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er diese Summe recht wohl zahlen, aber er wisse nur zu gut, daß man nicht sein Geld, sondern seinen Tod wolle. Bitter beklagt er sich, daß die Richter zugleich seine Ankläger seien. Eigenthümlich genug giebt er seiner Ueberzeugung davon Ausdruck, daß die Doktoren, die Universitätslehrer, ihm feindlicher gesinnt seien, als sogar die Bischöfe. Nicht in der Hoffnung, sein Schicksal dadurch irgendwie zu mildern, kann es geschehen sein, daß er gelegentlich auch aussagte, er habe in seinen Predigten eine Lehre der herrschenden Kirche gegen Angriffe vertheidigt, die Lehre nämlich, daß Christus wahrer Gott und Mensch zugleich und das einzige Kind seiner Mutter gewesen sei. Vielmehr wird sie ihm eben als schriftmäßig begründet erschienen sein. Denn auf diesem Grunde fußend bekannte er sich im Uebrigen völlig frei und unerschrocken zu den Säßen, die ihm als abweichend von der Kirchenlehre vorgehalten wurden; sie brauchen hier, soweit sie ihrer allgemeinen Bedeutung wegen schon früher erwähnt wurden, nicht wiederholt zu werden. Es konnte nicht fehlen, daß er insbesondere auch mit Bezug auf das Konzil zu Konstanz und die von diesem verurtheilten Glaubensfähe und Personen befragt wurde. Er erklärte, die ersteren kenne er nicht hinreichend, glaube übrigens nur, was die Heilige Schrift lehre; ob die Verurtheilungen, insbesondere die des Hus und Hieronymus, zu Recht beständen, wisse Gott allein, und es werde sich am Tage des jüngsten Gerichts herausstellen.

Den ihm angesonnenen üblichen Inquisiteneid lehnte Drändorff seiner Ueberzeugung gemäß ab. Wollte er übrigens lügen, sagte er, so könnte er das auch vereidet thun. Immerhin wäre er, wie er weiterhin erklärte, bereit, seine Eigenschaft als Priester zu beschwören, wenn er damit alles ins Reine bringen und seine Richter vor Sünde bewahren könnte; aber er sehe ja doch, daß das nicht möglich sei und daß er auf solchem Wege ihren Händen nicht entrinnen könne. Die Feststellung dieser seiner Eigenschaft, die er äußerlich durch Kleidung und Tonsur bekundete, aber sonst nur durch seine Versicherung, nicht durch ein amtliches Schriftstück zu beglaubigen vermochte, war ja von Bedeutung für den fall. Der Nachweis galt natürlich den Richtern nicht für aus reichend erbracht. Doch ward, wie es unter solchen Umständen üblich war, Drändorff bei seiner Verurtheilung auf alle fälle vorsichtshalber degradirt, gerade so, wie dies später Peter Turnow erfuhr, der angab, wenigstens die niederen Weihen erhalten zu haben, und daneben Baccalaureus des Kirchenrechts war. Die sonst in Inquisitionsurtheilen gewöhnliche, wenn auch thatsächlich nur auf eine Heuchelei hinauskommende Fürbitte an die weltliche Gewalt, mit den aus der Kirche Ausgestoßenen, die ihr übergeben wurden, mild zu verfahren, ist wohl nicht bloß zufällig beiden Männern durch ihre Richter versagt geblieben.

Bei aller Festigkeit und Ueberzeugungstreue zeigt Drändorff doch in dem Verhör eine würdevolle Bescheidenheit. Für die Bischöfe, die wegen Ausübung weltlicher Herrschaft im Stande der Verdammniß seien, müsse man trotzdem beten, und er thue das. Gewisse Versäumnisse in seinen äußeren priesterlichen Obliegenheiten nachzuholen sei er bereit. An der Wahrheit der drei in dem Manifest verkündeten Säge halte er fest, aber nicht hartnäckig, d. h. allerdings wohl, sofern ihm nicht deren Schriftwidrigkeit nachgewiesen werde. Die Pflicht, in zweifelhaften Dingen den Prälaten zu gehorchen, giebt er zu.

Geradezu rührend ist aber sein Bestreben, seine Gesinnungsgenoffen zu decken, deren man selbstverständlich gern möglichst viele durch ihn erkundet und dann gefaßt hätte. Hier sagt er absolut nichts aus, als was augenscheinlich überhaupt nicht mehr zu verheimlichen war. Einiges derartige wurde schon früher erwähnt. Die Frage, ob er Priester gefunden habe, die nach der Regel Christi lebten also im Sinne seiner Richter Ketzer, gleich ihm selbst-beantwortete er: er hoffe, daß es viele solche gebe, aber sonst wisse er nichts von ihnen. Von den Priestern, die er in Weinsberg um sich zu versammeln gedacht habe, sei ein ihm dem Namen nach unbekannter, der sich übrigens von dem Verdacht des Husitismus gereinigt habe, in Köln; von den anderen wisse er nichts auszusagen. Begreiflicherweise legte man besonderen Werth darauf, von ihm weitere Aufschlüsse über die Verhältnisse in Speier zu erhalten. Er habe dort, sagt Drändorff, in drei verschiedenen Herbergen gewohnt und mit Peter Turnow verkehrt, und er nennt eine davon (Kesselhof), aber gewiß nur, weil sie dem Gericht ohnedies bekannt war; daß er sich auf die Namen der beiden anderen nicht mehr habe besinnen können, wird man kaum glauben. Ueber das Manifest habe Peter mit ihm konferirt; ob dieser die darin behaupteten drei Sätze für wahr halte, darüber möge er selbst aussagen, denn er habe das Alter dazu. Von den nach Weinsberg gesandten Briefen habe Peter gewußt, ohne jedoch die Sache zu billigen. Peter sei ein Mann untadeligen Lebens, wie dies Viele in Speier bezeugen könnten, und ebendeswegen habe er, Drändorff, sich zu ihm begeben. Daß derselbe nach der Regel Christi lebe, hoffe er, fenne aber sonst Niemanden in Speier, der dies thue. Endlich unterläßt Drändorff nicht, sich insbesondere noch des einen unter feinen Dienern anzunehmen, der seine Briefe nach Weinsberg gebracht habe, aber außerdem an der Sache ganz unbetheiligt sei.

Das erhaltene – leider durch mannigfache Lese- und Druckfehler entstellte – Protokoll bricht im Verlauf der zweiten Sigung ab, die am Nachmittag des 13. Februars abgehalten wurde. Ob die Verhandlung noch

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/30&oldid=- (Version vom 15.8.2024)