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den vollendeten Bau kontraktmäßig von sachkundigen Personen untersuchen zu lassen.

Am 26. Juli desselben Jahres beginnen Verhandlungen zwischen Superintendent und Stadtrath, die am 9. November dahin führen, Thormeyer mit einem Kostenanschlag zu einem Thurme der Annenkirche zu beauftragen[1]. Am 21. April 1817 reicht unser Hofbaumeister die Risse und Zeichnungen ein.

Der Auftrag war trotz seiner Größe keineswegs verlockend. Denn erstens stand nur ein beschränktes Kapital zur Verfügung, das der verstorbene Superintendent Tittmann zu diesem Zwecke hinterlassen hatte, und zweitens war die künstlerische Freiheit insofern beschränkt, als das Schiff der Kirche schon vorhanden war.

Daß sich Baumeister Schmidt mit dieser Kirche kein Ruhmesdenkmal gesetzt hatte, leuchtet jedem Beschauer ein, daß sich aber andererseits der Thurm einer Kirche der Architektur des Schiffes anschmiegen muß, wird auch Niemand leugnen. Dieser Schwierigkeit war sich Chormeyer nur zu bewußt. Verfolgt man die Akten des Rathsarchives, die sich durch Jahre hinziehen, so kann man immer wieder bemerken, welchen Werth Thormeyer auf das „harmonische Aussehen mit der Kirche selbst“ legte und wie er bei den beschränkten Mitteln bemüht ist, das Möglichste zu leisten. 1819 wird wieder ein Anschlag gefordert, und zwar unter gehöriger Berücksichtigung der gegebenen Größe der Glocken bei Zeichnung des Glockenstuhles. Die geforderte Erhöhung der Glockenetage um 3 Meter bringt natürlich eine Vergrößerung der Anschlagssumme mit sich, die von den 17 738 Thlrn. vom 5. April 1820 auf 19 664 Thlr. gestiegen ist. In einem Briefe an den Stadtrichter Dr. Tittmann verwahrt sich Thormeyer gegen die Kürzungen seines Anschlages, die seitens der begutachtenden Rathsbaugewerke vorgeschlagen worden waren, und will sich der Ausführung des Baues nur unter Bedingungen unterziehen. Als die Behörde daraufhin vorläufig ganz Abstand vom Baue nehmen will, verzichtet Thormeyer auf die völlig berechtigten Bedingungen und übernimmt am 23. November 1820 den Thurmbau für 18 400 Thlr. Auch will er „sich gefallen lassen“, daß der wohllöbliche Stadtrath die Besichtigung während des Baues vornehme. Im Laufe des Jahres 1824 verspricht er den Bau zu vollenden. Nach Regelung vieler Vorfragen konnte der Bau endlich am 4. Mai 1822 beginnen. Und schon im Oktober des darauffolgenden Jahres wurde die Aufsetzung des Knopfes feierlich begangen. Trotz dieser für jene Zeit rühmenswerthen Schnelligkeit beeilte sich die Behörde keineswegs, mit gleicher Münze zu zahlen. Bittet Thormeyer doch noch am 2. März 1825 den Senator Dr. Dittmar um endliche Zustellung seiner Ansprüche, „da ich“, wie er wörtlich schreibt, „bei dem erwähnten Baue große Vortheile nicht gehabt, sondern diejenigen, die ich hätte erreichen können, zum nicht geringen Theile der besseren Ausführung des Baues aufgeopfert habe.“

Während der Verhandlung und des Baues der Annenkirche hatte Chormeyer noch andere, meist fachwissenschaftliche Angelegenheiten zu erledigen. Er galt als Autorität in Bausachen, dies beweisen unter anderem die aufs genaueste durchgeführten Vorschläge zur Herstellung einer guten und tüchtigen Straßenpflasterung, die er auf Ersuchen des Rathes einsandte[2]. Und Dresden hatte es ganz besonders ihm zu danken, daß in den Jahren 1821-1825 eine sachgemäße Pflasterung in vielen Straßen stattfand. Nicht nur die überzeugendsten theoretischen und praktischen Rathschläge in Bezug auf das Material ertheilte er, auch für die Behandlung der Steine und die Art der Pflasterung giebt er Anleitungen. Daß man zu ihm Vertrauen hatte, beweist die Uebertragung der Oberleitung und Oberaufsicht über das gesammte Pflasterwesen, die am 26. Januar 1821 erfolgte.

Im selben Jahre übernimmt er auch eine größere Reparatur an der Elbbrücke, die er trotz großen Wassers aufs Schnellste beendet, ebenso im Jahre 1823[3]. Auch bei diesen Arbeiten war er gebeten worden, zugleich die Pflaster- und Trottoirrenovirungen zu beaufsichtigen. Und wenn er sich am 18. Juni 1824 in einem Briefe an den Stadtrichter Dr. Tittmann beklagt, daß seiten des Brückenaufsehers Heinemann seinen Anordnungen völlig entgegengearbeitet würde, so ist das nur ein Zeichen, wie ernst es ihm um die einmal übernommene Pflicht war. Nochmals legt er seine Meinung dar, „um vor öffentlichem Tadel sicher zu sein“, und bittet um strenge Anordnung, sonst könne er sich nicht weiter mit der Angelegenheit befassen.

In das Jahr 1822 fällt auch die Uebernahme des Umbaues des Schankgebäudes im Ehrlich’schen Schulgute[4]. Es war dies ein für jene Zeit komfortabel eingerichtetes Gebäude, das die alten Akten sogar als prächtig bezeichnen. Betrachtet man freilich die Zeichnungen, die schmucklose, höchst einfache Façade, so erscheint uns jenes Lob als etwas zu freigebig; jedoch ist die zweckmäßige, geschickte Anordnung der einzelnen Räume völlig anzuerkennen. Uebrigens sei noch bemerkt, daß die der Ehrlich’schen Gestiftskasse entnommenen 8871 Thlr. auch für jene Zeit nicht zu einem architektonisch hervorragenden Bauwerke ausgereicht hätten.


  1. Dresdner Rathsarchiv Acta B. II. 58. Bl. 140 flg., 200b, 208 flg., 220-225, 226, 229b.
  2. Rathsarchiv, Acta F. VIII. 52. Bl. 1 flg., 50 flg.
  3. Rathsarchiv, Acta J. II. 21 (1821); J. II. 22 (1823-1827)
  4. Rathsarchiv, Acta B. XI. 154. Bl. 55b, 66, 121, 141.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/248&oldid=- (Version vom 8.5.2024)