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Der Mühlgraben ist nicht künstlich angelegt worden, sondern aus einem schon vorhandenen Weißeritzarm entstanden[1]. Er wird in der älteren Zeit häufiger als „die Weißeritz“ und weniger oft als Mühlgraben bezeichnet; die jetzige Kanalgasse hieß bis 1874 „an der Weißeritz“. Welche Richtung der Mühlgraben vom Silberhammer aus genommen hat, läßt sich nicht feststellen, denn es finden sich aus der Zeit vor der Erweiterung der Festungswerke keine das dortige Gelände darstellenden Pläne. Der Hummelius’sche Plan, der etwa am Ende der fünfziger Jahre des sechzehnten Jahrhunderts entstand, ist in sehr kleinem Maßstabe gehalten und nicht genau genug gearbeitet, als daß man sicher sein könnte, daß der Lauf des Mühlgrabens wirklich die darauf angegebene Richtung genommen hat[2]. Auf dem Original des das Dorf Ostra darstellenden Planes[3] befindet sich die Mündung des Mühlgrabens in die Elbe an derselben Stelle wie jetzt; welchen Lauf er aber vom Silberhammer aus genommen hat, zeigt der Plan nicht. Anscheinend aber ist der Mühlgraben, und so ähnlich zeigt es auch der Hummelius’sche Plan, in schräger Richtung über den Raum, den jetzt der Zwinger einnimmt, nach der kleinen Packhofstraße und von dort an seiner jetzigen Stelle in die Elbe geflossen.

Da bei der im Jahre 1573 erfolgten Erweiterung der Festungswerke der Raum, welchen jetzt der Zwinger und der Theaterplatz einnehmen, in die Festung mit einbezogen wurde, mußte eine Verlegung des Mühlgrabens stattfinden. Der Plan dieser Verlegung ist von Rochus von Lynar, der den Bau der Festungswerke leitete, entworfen worden[4]. Seitdem ging der Mühlgraben vom Silberhammer, fast einen rechten Winkel bildend, in seiner heutigen Richtung hinter der rechten Seite der Gerbergasse über den später von der Herzogin Garten eingenommenen Raum bis zur jetzigen Maxstraße und bog dort im stumpfen Winkel nach der Elbe ab. Ein kleiner Theil dieses Grabens ist noch jetzt in dem Ueberrest des kleinen Geheges unweit der Marienbrücke sichtbar. Der von der Straße „an der Herzogin Garten“ nach der kleinen Packhofstraße fließende Theil des Mühlgrabens ist zwar auf dem Festungsbauplane nicht ersichtlich, muß aber entweder gleichzeitig oder kurz nachher angelegt worden sein, denn auf einem aus dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts herrührenden Plane ist nicht nur dieser, sondern auch noch ein im Gehege selbst abzweigender Theil, der jetzt nicht mehr vorhanden ist, zu sehen[5]. Die Besitzer der an der Viehweide gelegenen Grundstücke beklagten sich, daß der Mühlgraben durch ihre Gärten geführt werde, und baten, ihn gleich dem alten Mühlgraben bis an die Pulvermühle auszumauern. Diese Pulvermühle war damals geplant, vielleicht auch schon der Grund dazu gegraben[6], doch ist sie dort nicht zur Ausführung gekommen; 1576 wurde sie an der Stelle erbaut, die das jetzt noch stehende Gebäude beim Dorfe Plauen einnimmt. An dem 1573 verlegten Theile des Mühlgrabens hat jedoch eine Pulvermühle ihren Platz gehabt. Nach in den Akten vorhandenen Nachrichten erhielt nämlich unterm 13. März 1564 der Pulvermacher den Befehl, die anscheinend zerstörte Pulvermühle wieder „anzurichten“. Es wurden zu ihrem Wiederaufbau 4 Eichen, ein halbes Schock Breter und 6 Schock 24 Groschen an Geld angewiesen[7]. Auch über den Ort, wo diese Pulvermühle errichtet werden sollte, ist nichts gesagt und nur bei der Bewilligung der Entschädigung für eins der zur Erweiterung der Festungswerke eingezogenen Grundstücke, welches dem Christoph von Ragewitz gehörte, heißt es, daß dasselbe vorm Wilischen Thore nächst der vorigen alten Pulvermühle gelegen sei[8]. Da diese Pulvermühle im April 1573 beseitigt werden mußte, überreichte Rochus von Lynar einen Plan, nach welchem sie an demjenigen Theile des Mühlgrabens wieder aufgebaut werden sollte, der vom Silberhammer ab auf anderes Terrain verlegt worden war, und zwar, soviel sich ersehen läßt, ungefähr in die Gegend zwischen der Trabantengasse und Maxstraße. In Verbindung mit dieser Pulvermühle war auch die Erbauung einer Wasserkunst für den Baumgarten geplant[9], doch wurde die Ausführung beider Anlagen beanstandet. Es kam dann noch in Frage, ob nicht eine der beiden Bretmühlen vor dem Wilsdruffer Thore zu einer Pulvermühle umgebaut werden könne, doch unterblieb dies, weil sie der Wilsdruffer Vorstadt zu nahe lagen[10]. Der Zeugmeister Paul Buchner schlug darauf im Jahre 1574 einen Platz „obig dem Kupferhammer“ dazu vor, wobei er bemerkte, daß derselbe zwar der Fuhren halber ein wenig weit sei, doch brauche Niemand ausgekauft zu werden und man hindere keinen Menschen[11]. Dieser Plan fand Beifall, und die neue Pulvermühle wurde 1576 vollendet[12].

Unter denen, die im Jahre 1571 ihre Grundstücke zu Erweiterung der Festungswerke abtreten mußten, werden genannt der Kanzler Mordeisen, der frühere Schösser Ambrosius Erich, der Leibmedicus Johann Neefe, der


  1. Richter, Verfassungsgeschichte Dresdens, S. 29.
  2. Rißschrank VI Fach 27 Nr. 10 (Hauptstaatsarchiv).
  3. Richters Atlas zur Geschichte Dresdens, Tafel 2 a.
  4. Schreiben so an Churfürft August etc. Graf Rochus von Lynar etc. gethan, 1570/80. Loc. 9126, 31. 170 (diese wie alle weiterhin angeführten Akten befinden sich im Kgl. Hauptstaatsarchiv).
  5. Richters Atlas Tafel 3.
  6. Schreiben an Churf. August etc. Loc. 9126, Bl. 205.
  7. Rentcopial 1564, Vol. I, 331. 229, 744 b.
  8. Rep. XXII. Dresden 42, Bl. 59, 63.
  9. Schreiben an Churf. August etc. Loc. 9126, Bl. 168 fg.
  10. Cop. 584, Bl. 38 b, 47 b, 278.
  11. Artolerey- und Bausachen, 2. Buch, Loc. 9126, Bl. 191 fg.
  12. Desgl. 3. Buch, Loc. 9125, Bl. 80.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/109&oldid=- (Version vom 29.8.2024)