Seite:Dresdner Geschichtsblätter Erster Band.pdf/257

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

wurde in Folge dessen vom Geheinen Kabinet verfügt, daß die zu erwerbenden Plätze blos zu Feld und Gartenland benutzt, aber nicht mit Wohnhäusern bebaut werden, sondern nur die nöthigen Schuppen und Wirthschaftsgebäude aufzuführen gestattet sein solle, die Anbringung steinerner Vermachungen solle indessen erlaubt sein[1]. Diese Verordnung ist in der Folge nicht eingehalten worden, da viele Wohnhäuser ohne vorher eingeholte Erlaubniß erbaut, deren Erbauung nachträglich aber genehmigt, bei den meisten jedoch die Konzession in jedem einzelnen Falle ertheilt wurde, doch kamen auch, und zwar noch in den ersten Jahren unseres Jahrhunderts, einige Fälle vor, wo man die Errichtung von Häusern nicht gestattete[2]. Bei den in der Nähe des Prießnitzbaches zu vererbenden Grundstücken wurde anfangs auf den Wildwechsel Rücksicht genommen und bestimmt, daß 100 Schritte von der Prießnitz ab der Sand frei und offen bleiben solle[3].

Waren die früheren Ansiedler, namentlich bis zum Jahre 1739, meist Leute gewesen, welche Gärten angelegt und einzelne Häuser errichtet hatten, so begann in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts auch die Errichtung größerer gewerblicher Etablissements. So errichtete der Kaufmann Gottfried Heinrich Hann im Jahre 1765 auf seinem an der Elbe neben dem Lazareth gelegenen Grundstücke eine Potasch-Siederei[4], 1770 wurde dem Landkammerrath Johann Friedrich von Posern die Konzession zu Anlegung einer Eisengießerei ertheilt, welche besonders dazu bestimmt war, dem Zeughause die nöthigen Kugeln und Hohlgeschosse zu liefern. Dieselbe wurde in der Gegend zwischen dem Schillerschlößchen und dem Lincke’schen Bade errichtet und mußte bei Anlegung des die jetzige Schillerstraße bildenden Theiles der Bautzner Chaussee beseitigt werden, da letztere über das Areal der Eisengießerei hinweggeführt wurde[5]. Ferner verlegte der Geheime Rath Peter Nicolaus von Gartenberg, der auf der Neuegasse in Altstadt eine Alaunflußsiederei angelegt hatte, dieselbe im Jahre 1765 in die Gegend der Alaunstraße und zwar an die linke Seite des äußeren Endes derselben. Die Gebäude dieser Flußsiederei waren ziemlich primitiv und bestanden nur aus zwei Häusern, deren eines von Holz war[6]. In den Jahren 1795-1796 errichtete der Kaufmann Friedrich Karl Emanuel Treitschke auf einem jenseits der Prießnitz dem Lincke’schen Bade gegenüberliegenden Platze eine Cichorienfabrik: die heutige Roßnersche Dampfmühle[7].

Eine Schule gab es auf dem Neuen Anbau bis zum Jahre 1777 nicht. In diesem Jahre errichtete der Oberkonsistorialrath Dr. Rädler zunächst in dem zu seinem Grundstücke gehörigen Gartenhause eine solche; sie bestand bis zum Jahre 1789, wo er, theils aus eigenen Mitteln, theils durch milde Beiträge unterstützt, ein Grundstück in der Badegasse (jetzt Louisenstraße 59) erwarb und darin eine Volks- und Industrieschule, sowie eine Waisenanstalt errichtete. Die Anstalt wurde am 21. Juli 1789 eröffnet. Die Schule bestand aus zwei Klassen, in deren jeder sich im Jahre 1794 gegen 100 Kinder befanden. Die Arbeitsschule enthielt drei Klassen, nämlich eine Flachsspinnerei-, eine Schafwollspinnerei- und eine Strick- und Nähklasse. Die Schulstunden waren von vormittags 8–11 Uhr für alle Kinder, während für diejenigen, welche Schulgeld bezahlten, sowie für Kinder, welche zur Arbeit noch nicht fähig waren, auch nachmittags von 1–3 Uhr Schule gehalten wurde; die übrigen wurden von 1–6 Uhr in der Arbeitsschule beschäftigt. In die Waisenanstalt konnten nur zwölf Kinder aufgenommen werden. Durch Reskript vom 20. Juli 1796 wurde der Polizei-Kommission die Aufsicht über das Institut übertragen, den Oberkonsistorialrath Rädler jedoch die spezielle Aufsicht bis zu seinem am 19. August 1801 erfolgten Tode belassen. Die Oberaufsicht über das eigentliche Schulwesen führte das Oberkonsistorium[8]. Im Jahre 1823 wurde die Anstalt durch den Anbau eines Seitengebäudes erweitert und die frühere Friedrichstädter Waisenanstalt damit vereinigt. Aus der Schule entstand später die 4. Armenschule[9], das Waisenhaus aber wurde 1849 aufgehoben und seine Zöglinge, 48 an der Zahl, siedelten in das Stadtwaisenhaus über[10].

Eine zweite Schule wurde in Folge der Neide’schen Stiftung errichtet. Der kurfürstliche Leibmedicus Neide hatte in seinem 1751 errichteten Testamente angeordnet, daß in seinem an der Elbe (jetzt Wasserstraße) neben dem Lazareth gelegenen Grundstücke eine Schule für die Kinder der auf dem Sande wohnenden Glieder der böhmischen Gemeinde errichtet werden sollte, sowie daß in diesem Hause diejenigen alten unvermögenden Mannes- und Weibspersonen, denen die Ihrigen Pflege nicht angedeihen lassen könnten, möchten dieselben nun vom Sande oder aus anderen Theilen der böhmischen Gemeinde stammen, aufgenommen und verpflegt werden

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 246. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/257&oldid=- (Version vom 9.5.2024)
  1. Rep. XLIII. Dresden 227 a. Bl. 26 flg., 40 flg.
  2. ibid. Bl. 142. Rep. XLIII. Dresden 227b. Bl. 28 flg. 95, 106, 108, 116 flg., 120, 124, 130, 138, 138b, 155, 158, 170, 172, 97, 164.
  3. Rep. XLIII. Dresden 141. Bl. 15.
  4. Rep. XXXII. Dresden 118.
  5. Rep. XXXII. Dresden 293.
  6. Rep. IX. Sect. I. Nr. 2876. Rep. XLIII. Dresden 227a. Bl. 82 flg.
  7. Rep. XXXII. Dresden 124.
  8. Acta, das neue Schul-, Industrie- und Waisen-Institut auf dem Neuen Anbau etc. 1794. Loc. 4633.
  9. Gehe, die Unterrichts- u. Erziehungsanstalten. S. 240, 241.
  10. Richter, Blicke in die Vergangenheit des Waisenhauses. S.9.