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aber wäre der Versuch zur Wegnahme einer mit Wall und Graben umgebenen, von einer ganzen Armee vertheidigten Stadt Tollkühnheit, die zwecklose Einäscherung dieser unglücklichen Residenz Grausamkeit gewesen. Die vorgerückten Truppen wurden daher in die Stellung auf den Anhöhen vor der Stadt zurückgenommen.“ „Den 27. entfaltete der Feind bedeutende Streitmassen gegen unsern linken Flügel u. s. f.“ (Folgt eine vorsichtige Schilderung der Verluste des linken Flügels sowie die Erwähnung der Kämpfe im Zentrum und auf dem rechten Flügel, gegen welche beide Napoleon nichts ausgerichtet habe. Gegen Abend seien Nachrichten ein gegangen, daß durch Napoleonische Truppen an der Elbe der Rückzug gefährdet sei.) „Diese Bewegungen in unserer rechten Flanke, welche die freie Kommunikation mit Böhmen störten, und die dadurch erzeugte Schwierigkeit, in dem von allen Mitteln entblößten sächsischen Erzgebirge länger zu bestehen, machten es nothwendig, eine Bewegung gegen Böhmen zu machen, um uns unseren Subsistenzmitteln zu nähern. Der Zweck der offensiven Demonstration war erreicht; die Armee des Kronprinzen von Schweden und des Generals von Blücher hatten Freiheit bekommen, sich vorwärts zu bewegen und mit Nachdruck auf Flanken und Rücken des Feindes zu wirken. Der Marsch nach Böhmen wurde daher am 27. in der Nacht angetreten.“

Einen ähnlichen Bericht giebt die „Wiener Zeitung“, den am 16. September die „Vossische Zeitung“ („Königliche Privilegirte Berlinische Zeitung“) abdruckt:

„Am 26. nahm man eine starke Rekognoszirung vor.“ „Man bezog am Abend wieder die Stellung, von welcher man am Morgen zur Rekognoszirung ausgerückt war.“ „Den 27. Morgens von 4 Uhr an bis in die sinkende Nacht fiel ein ununterbrochener Regen; der Wind war Nordost, den verbündeten Armeen ins Gesicht; die Wege wurden grundlos, die Gewehre versagten. . .“ „Inzwischen war der Endzweck, die gegen Schlesien und die kombinirte Armee von Norddeutschland gerichtete. . . Hauptmacht des Feindes abzuziehen und zu theilen, erreicht, und der darauf zu erwartende fernere starke Widerstand in Dresden, welches nunmehr 100–140 000 Mann vertheidigten, das über alle Maßen schlechte Wetter, die Unmöglichkeit, das Geschütz gehörig zu gebrauchen, und die Schwierigkeit, Lebensmittel über das unwegsame Gebirge zu beziehen, vermochten den Oberbefehlshaber. . . die Armee wieder über die böhmische Grenze zu führen.“

Auch ein Bericht des Generals Lottum nach Berlin an das Militärgouvernement des Landes zwischen Elbe und Oder sei hier erwähnt. Er ist datirt aus Kloster Osseck in Böhmen vom 29. August und befindet sich in den Akten des Geheimen Staatsarchivs zu Berlin (R. 74. O. Ap. Vol. III.). Ob er abgesandt ist, erscheint unsicher. In ihm heißt es nach kurzer Schilderung der Hauptattacken vom 26.:

„Es begann hiernach am 27. eine lebhafte Kanonade, die erfolglos geblieben sein würde, wenn der kommandirende Gen.-Feldmarschall F. Schwarzenberg sich nicht dadurch, daß die Absicht, Dresden mit einem coup de main zu nehmen, sowie durch die bei der bösen Witterung und den sehr verdorbenen Wegen äußerst schwierige Verpflegung der Armee bewogen gefühlt hätte, die Armee nach Böhmen zurückzuziehen, nachdem der Zweck erreicht war, die Hauptmacht der feindlichen Streitkräfte nach dem linken Elbufer herüberzuziehen.“

Erwähnenswerth ist vielleicht auch ein Brief Knesebecks an Hardenberg, der sich in den Akten der Geheimen Registratur des Staatskanzlers (Geh. St. A. R. 74. O. Ap. Vol. III.) befindet und der den Erfolg über Vandamme schildert.

„Gottlob,“ heißt es darin, „es geht nun von allen Seiten gut, und der Himmel wird uns ja auch ferner den Sieg geben.“

Diese Worte hätten in dem Bewußtsein einer kurz vorher erlittenen großen Niederlage der verbündeten Hauptmacht wohl kaum geschrieben werden können.

Aehnlich wie der Lottumsche Bericht lauten mehrere Briefe, die von Laun aus am 30. August (z. B. an Blücher) versandt wurden und die bezw. deren Konzepte sich gleichfalls im Geheimen Staatsarchiv zu Berlin (R. 74. O. Ap. Vol. III.) befinden; die Momente, die in ihnen besonders hervorgehoben werden, sind: Der coup de main auf Dresden, die lebhafte Kanonade („une cannonade fort vive“) am 27. August und der Rückzug, für den zumeist äußere Gründe angegeben werden.

Ein Brief des Kgl. Geh. Staatsrath Küster vom 30. August 1813 aus Laun in Böhmen an das Militärgouvernement in Berlin (Geh. St. A. R. 91. A. I. Generalia No. 2. Vol 9.) enthält folgende Stellen:

„Als am folgenden Tage (27.) der Sturm auf die Stadt erneuert werden sollte, war Kaiser Napoleon selbst in Dresden angekommen, und mehrere zahlreiche französische Korps gingen an der oberen Elbe. . . über den Fluß und den Alliirten in die Flanke. Es entstanden auf mehreren Punkten einzelne sehr blutige Gefechte, in welchen das Kriegsglück abwechselnd gewesen zu sein scheint. Nicht sowohl das allgemeine Resultat derselben, als vielmehr die Besorgniß, von dem über die Elbe kommenden Feind ganz tournirt und von Böhmen abgeschnitten zu werden . . . veranlaßte die Alliirten . . . über das Gebirge zurückzugehen.“ Es wird dann u. a. die eben bekannt gewordene Zurückwerfung Wandammes (noch nicht der Sieg über ihn!) bei Kulm berichtet,

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/301&oldid=- (Version vom 13.8.2024)