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Menner und Weiber, truncken und wol bezechet mit einander zur Stadt hinaus, nach dem Dorffe zu gehen. Aber wie kömpts doch, mein lieber Gevatter Meerten, das wir so lange nicht mit einander im Weine gezechet haben?

Merten.

Hertzlieber Gevatter, Ihr solt Wunder hören, was ich gehöret und gesehen, die Zeit über, weil ich aussen und nicht daheim gewesen.

Ich führete einen Man in das Landt zu Böhem, da kamen wir am vorgangenen Sontag in eine Stadt, da war Christus schon erstanden, sie hielten den Ostertag und trugen ihren Fladen Herr Gott umb die Kirchen, und assen die Leute schon die Osterfladen, und gute geweihete Schuldern, Eyer und anders. Nun wisset ihr, das es bey uns ist erst der ander Sontag in der Fasten, und das wir erst auff den nechst kommenden Sontag Mitfasten haben werden.

Das giebt nun den beiden Bauern Veranlassung zu mancherlei Erzählungen über Rom und den päpstlichen Hof. Aehnlich wie Lukas Cranach in seinen Bildern Christus in seiner Demuth und den Papst als weltlichen Herrscher gegenübergestellt hatte, wird auch hier das Auftreten des Papstes geschildert. Alles was Christus in seinem Evangelium befohlen habe, das gefalle dem Papste nicht, so stehe es auch mit dem neuen Kalender. „Christus ist in und nach dem alten Calender geboren, der Bapst fürcht, er möchte ihme zu rüsch wider kommen zum Gerichte, darumb hat er diesen Newen Caldanders (ich hette schir gesaget: Baldanders) gemacht, das sich Christus verirren sol, und nicht wissen, wo er daheim sey, wann er sein Gericht nu anstellen und darzu kommen sol.“

Merten fügt hinzu, die Leute würden ganz verwirrt und bestürzt über den Kalender, er mache Irrungen in weltlichen Händeln, in Verschreibungen, Historien, Jahrmärkten, Gerichten, Schifffahrten, Ackern, Pflügen und Säen, Unordnung in der Kirche, Neuerung an Fest- und Feiertagen und werde gantz und gar nichts gutes anrichten. Darauf antwortet

Pebel:

Was solt dieser Newer Caldanders gutes machen, weil man die Osterfladen so zu unrechter Zeit isset? Wie mügen sie doch nur einem außer der rechten Zeit schmecken? Ein jedes Ding hat seine Zeit, Eccle. 3.

Zu Ostern wann sie zu rechter zeit gehalten werden, schmecken am allerbesten die dicken Quarckfladen, und andere Osterfladen und Kuchen, Item, Schuldern und hart gesottene Eyer und Bratwürste mit den Schuldern gekochet.

Zu Pfingsten scheust man den Vogel ab und trincken wir unser Pfingstbier.

Auff Bartholomei schleichen wir den Vogeln nach, gehen mit der Eulen und stellen Vogel.

Umb Michaelis geben wir Zinse, und gehen die Kirmesse an, unser aller größte frewde und kurtzweil, alhie auff dieser Erden und trincken guten Most.

Auff Martini trincken wir den külen Wein und essen darzu feiste und wolgemeste Gense.

Auff Weihenachten schlachten wir die gemasteten Schweine, machen die Osterschuldern, essen die großen und andere Würste sampt den Christwecken oder Streusselen. Und so verzehren wir die Zeit das liebe lange Jahr und uns die Zeit.

Ja, was noch mehr ist, an unvernünfftigen Thieren. Helt doch der Storch seine Zeit, wenn er von uns weg fleuget, und wann er wider zu uns kömpt. Desgleichen die Schwalmen, und auch der Kuckuck, wann er anfenget und auffhöret zu kucken, Jerem. 8.

Warumb wolten wir denn nicht auch unsere alte, Zeit behalten, und uns nach dem alten Calender richten? Ja, auch das Viehe helt seine rechte Christnacht, und stehet in der alten, und nicht in der newen Christnacht, der Geburt Christi zu Ehren, in ihren Stellen auff.

Item, Es blühet darin auch die Christwurtzel, das Cappiskraut tregt Samen, etc.

Item, Es hat auch die Sonne ihre drey Sprünge, für Frewden der Aufferstehung Christi, noch nicht gethan, sondern wird sie erst thun, wenn sie des Morgens auff unsern frölichen Ostertag auffgehen wird.

Und wenn die Zeiten, lieber Gevatter Merten, so sollen geendert werden, wie köndten wir armen Pawren wissen, wenn wir Korn, Habern, Gersten, Wicken, Erbissen, Rüben, Lein, etc. sehen? Item, wenn wir Kraut stecken, Vogel stellen, Most oder Wein trincken, und gute Würste machen solten? Denn unsere alte Pawren Regeln lauten also:

See Korn Egidi,
Pflantze Kol Urbani,
Erbissen Gregorii,
Trage Sperber Sixti,
Trinck Wein Martini,
Gersten und Habern Benedicti,
See Rüben Kiliani,
Leinsamen Philippi Jacobi,
Fahe Fincken Bartholomei.
Mache Würste auff die Geburt Christi.

Pebel erklärt dann, gegen diese uralten mächtigen Gesetze könne der Papst nichts thun. „Der Bapst wird sichs zwar unterstehen, aber es wird ihm gehen, wie mirs gieng, da ich meine Marsen newlich genommen hatte, da wolt ich mich auch unterstehen Herre im Hause zu sein, und wolte meiner Frauen mit nichte unterthan sein. Aber hört, lieber Gevatter Meerten, wie mirs gelungen. . . . . . Ich kam heim und war truncken, schnurrete und purrete. Mein Marsa murret herwider, und schalt mich übel. Ich gedachts nicht zu leiden, und unterstund mich der Herrschafft, that als wolt ich sie schlagen. Aber sie ergreiff die Offengabel und wann ich nicht die Krücke erwischt, und damit versetzt

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/233&oldid=- (Version vom 28.5.2024)