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sich zwar immer mehr Personen fänden, welche bereit wären, die vor Neustadt befindliche wüste und unfruchtbare Gegend des Sandes anzubauen, sowie Gebäude aufzuführen, da jedoch denselben keine Garantie geleistet werden könne, daß sie entschädigt werden sollten, wenn die Festungswerke weiter ausgedehnt würden, und sie ihre Gebäude unentgeltlich wieder abtragen müßten, auch ihre Grundstücke nicht veräußern und daher kein rechtes Haus erbauen könnten, so gestatte er sich anzufragen, ob Se. Majestät noch gesonnen sei, die Neustädter Festungswerke völlig auszuführen oder die Fortifikation gänzlich erliegen zu lassen. Sollte ersteres der Fall sein, so würde Niemandem mehr zu gestatten sein, sich auf dem Sande anzubauen, in letzterem Falle jedoch würde der Anbau mit größerem Eifer als bisher gefördert werden und die ganze Gegend um Neustadt mit viel größerem Erfolg als zu Friedrichstadt, obwohl der Boden dort besser sei, bebaut werden können, zumal die Nähe des Waldes und des Elbstroms die Sache sehr erleichtere und der starke Verkehr der über die Gegend führenden Landstraßen den Anbauenden große Vortheile böte. Zugleich überreichte er drei Pläne, welche die Civil- und Militärbau-Kommission für letzteren Fall entworfen hatte. In denselben war darauf Bedacht genommen, daß die Hauptstraße nach Polen, die jetzige Bautzner Straße, sehr breit angelegt werde und die anzulegende Vorstadt mit den Scheunenhöfen Zusammenhang erhalte, damit das Ganze nach seiner Vollendung eine einzige Vorstadt bilde. Der neue Stadttheil sollte alsdann eine gemeinschaftliche Kirche und einen Marktplatz erhalten[1], ein Plan, welcher jedoch nicht zur Ausführung gelangt ist. Wahrscheinlich hat man sich nicht gleich zu entschließen vermocht, die geplante Erweiterung der Neustädter Festungswerke aufzugeben, da bald darauf (1742) der erste schlesische Krieg begann, doch erstattete Rutowski bei Gelegenheit einiger weiteren Vererbungsgesuche unterm 12. Dezember 1743 wiederum Vortrag in der Sache, worauf am 12. Januar 1744 ein Reskript erging, welches erklärt, daß die beabsichtigten Fortifikationen nicht ausgeführt und den Anbauenden alle möglichen Erleichterungen zu Theil werden sollten. Rutowski reichte hierauf unterm 4. März 1744 einen neuen Plan ein, nach welchem die Straßen durchgehends 40 Ellen breit, sowie ein Marktplatz 370 Ellen lang und 250 Ellen breit etwa in der Gegend zwischen der jetzigen Alaunstraße und der Martin-Lutherstraße angelegt werden sollte; auch eine Kirche, ein Kirchhof und eine Priesterwohnung sind vorgesehen. Im übrigen sollte das Baureglement für die Vorstädte vom 19. Juli 1736 gelten, die Bauenden aber sollten vollkommene Freiheit haben, von Holz oder von Stein zu bauen. Der Plan wurde durch Reskript vom 28. März 1744 approbirt, ist aber hinsichtlich der Straßenbreite, des Marktes, der Kirche und des Kirchhofes ebenfalls nicht zur Ausführung gekommen[2]. In Folge der gewährten Erleichterungen und der größeren Sicherheit, die Grundstücke nicht etwa zu Festungszwecken wieder zu verlieren, ging es mit der Bebauung von nun an bedeutend schneller vorwärts, wie sich denn vom Jahre 1745 an zahlreiche Gesuche um Ueberlassung von Bauplätzen finden. In einem Hausbesitzer-Verzeichnisse von 1758 werden bereits 49 Besitzer und zwar 20 unter Raths- und 29 unter Amtsjurisdiktion aufgeführt.

Vom schwarzen Thore ausgehend befand sich in der Richtung der heutigen Georgenstraße und des nach der Elbe zu gelegenen Theiles der Glacisstraße, ziemlich an der Stelle dieser beiden Straßen, der sogenannte Fürstenweg. Das an der nordöstlichen Seite dieses Fürstenwegs gelegene Terrain wurde im Jahre 1744, mit Ausnahme zweier kleinen Stücke, in der ganzen Länge der heutigen Glacisstraße an den Bader zu Neustadt, Elias Bauriedel (dieser erhielt die Ecke an der Bautzner Straße), den Gärtner Bartholomäus Pablick (dieser erhielt das in der Mitte gelegene Stück) und den Equipage-Kommissar Zinckernagel (letzterer erhielt das Eckgrundstück an der Wasserstraße) vererbt, womit die Bebauung der rechten Seite der Glacisstraße begann. Die ursprünglich sehr umfänglichen Grundstücke wurden, namentlich das Pablick’sche, bald darauf zertheilt, an verschiedene Personen weiterverkauft und bebaut[3]. Die Bebauung des an der linken Seite der Holzhofgasse gelegenen Areals begann im Jahre 1746. Bald darauf, im Jahre 1749, entstand das Gasthaus zum goldenen Löwen, zuerst nur Schanklokal, von 1778 an Gasthof[4]. An der Königsbrücker Straße befanden sich bis zum Jahre 1750 außer der obenerwähnten Sandschänke keinerlei bauliche Anlagen oder Gärten, doch wurde im nämlichen Jahre dem Gräflich Brühl’schen Kammerdiener Simon Wilhelm Haller ein langgestreckter Platz vererbt, auf welchem er 1756 einen Gasthof erbaute und demselben den Namen „Zum schönen Brunnen“ beilegte. Im Volksmunde nannte man das Grundstück schlechthin „Kammerdieners“, eine Bezeichnung, unter der es bekannter ist, als unter seinem eigentlichen Namen und die sich bis in die neueste Zeit erhalten hat[5].

Es sei an dieser Stelle gleich noch einiger anderer Gasthöfe und Schänken gedacht, welche kurz nachher


  1. Den Anbau in- und außerhalb der Vorstädte betr. vol. II. Bl. 67 flg. Loc. 2256.
  2. Bl. 83, 84 flg. a. a. O.
  3. Rep. XLIII. Dresden 170. Bl. 4 flg., 10 flg., 16 flg.
  4. Rep. XLIII. Dresden 254; Rep. XLIII. Dresden 27. Bl. 52; Rep. XXXII. Dresden 44. Bl. 46 flg.
  5. Rep. XXXII. Dresden 65. Bl. 22 flg.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 244. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/255&oldid=- (Version vom 9.5.2024)