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Streitigkeiten wegen des Verkaufs der Fische, Einlegen fremden Bieres und Beherbergen von Gästen entstanden. Der Rath beklagte sich namentlich über einen Franz Kirsten zu Fischersdorf (wahrscheinlich den Besitzer des später Birckholz’schen Grundstücks), daß derselbe sich unterstehe, seinem, des Raths, Privilegium zuwider „Gastung zu halten“[1], worauf dann unterm 27. Januar 1550 durch die Landesregierung entschieden wurde, daß die Fischersdorfer sich aller Gastung, es sei hinsichtlich der Fuhrleute, Reiter oder anderen Personen, enthalten sollten, ausgeschlossen diejenigen Fuhrleute, welche Fische oder Mühlsteine an- oder abführten. Auch sollten sie keine fremden Biere einlegen. Wenn fremde Fischer Fische brächten, so sollten sie damit, wie vor Alters, drei Sonnenscheine auf dem Markte feilhalten; wenn sie dies aber nicht thun würden, solle weder den Fischersdorfern noch anderen Leuten gestattet werden, ihnen die Fische abzukaufen. Was die Fischersdorfer jedoch an Fischen selbst anher führten, möchten sie verkaufen, wie sie wollten, nur daß sie davon etwas für den Verkauf an die Bewohner der Stadt zurückbehielten[2].

Nach der Einverleibung Fischersdorfs haben sich diese Verhältnisse jedenfalls sofort geändert, und so dürfte von dieser Zeit an der Besitzer der „Drei Lilien“, Benedict Götze, ungestört Gäste beherbergt und Bier geschänkt haben. Doch waren nun zwischen Götze und einem gewissen Hans Geisler, der vermuthlich das „Weiße Rößchen“ (die Botenherberge) besessen hat, Streitigkeiten entstanden, welche im Jahre 1560 eine Entscheidung der Landesregierung herbeiführten, laut deren beiden gestattet wurde, Bier und Wein zu schänken, sowie Gäste zu Roß und zu Fuß zu beherbergen; fremde Biere sollten sie aber nicht verzapfen[3]. Wenn es ihnen zur besonderen Pflicht gemacht wurde, die ankommenden Boten unweigerlich aufzunehmen, so hatte dies seinen Grund darin, daß es sich dabei nur um Leute geringen Standes, namentlich Frohnbauern, handelte, die nicht viel verzehrten; wie sich z. B. im Jahre 1578 der Besitzer der sogenannten Botenherberge beklagte, daß die armen Boten mehr Kofent und Wasser als Bier tränken und doch beherbergt werden müßten [4].

Von den Erben des genannten Götze kaufte der Markscheider Georg Oeder, ein Bruder des bekannteren Matthias Oeder, der die erste Landesvermessung Sachsens vornahm, die „Drei Lilien“ und erweiterte den Gasthof durch Neubauten, worauf dieser 1577 mit dem Bemerken privilegirt wurde, daß die Botenherberge, welche sich im „Weißen Rößchen“ in der Annenstraße befand, dadurch nicht abgeschafft werden solle. Dabei wird betont, daß Gasthof und Schänke in der Vorstadt schon wegen des vielen Zu- und Abreisens und weil die Festung etwas zeitig geschlossen werde, nicht zu entbehren sei. Im Jahre 1581 besaß den Gasthof ein Dr. jur. Christoph Breutgam, der ihn von Oeder erkauft hatte. Breutgam wird als Diener von Haus aus bezeichnet, ein Titel, welchen diejenigen kurfürstlichen Räthe führten, die nur bei vorfallendem Bedürfniß zu Rathe gezogen oder mit Kommissionen betraut wurden; oftmals ertheilten sie auch nur schriftlich ihren Rath[5].

Bei manchen Gelegenheiten, wie z. B. bei den in der landesherrlichen Familie vorkommenden Vermählungen und Leichenbegängnissen, wurden auch die in den Vorstädten gelegenen Gasthöfe stark in Anspruch genommen, da das zahlreiche Gefolge und die vielen Pferde und Wagen der dabei anwesenden Fremden Abgesandten in der Stadt selbst nicht untergebracht werden konnten. So beherbergten die „Drei Lilien“ im Jahre 1630 bei der Vermählung der Tochter Kurfürst Johann Georgs I., Marie Elisabeth, mit dem Herzog Friedrich von Schleswig-Holstein die reisigen Knechte, Dienerschaft und Kutschen des Geheimen Raths, Kämmerers und Oberstburggrafen der Krone Böhmen, Adam von Waldstein auf Hradek, der als Abgesandter des Kaisers Ferdinand den Vermählungsfeierlichkeiten beiwohnte[6]. In der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs war der Gasthof zu den „Drei Lilien“ sehr zurückgekommen. Es besaß ihn damals ein früherer Lakai der Kurfürstin, Namens Zacharias Weise, und nach dessen Tode 1649 der Zeugdiener Jakob Otthofer (auch Utthofer)[7]. Jm Jahre 1687 war Besitzer der Bürgermeister Gabriel Tzschimmer[8], derselbe, der im Kurfürstlichen Auftrage die Kupferstiche herausgab, welche den bei der Fürstenzusammenkunft im Jahre 1678 stattgefundenen Festzug darstellen. Der Gasthof gehörte dann einem gewissen Grafe, ward subhastirt und befand sich im Jahre 1725 im Besitze der Wittwe des Obersteuerbuchhalters Trömer[9].

Auf dem Areal, welches jetzt von der katholischen Bezirksschule, dem katholischen Waisenhaus und dem katholischen Vereinshaus zwischen der Käufferstraße, der Straße, am Queckbrunnen und der Grünegasse eingenommen wird, befand sich in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts der Leger’sche Garten; er wurde im Jahre 1741 durch König August III. für 7600 Thaler dem Geheimen Kämmerer Jean Baptiste Leger


  1. Priv. Bd. 2. Bl. 216.
  2. Priv. Bd. 1. Bl. 72.
  3. Priv. Bd. 1. Bl. 66. 71.
  4. Priv. Bd. 2. Bl. 209b.
  5. Priv. Bd. 1. Bl. 66 fg. Bd. 2. Bl. 222.
  6. Coll. Schmid. A. Dresden. Vol. XIX. Nr. 484. – Ander Buch Heurathen etc. Loc. 8213. Bl. 32.
  7. Fremden-Bierschank. 1556. Loc. 9840. Bl. 43.
  8. Acta Comm. Die Besitzer der fünf privil. Gasthöfe etc. Loc. 9841. Bl. 29.
  9. Acta, die von Johann Christian Stockmann etc. Loc. 6242. Bl. 28.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/118&oldid=- (Version vom 1.9.2024)