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styffte halten zu lassen. Dieweil wir dann nicht zweyffeln, nachdeme S. F. G. yhr bey yrem leben underthenigen gehorsam geleist, das yhr auch berurten S. F. G. bevelh nachzukomen geneigt sein werdet. Darumb ist unser freuntliche bit, yhr wollet etzliche auß ewerm mittel verordenen, die do uff gedachten montagk zeitlich zu Meyssen eynkommen, doselbst zur vigilien und folgendes dinstag frue zur sehlmessen erscheynen und das begengknus und dreyssigsten volnbrengen helfen. Doran thut yhr hochgedachts unsers gnedigen hern hochloblicher gedechtnis befehel und vorlassene meynung, so sein wyrs zu vordienen wylligk. Datum Dresden dornstages nach Georgy [24. April] ym XV c und XXXIX ten.

Hochgedachts unsers gnedigen hern herzog
Georgen zu Sachsen etc. hochloblicher gedechtnus seliger vorlassene rethe.

[Darunter von der Hand des Stadtschreibers:]

Ist endtlich durch u. g. h. herzog Heinrichen zu Sachsen abgeschafft.

(G. XXX. 1a Bl. 12.)



Die Ueberlieferung und Legende der Schlacht bei Dresden 1813.
Von Dr. Franz Lüdike.

In einer besonderen Abhandlung[1] habe ich die strategische Bedeutung der sogenannten Schlacht bei Dresden wie des Dresdner Zuges überhaupt einer eingehenden kritischen Würdigung unterzogen. Ich bin dabei zu anderen Resultaten gekommen als die bisherige Forschung; wie ich meine, kann ich die Ergebnisse jener ersten Arbeit noch durch weitere Argumente stützen – und ich will das im folgenden versuchen.

Vergegenwärtigen wir uns vorerst einmal die Situation.

Zu Ende des Jahres 1812 war Napoleon besiegt aus Rußland zurückgekehrt. Im Mai 1813 schlug er die verbündeten Preußen und Russen in den Schlachten von Großgörschen und Bautzen. Zu Anfang Juni schloß der Kaiser der Franzosen mit seinen Gegnern den Waffenstillstand zu Poischwitz, der bis zum 17. August desselben Jahres gedauert hat. Der Haupterfolg der Alliirten während dieser zehn Wochen war es, daß es ihnen gelang, Schweden und vor allem Oesterreich auf ihre Seite zu ziehen.

Aber es gelang den vier Verbündeten in der Zeit der Waffenruhe auch, nach mannigfaltigen Unterhandlungen im Hauptquartier zu Reichenbach sich auf einen gemeinsamen Kriegsplan zu einigen, den ich das „Reichenbacher Programm“ genannt habe und der im Allgemeinen auf den Vorschlägen des österreichischen Feldmarschalleutnants Grafen Radetzky beruht. In ihm wird als Prinzip aufgestellt, daß keine der drei alliirten Armeen (außer wenn sie das absolute Uebergewicht habe) sich auf eine Entscheidungsschlacht gegen Napoleon einlassen sollte. Die von Napoleon angegriffene Armee sollte (wie es besonders meisterhaft Blücher, dann aber auch Schwarzenberg gethan hat!) zurückgehen und einer Entscheidung ausweichen; die von Napoleon nicht unmittelbar bedrohten anderen Armeen dagegen sollten in diesem Falle die unbedingte Offensive ergreifen, die angegriffene Armee entlasten und versuchen, im Verein mit dieser den Gegner einzuschließen und ihn mit überlegenen und vereinten Kräften zu schlagen – ein Ziel, das dann bei Leipzig auch erreicht worden ist.

Die alliirten Armeen haben dieses Programm befolgt. Bisher freilich wußte man nicht, daß die Reichenbacher Verhandlungen die Grundlage für die strategischen Maßnahmen der Verbündeten im Herbst 1813 abgegeben haben. Fälschlicherweise hielt man bis in die neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts an dem in seinen Hauptzügen auf dem Kriegsplan des russischen Generals Grafen von Toll beruhenden Trachenberger Protokoll vom 12. Juli als der giltigen Abmachung fest. Erst Roloff (Militär-Wochenblatt 1892, Sp. 1563 ff.) hat hier Klarheit geschaffen. Nicht Trachenberg, wo unbedingte Offensive gegen Napoleon vorgeschrieben worden war, sondern Reichenbach, wo der gemeinsame und sichere Schlag verabredet wurde, gab den Alliirten die Richtschnur für ihre Strategie.

Nach dem Reichenbacher Programm ist es also nicht mehr wunderbar, sondern vielmehr selbstverständlich, daß eine Armee zurückging, wenn sie Napoleon allein gegen überstand, selbst wenn sie stärker war. Es galt ja die Parole – und sie war die einzig kluge und Erfolg versprechende – auf keinen Fall mehr sich dem Korsen zu stellen, sobald nicht alle Chancen auf Seiten der Verbündeten waren. Auch die böhmische Armee unter Schwarzenberg handelt den neuen Grundsätzen entsprechend. Sie trifft mit dem Kaiser der Franzosen zusammen, kommt mit ihm ins Gefecht und weicht zurück. Dieses Gefecht aber hat die Forschung ihr bisher als Niederlage ausgelegt, diesen Rückzug als Flucht. Man hatte immer noch das Trachenberger Protokoll im Auge, nach welchem allerdings die böhmische Armee den Entscheidungskampf mit Napoleon hätte aufnehmen müssen. So häuft man denn Vorwürfe über Vorwürfe auf die Armee und ihren Führer, so konnte die Legende entstehen,


  1. „Die strategische Bedeutung der Schlacht bei Dresden.“ Zuerst als Berliner Dissertation, dann noch gesondert gedruckt. Im Selbstverlage des Verfassers, Wilmersdorf bei Berlin.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/299&oldid=- (Version vom 13.8.2024)