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das Können vielfach hinter dem Wollen zurückgeblieben; auch er hat sich von der damals beliebten Methode, die Anfänge der vaterländischen Geschichte in möglichst frühe Zeit hinaufzusetzen, nicht frei machen können[1]. Wie nicht anders zu erwarten, ist die innere Geschichte fast gar nicht berücksichtigt; es überwiegen auch hier die oben charakterisirten äußerlichen Momente. Besonders ausführlich sind seit dem 16. Jahrhundert – und dieser letzte Theil ist für uns allein noch von Werth, da für die frühere Zeit uns noch heute im Wesentlichen dasselbe Quellenmaterial zur Verfügung steht – die Vorgänge am kurfürstlichen Hofe, als Taufen, Hochzeiten, Begräbnißfeierlichkeiten, Festlichkeiten bei Gelegenheit fremder fürstlicher Besuche, behandelt, wie dies ja auch bei einem Hofbeamten begreiflich ist. Weck scheint diese Mittheilungen ausgiebig benutzt zu haben. Offenbar haben Albinus hierfür – soweit er nicht aus eigener Kenntniß mittheilt – beachtenswerthe Quellen vorgelegen, die gegenwärtig nicht mehr vorhanden sind. Zum Jahre 1524 citirt er bei der ausführlichen Erzählung von der Hochzeit des Markgrafen Joachim von Brandenburg mit der Tochter Herzog Georgs von Sachsen als Gewährsmann Wilhelm Hirschvogell, von dem wir sonst nichts wissen, als daß er eine (verloren gegangene) Chronik der Stadt Freiberg geschrieben hat und Anfang des 16. Jahrhunderts dort als Rathsherr lebte[2]. Ferner sind zu den Jahren 1534, 1537 und 1538 auf besonderen Blättern Aufzeichnungen des Unterstadtschreibers Ambrosius Weiß (seit 1534 im Amt, gestorben 6. Nov. 1550, vgl. Richter a. a. O. 130 Anm. 3), welche Vorgänge am kurfürstlichen Hofe betreffen, beigegeben. Dagegen dürfen wir den Verlust der „Hauß-Chronica“ eines Dresdner Kannegießers Georg Streckfuß, aus welcher dürftige Excerpte in Abschrift über die Jahre 1577-1582 dem Manuskript der zweiten Redaktion der Albinus’schen Chronik angefügt sind, wohl kaum bedauern. Nichts Näheres wissen wir über die ebenfalls verloren gegangene handschriftliche Dresdner Chronik Michael Bapsts aus Rochlitz, der 1571–1603 Pastor in Mohorn bei Tharandt war und von dem mehrere Werke theologischen, astrologischen, medizinischen und historischen Inhalts gedruckt sind[3], sie wurde schon im Jahre 1703 vermißt (Nova literaria Germaniae vom Jahre 1703, S. 138).

Als letztes in diesem Zusammenhang zu erwähnende Werk aus dem 16. Jahrhundert sei hier genannt der „Lobspruch der löblichen vnd weitberümbten Churfürstlichen Stad Dreßden. Zu Ehren vnd wolgefallen den .... Herrn Bürgermeistern vnd Rathmannen allhier .... gestellet vnd beschrieben reimsweise durch Daniel Wintzenberger, gewesener Postbereyter und Bürger allhier. Im 1591. Jar den 16. Octobris“; eine (wohl mit der Grundsteinlegung des Gewandhauses [30. August 1591] in Beziehung stehende) Gelegenheitsschrift, die hauptsächlich nur deswegen heute noch ein besonderes Interesse beansprucht, weil sie, wie auch Hasche (Dipl. Geschichte Dresdens III, 25 Anm. 3) bemerkt, unsere älteste Topographie ist[4]. Ueber die Persönlichkeit des Verfassers ist wenig mehr bekannt, als was sich aus dem obigen Titel ergiebt; er hat sich einen Namen gemacht vornehmlich durch die Herausgabe zweier Verzeichnisse der Postrouten von Dresden (1577) und von Leipzig (1595) aus, welche für die Feststellung der damaligen Poststraßen von Werth sind. Der Originaldruck des „Lobspruchs“, 3 1/2 Bogen stark in 4o mit Holzschnitten, scheint gänzlich verloren zu sein; Weinart hat in seiner Topographischen Geschichte S. 29 ff. das Ganze neu abgedruckt und so vor der Vergessenheit bewahrt.

Aehnlichen Charakters werden die nachgenannten, bereits dem siebzehnten Jahrhundert, zu dem wir nunmehr übergehen, angehörenden Schriften gewesen sein: Andreas Worms’ Dresdnischer Lorbeerzweig, in Versen, gedruckt 1609; Johann Caspar Herrmanns Encomium Dresdae 1662 sub discessu in Porta decantatum, Manuskr.; Christ. Heinr. von Bomsdorfs Panegyricus de Dresda, gedruckt 1670; Ad. Stolzens Sehnswürdiges Dresden, gedruckt 1678; dieselben sind sämmtlich spurlos verloren und nur aus den Anführungen Weinarts[5] a. a. O. bekannt. Die Geschichte Dresdens, welche der bekannte kursächsische Historiograph und Leipziger Geschichtsprofessor Matthäus Dresser († 1607) dem (zuerst 1606 in lateinischer, 1607 auch in deutscher Sprache) erschienenen fünften Theile seiner Isagoge historica eingefügt hat, ist im Wesentlichen nur ein Auszug aus der Chronik des Albinus und hat wiederum als Hauptquelle für die kurze Beschreibung unserer Stadt in einer lateinischen Disputation Gottfried Nitzschmans (Mastum generalem Misniae specialem Dresdae....praeside Christiano


  1. In seinen Aufzeichnungen über die Geschichte von Zwickau folgt er gläubig den Fälschungen des berüchtigten Erasmus Stella.
  2. tt>Cod. dipl. Sax. II, 12, S. XIII.
  3. Ueber Bapst als Mediziner handeln ausführlich Schubert und Sudhoff im Neuen Archiv für sächs. Geschichte XI, 77 ff.
  4. Nichts Näheres war zu ermitteln über eine noch ältere topographische Schrift über Dresden, betitelt: „Kurze anzeigung etzlicher fürnehmer Gebende und orter diser Stadt Dresden nach der perspectiff abgerissen durch F. B. O. P. Dresden 1583 bey Gimmel Berg“, aus welcher in dem aus Wecks Nachlaß stammenden Manuskript der Königl. öffentl. Bibliothek cl. 78, Bl. 16 ein ganz kurzer Extrakt gegeben ist.
  5. Auch Weinart scheint sie nur dem Namen nach zu kennen, da er bei diesen keine Bogenzahl angiebt, was er bei den gedruckten Werken, die ihm wirklich vorgelegen haben, sonst immer zu thun pflegt.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/283&oldid=- (Version vom 9.5.2024)