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daß Peschel mein kleineres Atelier inne hat, und daß Weiske, der mir bei dieser Arbeit helfen sollte, jetzt von Ihnen gebraucht wird. Da Peschel kaum fertig seyn wird, so hatte ich mich so ziemlich entschlossen, diese Arbeit in meinem großen Atelier auszuführen.

Da Sie durch meine Schuld (aber gewiß nicht aus dem Grunde, nachdem der Auftrag fest bestimmt war, Ihnen denselben zu verheimlichen) ohne Kenntniß bleiben mußten, so ist es begreiflich, daß Sie diese Sache aufnahmen, wenn Ihnen der Antrag von andrer Seite gemacht wurde, Sie werden es aber auch natürlich finden, daß ich gern Aufschluß haben möchte, wie sich das Sachverhältniß stellt, indem ich von Sr. Exz. dem Herrn Minister v. Einsiedel noch keine Nachricht darüber erhalten. Entschuldigen Sie diese Anfrage und Bitte.

Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung stets
Ihr
v. h.   ergebenster
d. 13. März 1855. E. Rietschel.

Herrn Professor Hähnel Wohlgeboren.

Gestatten Sie, daß ich trotz des zwischen uns eingetretenen unfreundlichen Verhältnisses noch einmal mir erlaube darauf zurückzukommen und mich über einiges auszusprechen, wie es mir, vielleicht zum letztenmal, ein inneres Bedürfniß ist. Ihr Benehmen gegen mich zeigt mir, daß es entweder von falschen Voraussetzungen oder – was ich nicht glauben möchte – von der Absicht geleitet ist, eine entschiedene Trennung zwischen uns willkührlich hervorzurufen.

Wenn Sie Sich auf einen objektiven Standpunkt der Beurtheilung stellen wollten, so mußten Sie es natürlich finden, daß ich Aufklärung in einer Sache wünschte, die mich lebhaft zu interessiren ein Recht hatte, und – weil ich bis dahin, wo ich Sie darum bat, ohne Auskunft von Seiten des Herrn Ministers v. Einsiedel geblieben war. Sie werden mir die Berechtigung dazu um so weniger in Abrede stellen, als ich sie nicht von Ihnen „verlangt“, sondern freundlich erbeten habe, das glaubte ich von unserm ehemaligen Verhältniß hoffen zu dürfen. Nach meiner Ansicht hätte Ihre Antwort nur die seyn können: „Sie haben einen Auftrag, ich auch, mögen also die Herren Auftraggeber unter sich entscheiden“.

Wie die Verhältnisse lagen, würden Sie ja ohnehin der Bevorzugte dabei geblieben seyn, ohne daß unser persönliches Verhältniß davon berührt zu werden brauchte, und ich meine, daß es in der Ordnung sei, wenn wir uns bemühen, Verstimmungen über Dinge, die uns und unsre Interessen unangenehm, selbst beeinträchtigend berühren, nicht auf die Person [zu] übertragen, sobald wir wissen, daß sie nicht positiv dabei betheiligte Ursache ist. Daß ich dies nicht gewesen, dafür gebe ich Ihnen mein Wort.

So schwer mir es auch geworden, auf einen mir vorzugsweise werthen Auftrag zu verzichten, so habe ich ihn doch sogleich in die Hand des Herrn Ministers v. Einsiedel durch den Hüttenmeister Trautschold zurückgegeben, und wenn derselbe, wie mir der Hüttenmeister Trautschold schrieb, in Folge des Hergangs der ganzen Angelegenheit gänzlich davon zurückgetreten ist, so können Sie wohl denken, daß von mir aus kein Einfluß auf dessen Handeln ausgehen konnte. Zwischen ihm und mir ist überhaupt in der ganzen Sache kein Brief gewechselt worden.

Wenn also einer von uns beiden der Beleidigte seyn könnte, so hätte ich wohl ein Recht dazu (nicht etwa wegen des verlohrnen Auftrags) sondern wegen der Beschuldigungen und Vorwürfe, die Sie mir bei unsrer letzten mündlichen Unterredung machten, und wozu ich Ihnen, ich bin es mir bewußt, in keinerlei Weise Anlaß gegeben hatte, mögen in meiner Natur noch so viel Schwächen, sie der Ihrigen noch so heterogen sein.

Ich habe Sie stets geehrt und geachtet, und nach Ihren Aeußerungen darf ich ein Gleiches Ihrerseits glauben. Diese Achtung mußte auf Eigenschaften gegründet seyn, die noch jetzt ihre Geltung haben müssen, sie können nicht vernichtet seyn durch Verhältnisse, die jeden zwar unangenehm berühren können, aber die Gesinnung für die Person außer Spiel lassen müssen.

Zwei gebildete Männer, die sich achten, dürften (ohne daß, wie Sie sagten, wir mit einander gehn (also dem Herzen noch nahe stehn) könnten, doch so verkehren, daß sie nicht jedem Dritten Anlaß zu Bemerkungen geben, ihre Stimmung vor Jedem zeigen. Als College, als Freund von Freunden von uns beiden ist es mir ein widerwärtiges Gefühl, neben dem zu sitzen, der mich vermeiden möchte, mir ausweicht, wo ich steh und sitze, wenn dies Gefühl auch nur mein Verhältniß zum Andern, nicht mich und mein Bewußtseyn berührt. Vielleicht halten Sie diese Auffassung auch für Sentimentalität oder finden Subtilitäten darin, die Ihnen neuen Stoff zu Vorwürfen und Verdachten geben, immerhin, ich muß es darauf ankommen lassen und handeln, wie meine Natur dazu angelegt ist. Fürchten Sie nicht, daß ich mich etwa an Ihre Freundschaft drängen möchte, glauben Sie auch nicht, daß das Bewußtseyn einer Schuld gegen Sie mich zu dieser Aussprache nöthigt, sondern nur der Wunsch, daß wir trotz unsrer verschiednen Natur und der damit verbundenen guten und fehlerhaften Eigenschaften doch so verkehren möchten, wie es Männern, die sich gegenseitig achten müssen, ziemt, und dazu reiche ich von Herzen die Hand.

Da mir dieser Brief etwas sauer geworden ist, weil ich seine Aufnahme bei Ihnen nicht im Voraus

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/20&oldid=- (Version vom 21.8.2024)