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ob er durch Seylern darin Kommödien aufführen lasse“. Es geschah darauf weiter nichts, als daß Seylern die Aufführung von Schauspielen an Sonn- und Festtagen verboten wurde. Eine Erlaubniß zu Errichtung dieses Theaterbaues scheint Lincke nicht gehabt zu haben[1].

Bis zum Jahre 1739 war der Anbau auf dem Sande noch sehr wenig vorgeschritten. Auf einem vom Kammerkondukteur Christian Conrad Francke im August 1739 aufgenommenen, in sehr großem Maßstabe gezeichneten Plane sehen wir, daß nur die rechte Seite der Holzhofgasse nebst einem Theile der rechten Seite der Bautzner Straße, ferner die Wasserstraße vom Lazareth bis an den Holzhof bebaut sind, und zwar immer nur mit wenigen weit von einander liegenden Gebäuden, da die Grundstücke sehr große Gärten aufweisen. An der linken Seite der Bautzner Straße liegen nur Bürgers und Oberst von Naumanns Gärten, sowie ein als „Kestners Feld“ bezeichnetes Stück Land. Jenseits der Prießnitz ist nur der Diestbach’sche Garten (das Bad) und ein dem Accisrath Hoffmann gehöriges unbebautes Grundstück gelegen. Das Dreieck, welches jetzt vom ehemaligen goldenen Löwen und den dahinter liegenden Gebäuden an der linken Seite der Holzhofgasse und der rechten Seite der Bautzner Straße bis zur Prießnitz eingenommen wird, war noch gänzlich unbebaut. An der Königsbrücker Straße liegt nur das Pablick’sche Grundstück: die spätere grüne Tanne[2]. Im Ganzen sind nur 12 Grundstücke mit Gebäuden besetzt. Man sieht also, große Fortschritte hatte die Bebauung des Sandes bis dahin noch nicht gemacht.

Der früher in der Nähe der Königsbrücker Straße, etwa zwischen der Katharinen- und Louisenstraße, aber mehr nach letzterer zu befindliche Galgen war im Jahre 1732 abgetragen und auf einen Platz unweit des über die Prießnitz führenden Diebsstegs verlegt worden[3]. Doch schon 1737 wurde er auf einen Platz seitwärts der Blasewitzer Straße (in der Gegend des Tännichts) und von da 1740 in die Nähe der Weißeritz vor dem Löbtauer Schlage weiter verlegt[4]. Der Galgen hat sich wenigstens seit der Mitte des 17. Jahrhunderts (nach Hasche sogar seit dem 16. Jahrhundert) auf dem Sande befunden, denn er wurde schon 1666, als er sehr baufällig geworden war, abgetragen und neu erbaut. Er bestand aus drei Theilen und zwar aus einem unteren steinernen, einem mittleren hölzernen und einem oberen eisernen; der untere wurde vom Rathe, der obere und mittlere vom Amte gebraucht. Der Rath trug die Kosten für den unteren, das Amt für die beiden oberen Theile[5]. Wegen des eisernen Theiles wird der Galgen gewöhnlich als das „eiserne Gericht“ bezeichnet.

Das Weichbild der Stadt Dresden zog sich durch den Neuen Anbau hindurch und ging, an der Elbe anfangend, ungefähr in der Richtung der jetzigen Carlstraße, nach der Bautzner Straße, das Grundstück des Obersten Naumann (jetzt Ballhaus) schräg durchschneidend, nach der Königsbrücker Straße, überschritt die letztere ungefähr bei Kammerdieners und wendete sich von dort etwas links nach den bei den Scheunenhöfen gelegenen Feldern[6]. In Folge der Theilung des Neuen Anbaues durch das Weichbild gehörte ein Theil der Grundstücke unter Raths- und der andere unter Amtsjurisdiktion, was in Bezug auf die Ertheilung von Schankkonzessionen und sogar in Bezug auf die Vererbung von Grund und Boden zu verschiedenen Zeiten von Einfluß gewesen ist.

Der erste Ansiedler an der Königsbrücker Straße war der schon erwähnte Bartholomäus Pablick, ein böhmischer Gärtner. Es wurde ihm im Jahre 1735 ein Stück Land zu Anlegung eines Gartens dort vererbt und 1737 die Konzession zum Bierschank ertheilt. 1742 gehörte das Grundstück einem Fleischermeister Rennefanz und wurde die Sandschänke genannt, später, um 1758, führte es den Namen „Grüne Tanne“. Die Namen der auf dem Neuen Anbau entstandenen Gasthöfe und Schänken entstammen übrigens mehrfach einer späteren Zeit als der ihrer Anlegung[7]. In den ersten Jahren ihres Bestehens scheint sich die Pablick’sche Schänke keines ganz guten Rufes erfreut zu haben, denn das Amt Dresden sagt 1741 bei Gelegenheit eines von Pablick eingereichten Gesuchs um Vererbung eines weiteren Platzes auf dem Sande, daß, weil das Gebäude allein und abgelegen, es allerhand liederlichen Leuten zu Einkehr und Aufenthalt bequem sei. Pablick habe das Land, welches er nun 5 Jahre besitze, wüste liegen lassen und nur ein schlechtes unausgebautes Haus an die Straße gesetzt. Pablick war übrigens weniger Gärtner als Bauspekulant, denn er hatte laut eines Zeugnisses vom Jahre 1743 bereits 11 Grundstücke in den Vorstädten Dresdens bebaut und Gärten angelegt[8]. Auch 1744 wurde ihm wieder an der jetzigen Glacisstraße ein Stück Land vererbt.

Um den Anbau zu fördern, erstattete der Gouverneur von Dresden, Graf Rutowski, unterm 21. Juli 1741 einen Vortrag an den König, worin er ausführte, daß


  1. Canzlei-Acta Commödien betr. vol. III. Loc. 30575. Bl. 159 flg.
  2. Rißschr. XII. Fach I. Nr. 1.
  3. Spec. Refer. 1732. Nr. 50. Rep. XLIII. Dresden 178.
  4. Rep. XXI. Dresden 50. Bl. 1, 3, 55, 98.
  5. Coll. Schneid. Dresden vol. XII, Nr. 318.
  6. Rißschr. XII. Fach I. Nr. 1.
  7. Cop. der II. Rent-Exped. 1735. Bl. 1649 flg. 2104b. 2378 und vom Jahre 1742. Bl. 1306 Rep. XLIII. Dresden 260 und 227a. Bl. 25. Rep. XXXII. Dresden 46. Rep. XXXII. Dresden 180b. Bl. 82. 85 flg. Rep. VIII. Dresden 440a. Bl. 34.
  8. Rep. XLIII. Dresden 28. Bl. 2b. 13.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/254&oldid=- (Version vom 8.5.2024)