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nicht als Lehn erhalten konnten. Erst 1735 übertrug es Georg Fürst Lubomirski, an den sich die Gräfin Dönhoff später verheirathet hatte, förmlich an Fontenay, dessen Gattin inzwischen verstorben war, und im selben Jahre erwarb es von diesem der Hofrath und Geheime Kabinets Sekretär George Wilhelm Walther [1]. Im Jahre 1778 besaß es der Kauf- und Handelsmann Heinrich Christian Moses, der es von seinem Vater geerbt hatte. Der letztere hatte es von Walther erkauft, um seine Tuch- und Zeugfabrik, die sich bis zum Bombardement im Jahre 1760 im Waisenhause befunden hatte und damals mit zu Grunde gegangen war, dorthin zu verlegen[2].

Zu Birckholzens Zeit befanden sich auf dem Grundstücke ein Wohnhaus, ein Seitengebäude, ein Viehhaus, eine Scheune, ein Schuppen, ein Orangeriegebäude und eine Grotte, der Garten bestand aus einem Baumgarten, einem Küchengarten und einem Lustgarten mit verschiedenen Lusthäusern, Hecken und Fontainen. Auch einige Fischhälter befanden sich in dem Grundstück [3]. Ein Thor führte nach der Palmstraße. Das Grundstück war damals noch im selben Zustande, in welchem es die Kurfürstin Magdalene Sibylle besessen hatte. Zur Zeit der Gräfin Dönhoff sollen, wie Hasche (Beschreibung Dresdens Bd. 1. S. 453) erzählt, vielfach Bälle, Komödien, Illuminationen und andere Festlichkeiten dort stattgefunden haben, zu denen auch der Hof eingeladen war. Hasche bezeichnet den Garten (1781) noch als schön und sagt, er habe niedliche Gebäude und artige Einrichtungen, die nicht gerade kostbar, aber geschmackvoll seien.

Zu Anfang des 19. Jahrhunderts diente das Grundstück eine Zeit lang als Blindenanstalt. Im Jahre 1818 hatte sich nämlich ein Verein zur Unterstützung hilfsbedürftiger Blinder und Augenkranker gebildet, welcher 1821 die von dem Besitzer des Ritterguts Schweta, Heinrich Schütz, im Jahre 1820 gegründete Unterrichts und Beschäftigungsanstalt für erwachsene Blinde übernahm. Diesem Vereine war 1822 zwar das ehemalige Accishaus am Seethor für seine Zwecke überlassen worden, doch war dieses nicht zulänglich (es wurden nur 15 Personen dort unterrichtet), so daß sich der Verein genöthigt sah, ein anderes passendes Unterkommen zu suchen, und so erwarb er im Jahre 1822 das als „Birckholzens“ bekannte Grundstück von den Erben des Kaufmann Moses für 7000 Thaler. Es bestand damals aus den noch jetzt stehenden zwei halb steinernen, zwei Geschoß hohen Vordergebäuden (jetzt Nr. 8 und 10), einem rechts im Hofe stehenden Stallgebäude und einem links befindlichen hohen Seitengebäude, nebst Hof, Gras und Obstgarten mit Gärtnerwohnung und Scheune. Hervorgehoben wird in den Akten die gesunde Lage des Grundstücks. Diese Blindenanstalt erfuhr bald darauf eine Vergrößerung. Schon 1809 hatte der Privatgelehrte Emanuel Gottlieb Flemming aus eigenen Mitteln eine Blindenanstalt gegründet, welche anfangs in ermietheten Räumen in der Neustadt untergebracht war, bis im Jahre 1811 der Konferenzminister Graf Hohenthal sein am See gelegenes Grundstück dazu überließ. Flemming (nach dem die Flemmingstraße benannt ist) starb bereits 1818, und da sich seine Wittwe, welche die Anstalt weiterführte, im Jahre 1819 mit dem Lehrer Steckling verheirathete, wird diese Blindenanstalt gewöhnlich als die Flemming-Steckling’sche bezeichnet. Beide Anstalten wurden am 1. Juli 1825 vereinigt, 1830 übernahm sie der Staat und 1856 siedelte das nunmehrige Blinden-Institut in das neuerrichtete Gebäude an der Chemnitzer Straße über [4].

Obwohl die früher auf dem Birckholz’schen Grundstücke haftende Gasthofsgerechtigkeit auf das Trompeterschlößchen übertragen worden war, wird doch im Jahre 1718 erwähnt, daß dort, wahrscheinlich nur in sehr bescheidenem Umfange, Bier geschänkt wurde. Vermuthlich ist dies schon der Fall gewesen, als sich das Grundstück noch im Besitz der Kurfürstin Magdalene Sibylle befand, denn in früherer Zeit wurde fast auf allen in landesherrlichem Besitz befindlichen Grundstücken Bier geschänkt, wie auf den Holzhöfen, im Mühlhofe, in der Pulvermühle, im Jakobshospital, im Jägerhofe, im Zeughause, in der Münze, im Falkenhofe und in den meisten Kanzleigebäuden[5]. Nachdem die Blindenanstalt das Grundstück verlassen hatte, diente es als Tanzlokal unter dem Namen „Birckholzens“. Seit dem Neubau des Restaurations- und Saalgebäudes im Jahre 1866 heißt es „Centralhalle“.

An der Seite nach dem Freiberger Platze zu liegt neben „Birckholzens“ der Gasthof zu den „Drei Lilien“, jetzt Fischhofplatz Nr. 12. Früher wird er oft „zur weißen Lilie“ oder auch schlechthin „zur Lilie“ genannt. Der nach dem Freiberger Platze zu gelegene, ein schmales Gäßchen bildende Theil Fischersdorfs wird noch im 18. Jahrhundert nach diesem Gasthofe als Liliengäßchen bezeichnet. Jm Jahre 1548, also kurz bevor Fischersdorf der Stadt Dresden einverleibt wurde, waren zwischen dem Rathe zu Dresden und den Einwohnern zu Fischersdorf


  1. Das von der Gräfin von Dönhoff etc. Loc. 1422. Bl. 3. 10b. 14. 19. 52.
  2. Rep. XLII. Sect. I. Dresden 18. Bl. 70b. 73. – Coll. Schmid. A. Dresden Vol. XIX. Nr. 517a.
  3. Rißschr. IX. Fach II. Nr. 37.
  4. Gehe, die Unterrichts- und Erziehungsanstalten in Dresden, S. 261 fg. – Acta, den hiesigen Blinden-Unterstützungsverein etc. Loc. 2481. Bl. 3 fg. 14. 107. – Acta, die Vereinigung etc. Loc. 2371. Bl. 65.
  5. Das an die Gräfin von Dönhoff etc. Loc. 1422. Bl. 21b.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/117&oldid=- (Version vom 1.9.2024)