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des neuen Großen Gartens zu schlagenden Felder stattgefunden. Am 4. Juni 1687 wurden die Besitzer der Felder hinter dem Taube-Rechenberg’schen Garten bedeutet, daß der Kurfürst einen Tausch mit ihnen eingehen möchte. Am 17. Juni fanden Tauschverhandlungen statt, die schließlich von Erfolg begleitet waren. Die bisherigen Besitzer der Grundstücke waren Dr. Johann Ludwig Köppels Erben, Dr. Johann Jacob Wittbers Wittwe, Johann Christof Martinis Wittwe, geb. Strauch, Christof Oehmichens Gattin und Johann Küffners Gattin. Das Hauptgrundstück endlich waren die Fleischerfelder, die unmittelbar an das kurfürstliche Gartengrundstück stießen und sich in der ganzen Länge mit demselben berührten. Sie waren Eigenthum des Fleischerhandwerks und in 33 Theilen zu 33 Fleischbänken gehörig, mit denen sie zugleich verkauft, sowie auch versteuert und verzinst wurden. Die Fleischer hatten zum Umtausch entweder die Hofwiese bei Ullersdorf oder die Hofwiese unterhalb Blasewitz vorgeschlagen: die letztere wurde ihnen eingeräumt. Die übrigen Besitzer erhielten gleichfalls Entschädigung durch Tausch oder durch Baarzahlung. – Die auf den abgetretenen, nunmehr landesherrlichen Grundstücken ruhenden Abgaben mußten die vorigen Besitzer mit auf die eingetauschten hinübernehmen: nur der ins Religionamt abzuführende Erbzins auf den Fleischerfeldern blieb darauf stehen. – Die dem Landesherrn zukommende Steuerbefreiung blieb der Gräfin für den Garten, sowie für die jüngst dazu erkauften Felder durch ausdrückliche kurfürstliche Bestätigung erhalten: aber freiwillig erklärte sie sich bereit, die auf den Fleischerfeldern haftenden 12 Fl. 12 Gr. 1 Pf. Erbzins, wozu noch Naturalabgaben kamen, ins Religionamt abzutragen, ebenso Rathsgefälle auf dem Taube’schen Garten und eine kleine Abgabe ins Zinsamt. – Von den Feldern, die von früherher zum Taube’schen Garten gehört hatten, trennte der Kurfürst, als er der Gräfin die Schenkung zudachte, Theile ab und zog einzelne zum Großen Garten, andere schenkte er der Erbin des Kämmerers August Abraham von der Sahla, Johanna Caritas Starke, zur Entschädigung für einige früher dem Kämmerer zugeeignete, jetzt in den Großen Garten mit einbezirkte Felder. Dagegen erfuhr der Garten, während er Eigenthum der Gräfin war, folgende Erweiterungen. Schon am 16. September 1687 hatte die Gräfin ein kleines, ehemals Wolff Köhler’sches Haus an der Pirnaischen Straße am Fleischergäßchen[1], von des Baretmachers Martin Dietrichs Erben um 70 Fl. erkauft, das nun dem Taube’schen Garten einverleibt und bald darauf abgetragen wurde. Dann wurden zwei Felder über der Kaitzbach drüben am sogenannten Kälberweg, vormals Steuersekretär Findekellers und Steuerkassirer Fritzsches Felder, die zum Großen Garten erkauft worden waren, jedoch bei der Abgrenzung außerhalb liegen blieben und zwar in ganz verwüstetem Zustande, durch kurfürstlichen Befehl vom 27. Februar 1694 der Gräfin Zinzendorff zur Wiederherstellung und Nutzung zugeeignet. Endlich wurden noch Matthes Männigers und Thomas Kunzes Baustellen in der Neuen Gasse zur Vergrößerung des Gartens erworben und eingezogen.

Nicht lange hat die Gräfin Zinzendorff das Grundstück besessen. Schon am 24. März 1694 verkaufte sie es, wie es lag und stand, an ihren Bruder Georg Ludwig mit allen Lust-, Wohn- und anderen Gebäuden, Scheunen und Ställen, mit fremden und einheimischen Gewächsen, mit dem Pomeranzenhause, den Statuen, mit sämmtlichem Inventar an „Vieh, Schiff und Geschirr“ und endlich auch mit allen Feldern. Der Kaufpreis betrug 11 000 Thaler. – Kurz nach dem Verkauf des Gartens vermählte sich die Gräfin mit dem Freiherrn Eberhard Julius Matthias von Polheim am 29. November 1694. Aber nach kaum 10jähriger Ehe im Juni 1704 verlor sie den Gatten. Sie starb sechzigjährig am 8. März 1720.

Graf Georg Ludwig von Zinzendorff und Pottendorff, geboren am 9. Oktober 1662, war königlich polnischer und kursächsischer Geheimrath und Kammerherr, später Konferenzminister. Ein tiefreligiöser Sinn zeichnete ihn aus und brachte ihn in ein freundschaftliches Verhältniß zu Spener. Seit 1687 war er vermählt mit Maria Elisabeth Teuffel von Gunderstorff, die 1698 als die letzte ihres väterlichen Stammes starb. 1699 führte er die zweite Gemahlin heim, Charlotte Justine, die Tochter des Geheimrathsdirektors Nicolaus von Gersdorf: sie wird als eine gelehrte und geistreiche Dame gerühmt. Aber nicht ein ganzes Jahr genoß er dieses zweite Eheglück: er starb am 9. Juli 1700 und wurde in der Sophienkirche begraben. Aus dieser zweiten kurzen Ehe entsproß der berühmte Stifter der Herrnhuter Brüdergemeinde, Nicolaus Ludwig Graf von Zinzendorff. Doch hat die Annahme, daß er in dem Gartenvorwerk das Licht der Welt erblickt habe, sehr wenig Wahrscheinlichkeit für sich, wie schon einmal in diesen Blättern ausgeführt worden ist[2]. Die Familie besaß ein Wohnhaus innerhalb der Stadtmauern auf der Scheffelstraße (heute Nr. 9). Auf dem Garten vor dem Thor suchte sie nur ländliche Erholung und Vergnügen. Die Gebäude dort draußen dienten hauptsächlich Wirthschaftszwecken und werden wohl kaum je als Wohnung von


  1. Läßt sich nicht mit Sicherheit auf eine noch bestehende Gasse zurückführen, wird aber in der Nähe der Fleischerfelder gelegen haben.
  2. Jahrg. I. Nr. 2: Zinzendorf in Dresden, von Pastor Blanckmeister.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/168&oldid=- (Version vom 30.4.2024)