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Zeit der Erbauung des Rabensteins ist zwar nicht bekannt, doch wird er als an dieser Stelle befindlich schon im 16. Jahrhundert genannt, wahrscheinlich befand er sich aber noch weit früher dort[1]. Abgetragen wurde er im März 1831[2]. Die Bebauung des ganzen dortigen Raumes ging etwas langsam vor sich und scheint erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts vollendet worden zu sein. Das an der Stiftsstraße stehende Armenhaus, die jetzige städtische Versorganstalt, war schon 1718 erbaut worden[3].

Nach der Beseitigung des Rabensteins entstand der Plan, die beim ehemaligen Jakobshospital in der Annenstraße und beim Johanniskirchhof in der Johannisgasse befindlichen Trödelbuden auf den freigewordenen Platz zu verlegen, doch stieß derselbe auf Schwierigkeiten, da die Inhaber der Trödelbuden ihre Plätze nicht auf geben wollten. Die Sache verzog sich deshalb bis zum Jahre 1844, wo die jetzt noch stehenden Trödelhallen von den Besitzern der früheren Trödelbuden erbaut wurden[4].

An der Ecke des Freiberger Platzes und der Stiftsstraße, dort wo jetzt die Häuser Nr. 2 bis 12 der Freiberger Straße und Nr. 1a und 1 bis 7 der Stiftsstraße sich befinden, stand im 16. Jahrhundert der sogenannte Fröhnerhof. Das Grundstück wurde im Jahre 1570 nebst den darauf befindlichen Scheunen, Ställen und andern Gebäuden dem Bürgermeister Hans Kuhn abgekauft, als Fröhnerhof eingerichtet und zum Vorwerk Ostra geschlagen[5]. Es war ein großer, mit einer Mauer umgebener Hofraum, der fast ein Quadrat bildete und auf den Plänen leicht zu erkennen ist. In diesem Hofraum befanden sich zwei große Stallgebäude und ein Wohnhaus. Der Fröhnerhof diente zur Unterbringung des Zugviehes der Frohnbauern[6] und wahrscheinlich auch dieser letzteren selbst, denn es war den aus entfernten Ortschaften nach Dresden kommenden Fröhnern nicht möglich, jeden Abend nach gethaner Arbeit in ihre Dörfer zurückzukehren. Gleichzeitig diente er auch als Schäferei, und in dem darin befindlichen Wohnhause hatte der Schäfer seine Wohnung.

(Schluß folgt.)


Das kirchliche Leben Dresdens im Zeitalter des Rationalismus.
Vortrag von Pfarrer Lic. theol. Paul Flade.

Ein Trümmerfeld war Dresden, zumal die Altstadt, nach der schrecklichen Beschießung durch die Preußen vom 13. – 23. Juli 1760. Nicht weniger als 263 Häuser in der Festung und 243 in den Vorstädten waren ganz oder theilweise zerstört. Auch in der Neustadt hatten die auf den Scheunenhöfen errichteten Batterien großen Schaden angerichtet. Als Goethe 1780 von der Kuppel der Frauenkirche aus die Stadt überschaute, bot sie ein Bild der Verwüstung und im folgenden Jahre 1781 lagen allein auf der Moritzstraße noch 14 Häuser zerstört da. Wie aber die Stadt im allgemeinen, so hatte auch das kirchliche Wesen Dresdens aufs schwerste gelitten. Drei Kreuzdiakonate, sowie das Lehrerhaus an der Kreuzkirche waren abgebrannt. Zerstört war das Pfarrhaus der Annenkirche und dasjenige des böhmischen Predigers an der Johanneskirche. Vor allem aber war die Stadt des größten Theiles ihrer Kirchen beraubt. „Die Kreuzkirche“, klagt trauernd Superintendent Am Ende, als er nach dem Brande zum ersten Male und zwar in der Dreikönigskirche wieder predigt, „die Kreuzkirche liegt als eine Leiche darnieder und in der Asche; die Garnisonkirche ist hinweg, die Waisenhauskirche vorm Pirnschen Thor ist hinweg, die St. Annenkirche vorm Wilsdruffer Thor ist hinweg, das Gotteshaus der reformirten Gemeinde ist hinweg“. Wahrlich die Schäden, die der unselige Siebenjährige Krieg wie dem gesammten, so auch dem äußeren kirchlichen Leben Dresdens geschlagen hatten, waren außerordentlich große. Als aber dann, und theilweise erst nach langer, langer Zeit diese Schäden geheilt und neue Kirchen gebaut waren, da schaute schon äußerlich aus diesen Gotteshäusern eine ganz neue Zeit, ein neuer von dem alten grundverschiedener Geist heraus.

Welche Nüchternheit trat uns doch in der Waisenhauskirche mit ihren regelrecht angelegten Emporen und der steifen Holzarchitektur der Kanzel entgegen. Schwunglosigkeit ist der Charakter der Annenkirche mit der vom durchaus praktischen Gesichtspunkte diktirten Anordnung der drei übereinander liegenden Emporen und der über dem Altar aufgestellten Kanzel, und wenn das jetzt leider sehr verblichene Deckengemälde, um mit Gurlitt zu reden, noch etwas von der vollen Kraft und Beweglichkeit des Barock athmet, die beiden Reliefs an der Südost- und Nordwestseite mit ihrer Symbolisirung des Glaubens und der christlichen Lehre entbehren doch aller Wärme. Vor allem aber welch ein Gegensatz: die nach den Plänen von 1726 erbaute Frauenkirche und die erst im Jahre 1800 wirklich vollendete Kreuzkirche. Dort ein großer


  1. Richter, Verwaltungsgeschichte, Bd. 1, S. 37, Bd. 2, S. 91.
  2. Taggesell, Tagebuch, S. 647:
  3. Richter, Verwaltungsgeschichte, Bd. 2, S. 353.
  4. Rathsakten C. XVIII. 145, Bl. 14. 25. 65. 67. 175c.
  5. Rentcop. 1570. Bl. 230b.
  6. Rentcop. 1709. Bl. 368.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/121&oldid=- (Version vom 3.9.2024)