ausgebeutete Originalquelle in der „Chronik des Raths, der Stadt und anderer Begebenheiten 1623-1700“, wie der Titel auf dem Rücken des Einbandes lautet, welche sich handschriftlich im Rathsarchiv unter der Signatur C. XV.23n in einem starken, 247 beschriebene paginirte und eine größere Zahl leerer Blätter ohne Seitenzählung enthaltenden Folianten in Schweinsleder befindet. Es sind größtentheils gleichzeitig niedergeschriebene, die Jahre 1621-1701 umfassende ausführliche annalistische Aufzeichnungen über allerhand merkwürdige Vorfälle in und außerhalb der Stadt: Mittheilungen über Vorgänge im Rath und am kurfürstlichen Hofe, über kirchliche Verhältnisse, Naturereignisse, damals geführte Kriege (besonders bemerkenswerth ist ein ausführlicher Bericht über den Türkenkrieg von 1683) und dergleichen gehen bunt durcheinander, oft ohne chronologische Ordnung, da man die einzelnen Nachrichten häufig da eintrug, wo man gerade Platz fand. Der eigentliche Anfang ist Blatt 6, wie die Ueberschrift: In nomine sacrosanctae et individuae trinitatis, zeigt; Blatt 1–5, auf welchen ebenfalls Notizen über die Jahre 1621-1700 stehen, sind erst später beschrieben, also ursprünglich frei gelassen worden. Der Ursprung des Buches ist jedenfalls im Rathe selbst zu suchen: dies geht daraus hervor, daß ein großer Theil der Eintragungen nachweislich von Rathsmitgliedern (darunter auch der bekannte Bürgermeister Tzschimmer) selbst herrührt. Auf dem ersten Blatt des Bandes stehen lateinische Verse, welche befagen, daß Schumann im Jahre 1675 diesem Buche die jetzt vorliegende Form gegeben habe, zur Belehrung und Unterrichtung für später lebende Rathsmitglieder. Gemeint ist Johann Christian Schumann, welcher 1671 zum ersten Male im Rathe erscheint, 1696, 1699, 1702 und 1705 regierender Bürgermeister war und 1705 gestorben ist[4]. Worin diese Thätigkeit Schumanns bestanden hat, ist nicht mit Sicherheit festzustellen. Der gegenwärtig vorliegende mit dem Rathswappen versehene Einband, der oben angegebene Titel, die Paginirung und das vorgebundene alphabetische Sachregister über das Ganze stammen offenbar erst aus dem 18. Jahrhundert. Jedenfalls haben wir es hier mit einem ersten Versuch offizieller städtischer Annalistik zu thun, wozu der Vorgang anderer Städte den Anlaß gegeben haben mag, freilich eben nur ein Versuch, da ein einheitlicher Plan gänzlich zu vermissen ist und Jeder nur das eintrug, was gerade seinen persönlichen Interessen entsprach. Eine Weiterführung ist daher auch, obwohl ursprünglich vorgesehen, unterblieben.

Wir haben bereits oben bei der Besprechung der Schrift des Rektors Tobias Simon der Beschreibung Dresdens von David Otto Schürer gedacht, der hervorragendsten Leistung des 17. Jahrhunderts auf dem Gebiete der topographischen Ortsgeschichte nächst Wecks bekannter Arbeit. Wir können uns über dieselbe hier kürzer fassen, da bereits Gautsch im Dresdner Anzeiger, Jahrgang 1879, Nr. 35 und 39, ausführlicher darüber gehandelt hat. Ueber das Leben Schürers sind wir nur mangelhaft unterrichtet; wir wissen bloß, daß er im Jahre 1598 in Leipzig Jura studirte


  1. Königl. öffentl. Bibliothek H. Sax. G. 109 misc. 2.
  2. Oratio de Dresda, urbe Misniae munitissima, et ob aulam illustriss. et potenties. electorum et ducum Sax. celebratissima. Dresdae, typis Gimalis Bergen 1622, 5 Bogen 4o (Königl. Bibliothek H. Sax. G. 99, 6); vgl. über sie auch Hasche, Beschreibung Dresdens I, S. XXI Anm.
  3. Ursprung Alten Dreßden, auch ietziger Churfl. Sächs. Residentz und Haupt-Festung Neuen Dreßden u. s. w. anonym erschienen Dreßden bei Seyfert, 1661 und seitdem öfter aufgelegt.
  4. Ueber ihn vgl. auch Jöchers Gelehrten-Lexicon IV, 387. Er veröffentlichte anonym zu Pirna bei Georg Balthasar Ludwig 1704 und 1705 unter dem Titel: Calendarium saeculare Dresdanum succinctum, oder: gantz kurtzer ... Bericht / was man in hundert Jahren ... bey der ... Stadt Dresden Merckwürdiges beobachtet etc. (Königl. Bibliothek H. Sax. G. 613. 614), dürftige Dresdner Annalen, welche von 1601-1704 reichen.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/284&oldid=- (Version vom 9.5.2024)