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die kurfürstliche Kapelle musizirte und ein Ball schloß sich an. Den Beschluß dieser ununterbrochenen Karnevalsfestlichkeiten – am 15. Februar war Aschermittwoch – bildeten der 13. und 14. Februar: im Taube’schen Garten wurden der erste und zweite Theil von „Trappolino“ gegeben. – Solche Komödien wurden damals in der Karnevalszeit bei Hofe fast täglich aufgeführt, auch an anderen Orten noch, z. B. im Riesensaal des Schlosses und im Schießhause. Sehr häufig waren Darstellungen Molière’scher Stücke in Uebersetzung. Velthen war es, der den großen französischen Lustspieldichter auf der deutschen Bühne einbürgerte: er besorgte auch selbst eine Uebersetzung, die gegenüber den bisherigen einen Fortschritt bedeutete. Die Vorstellungen im Taube’schen Garten haben wohl hauptsächlich den Kurfürsten bewogen, den Magister mit dem Kern seiner Truppe in ständige Dienste zu nehmen[1]. – Während des Winters 1684/85 hielt sich der Kurfürst in Italien auf und besuchte auch den berühmten Karneval zu Venedig. Erst am 13. Juli 1685 wieder erfahren wir von einer Festlichkeit im Taube’schen Garten: ein Gesellenringrennen mit 15 Rennern und 4 Carrièren wurde abgehalten; abends bei der Tafel wurde „die assyrische Sklavin“ aufgeführt. Am 13. Juli des folgenden Jahres fand wieder ein Ringrennen draußen statt, ein sogenanntes Nationenringrennen. Als Zuschauer wohnten bei: die Kurfürstin-Mutter, „das Markgräflich Bayreuth’sche Fräulein“, und u. a. auch die drei gräflichen Fräulein von Zinzendorff. Vor dem mittelsten Gebäude saßen die Preisrichter. An diesen Ringrennen im Hofkreise nahm wohl der Kurfürst meist persönlich Theil; wir erfahren, daß er einstmals am Tage vor einem Ringrennen im Taube’schen Garten Pferde probirt hat. – Seit 1686 haben wohl keine Hofvergnügungen mehr in dem Gartengrundstück stattgefunden, wenigstens erwähnen die Hofjournale nichts davon. – Es waren diese Jahre die äußerlich glanzvollste Zeit, die der Garten gesehen hat. In den vermuthlich nicht eben prächtigen Räumen und in den Gängen des Gartens wogt hin und her, zu Zeiten täglich, das bunte Gepränge einer eleganten Hofgesellschaft, hingegeben den Freuden der Tafel, des Spiels, der Musik und des Tanzes; an ihrer Spitze ein Fürst, den die Geschichte rühmend nennt als den Befreier Wiens von Türkennoth, hier aber vor allen Vertreter der zum Regierungsgrundsatz gewordenen fürstlichen Anschauung jener Tage, daß fürstliche Macht ihren lebendigsten Ausdruck finde und finden müsse in fürstlicher Pracht. – Die Gebäude, in denen die Festlichkeiten, außer wenn sie im Freien stattfanden, sich abgespielt haben, sind jedenfalls dieselben gewesen, die die weiter unten wiedergegebene Abbildung aus dem Jahre 1706 zeigt.

Laut Schenkungsbrief vom 26. Januar 1688 schenkte der Kurfürst dem Fräulein Margarethe Susanne Gräfin von Zinzendorff den Taube-Rechenberg’schen Garten.

Das Adelsgeschlecht, aus dem diese Dame entsprossen war, stammt aus Oesterreich und war schon zur Zeit der Babenberger Herzöge dort angesessen. Seit Anfang des 16. Jahrhunderts ruht bei den Zinzendorffs das Obererblandjägermeisteramt von Unterösterreich. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts wurde Johann von Zinzendorff lutherisch. Seine Nachkommen blieben trotzdem auf ihren angestammten Gütern sitzen und widmeten ihre Dienste den Habsburgern. Erst Graf Max Erasmus, der Vater des Fräuleins Susanne Margarethe, gab sein altes Vaterland und seine Güter auf, um nicht Gewissenszwang erdulden zu müssen, und ließ sich in der Nähe von Nürnberg nieder; er starb 1672. Seine Wittwe Anna Amalie, eine geborne Gräfin Dietrichstein, begab sich mit ihren zwei Söhnen und mehreren Töchtern an den sächsischen Hof, wo ihre Schwester mit dem bei Johann Georg III. in großer Gunst stehenden Oberhofmarschall von Haugwitz vermählt war.

Gräfin Susanne Margarethe war am 26. Juli 1660 geboren. Nachdem die junge Gräfin in die Welt eingeführt worden war, wurde sie bald die gefeiertste Schönheit unter den Damen der Hofgesellschaft. Bei allen Aufzügen, Maskeraden, Kostümbällen, Schlittenfahrten und wo sonst die Anordnung paarweise geschah, pflegte sie die Partnerin des Kurfürsten zu sein. Bei einer Maskerade im Schlosse zur Karnevalszeit 1688 war ihr, wohl als der schönsten, die Rolle des Frühlings anvertraut; Herbst und Winter wurden von ihrer Mutter und ihrer Tante Haugwitz dargestellt. Noch 1690, während des Karnevals, war sie bei einem Zigeuneraufzug, sowie bei einer Quadrille italienischer Charaktermasken die Partnerin Johann Georgs III. Nach seinem Tod erst geht ihre hervorragende Stellung bei den Hoffesten an andere über. Der Italiener Gregorio Leti in seinen ritratti della casa di Sassonia singt Sonette zum Lob ihrer Schönheit und nennt sie „tra le più belle e graziose del secolo bellissima e graziosissima“: aber neben ihrer „engelgleichen“ Schönheit rühmt er auch die zahllosen Tugenden ihrer Seele, die ihrer Schönheit einen überirdischen Reiz verleihen.

Indem der Kurfürst ihr seinen Lustgarten schenkte, wollte er ihr damit einen glänzenden Beweis seiner Gunst geben. Zusammen mit dem Garten schenkte er ihr auch noch die zwischen diesem und dem Großen Garten gelegenen Felder und Wiesen. Die Erwerbung dieser Grundstücke hatte im Jahre 1687 im Zusammenhang mit der Erwerbung der zu dem dritten Quadrat


  1. Vergl. Fürstenau, Zur Geschichte der Musik und des Theaters zu Dresden I, S. 271 ff. Ueber Velthen s. Devrient, Geschichte der deutschen Schauspielkunst I, S. 225.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/167&oldid=- (Version vom 30.4.2024)