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darin, bestehend aus einer offenen Säulenhalle und einem aufgesetzten Stockwerk mit acht eng zusammenstehenden Fenstern, darüber ein dreigiebeliges Dach und zu beiden Seiten je ein Thurm, die nur wenig über das Ganze herausragten. Ein Gastmahl, das der Freiherr dem Kurfürsten und dem Kurprinzen am 24. Juni 1653 darin gab, veranlaßte eine Abbildung des Gebäudes, gestochen von Joh. Casp. Höckner[1]. Darunter stehen folgende Verse, die mit E. Geller[2] unterzeichnet sind:

„Was mag Phäacien Alcinos Garten führen
Bis an die Sternenburg? hier kann er nicht bestehn.
Des Herrn von Rechenbergs ist höher zu erhöhn,
Weil ihn Kursachsen selbst und dessen Helden zieren.“

In dem erweiterten Garten wurde auch ein Kanal angelegt, der ebensowohl dem praktischen Zweck der Bewässerung wie dem Vergnügen gedient haben mag. Zugleich besaß Rechenberg ein Haus und Vorwerk auf der Pirnaischen Gasse, wo sich auch der Eingang zum ganzen Grundstück befand. – Johann Georg von Rechenberg war 1610 auf dem väterlichen Gute Cunnersdorf bei Görlitz geboren und kam schon in den ersten Jünglingsjahren als Page an den Hof. Seit 1636 war er dem Kurprinzen, dem späteren Kurfürsten Johann Georg II., als dessen Oberkämmerer und erster Kammerjunker beigesellt und rückte bei dessen Regierungsantritt sofort in die Stellung des Oberhofmarschalls ein. Er hatte in dieser Eigenschaft großen Einfluß bei Hofe, namentlich hatte seine Stimme bei dem kunstliebenden Fürsten viel Gewicht in Sachen der Kunst. 1652 erhob ihn der Kaiser in den Reichsfreiherrnstand. Rechenberg war dreimal verheirathet, zuletzt durch des Kurfürsten Vermittelung mit der reichen Erbin Rahel von Werthern, die ihm ihr ganzes Vermögen zubrachte. Er war einer der glänzendsten Kavaliere und hielt ein Haus im größten Stil. 1664 starb er und hinterließ von seiner dritten Gattin zwei Söhne, Hans Dietrich und Johann Georg. In deren Besitz nun ging auch der vom Vater angelegte Garten auf der Langen Gasse über. Am 9. März 1682 schließen sie über diesen Garten eine Punktation mit dem kurfürstlichen Kämmerer August Abraham von der Sahla ab. Darin wurde der Garten für 3600 Thaler verkauft. Da er noch in demselben Jahre in den Besitz des Kurfürsten überging, so kann man in dieser Punktation einen Vorvertrag sehen, den der Kämmerer als Vermittler und Beauftragter des Kurfürsten einging[3].

Johann Georg III. vereinigte diese beiden ansehnlichen Gärten zu einem Ganzen und machte den daraus entstandenen großen Lustgarten oft zum Schauplatz höfischer Festlichkeiten. Daher findet sich der Garten oft erwähnt, namentlich auch in den Hofjournalen, und wird als der kurfürstliche Taube’sche Garten, oder auch im Gegensatz zu dem seit 1676 angelegten Großen Garten als der kurfürstliche kleine Lustgarten vor dem Pirnaischen Thore bezeichnet. Es lohnt sich, an der Hand der Hofjournale, d. h. der Aufzeichnungen des Hofmarschallamts, die in dem Garten veranstalteten Festlichkeiten zu verfolgen: denn ein gutes Stück höfisches Kunstleben damaliger Zeit spiegelt sich darin ab. Der Magister Velthen mit seiner berühmten Schauspieltruppe, der schon 1678 während der durchlauchtigsten Zusammenkunft in Dresden gespielt hatte, traf nach längeren Wanderzügen wieder um die Karnevalszeit des Jahres 1684 in der sächsischen Residenz ein. Er führte vor dem Kurfürsten im Taube’schen Garten Komödien und Possenspiele auf. Am 28. Januar 1684 begab sich der Kurfürst um 5 Uhr hinaus: eine halbe Mondtafel von 25 Couverts fand statt; gegenüber der Tafel auf dem „Theatro“ wurde „die verstellte Tollheit“ gespielt. Am 30. Januar kam dort zur Aufführung „sein selbst eigen gefangener Sicilianer“, eine Uebersetzung des Molière’schen Stücks „l’amour peintre“. Am 2. und 3. Februar gingen über die Bühne „Jungfer Capitän“, „Visibilis et invisibilis“ und „Müllers Tochter“. Am 7. Februar, nach einem mit Ball verbundenen Gastmahl bei der Kurfürstin-Mutter, fuhr der Kurfürst wieder hinaus und ließ sich „Mascarilias“ vorspielen, ein Stück, das gleichbedeutend mit Molières „l’étourdi“ ist. Am 8. Februar war im Taube’schen Gartengebäude wieder eine Halbmondtafel für 24 Personen aufgestellt, außerdem waren noch Gäste im Nebengemach: bei Tafel hörte man die Komödie „der alte Geizhals“ von Molière. Nach Beendigung der Vorstellung führte der Kurfürst bei Fackelschein und unter dem Klang der Trompeten und Schalmeien „das Frauenzimmer“[4] dreimal um den Markt. Tags darauf, nach einer Schlittenfahrt, fand die Komödie „Adamira“ statt. Den nächsten Abend wurde eine Schäferei von 19 Paaren im Taube’schen Garten abgehalten: während der Tafel ging die Komödie „die Statue der Ehren“ über die Bühne;


  1. Adelungs Verzeichniß S. 93, Nr. 22.
  2. Ernst G., Kammerschreiber des Kurprinzen. Der 24. Juni, Johannistag, ward von den Johann Georgen als Namenstag gefeiert. Geller hat gelegentlich dieses Festes noch verfaßt: Arkadischer Hirtenaufzug, als Herr Johann Georg, Herzog zu Sachsen und Kurfürst, Herr Johann Georg, Herzog zu Sachsen, Kuhrprinz, Herr Johann Georg, Herzog zu Sachsen, (später Johann Georg III.) Dero allerseits Nahmenstag begingen, den 24. Juni 1653. Vergl. Adelungs Forts. zu Jöchers Gel. Lex. II, S. 1387.
  3. Dieser Garten ist nicht zu verwechseln mit einem anderen „Rechenbergischen Garten“ an der Halbengasse, den die Freiherren von Rechenberg Ende 1697 von Dr. Morgenstern erwarben, am 20. März 1727 aber an den Diakonus Joh. Jak. Stranz verkauften.
  4. Gemeint ist der weibliche Hofstaat.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/166&oldid=- (Version vom 30.4.2024)