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zu besuchen gekommen war, wartete im Vorzimmer, bis die Mahlzeit beendet war; dann trat er beim Kaiser ein. Bald darauf ritten die beiden Monarchen zur Parade und kehrten von da ½1 Uhr zurück. Abends 8 Uhr speisten der König von Westphalen und der Fürst von Neufchâtel mit dem Kaiser. Nach Tische kam der sächsische Hof zum Kaiser, um der Vorstellung eines französischen Lustspiels, „Die Erben“[1], im Palaistheater beizuwohnen. Nach dem Theater ging jeder nach Hause.

Am 28. Juni, früh 9 Uhr, war Morgenaufwartung beim Kaiser und um 11 Uhr Frühstück. Nachmittags 2 Uhr fuhr S. M. der Kaiser über Weißig nach Stolpen, einem alten Schloß mit einer Stadt auf einem Felsen. Von da fuhr er nach dem Lilienstein und Königstein, überschritt die Elbe auf der Schiffsbrücke bei der Festung Königstein und begab sich, um die Gegend näher kennen zu lernen, nach Struppen, wo im Siebenjährigen Kriege die sächsische Armee von der preußischen gefangen genommen wurde.

Am 29. Juni, früh 9 Uhr, war Morgenaufwartung beim Kaiser, wobei sich der Herzog von Sachsen-Weimar dem Kaiser vorstellte. Um 10 Uhr ritt S. M. der Kaiser zur Parade, von der er um 2 Uhr zum Frühstück zurückkehrte. Abends 8 Uhr speiste er im Garten mit dem Fürsten von Neufchâtel. Nach Tische kam der König von Sachsen, den man benachrichtigt hatte, allein zum Kaiser und hatte eine fast halbstündige private Besprechung mit ihm. Gegen 9 Uhr kamen die Königin von Sachsen nebst der Königl. Familie und der König von Westphalen, außerdem eine geladene Adelsgesellschaft, um im Kaiserl. Theater im Palais der Vorstellung des französischen Lustspiels „Die Jugend Heinrichs V., Königs von England“[2] beizuwohnen, worauf sich alle Welt zurückzog.

Am 30. Juni, früh 9 Uhr, war Morgenempfang beim Kaiser, wobei die Königl. Prinzen, der Herzog von Sachsen-Weimar und der Prinz Emil von Hessen-Darmstadt[3] zugegen waren. Um 11 Uhr frühstückte der Kaiser. ½3 Uhr ließ der Kaiser den österreichischen Minister Grafen Metternich kommen und hatte eine vierstündige Besprechung mit ihm. Abends 7 Uhr machte S. M. einen Spazierritt rings um die Schläge der Stadt und kehrte um 9 Uhr zum Diner zurück.

Am 1. Juli, früh 9 Uhr, war Morgenempfang beim Kaiser, wobei der König von Westphalen und der Herzog von Weimar zugegen waren Um 10 Uhr frühstückte S. M. der Kaiser und ritt dann zur Parade, von der er in einer halben Stunde zurückkehrte. 1 Uhr Nachmittags reiste S. M. der König von Westphalen nach seinen Staaten ab. Abends 9 Uhr kam der Kaiser in die Stadt und wohnte im kleinen Hoftheater[4] mit dem Königl. Hofe der Aufführung des französischen Trauerspiels „Phädra“[5] bei. Der Kaiser war allein in der ersten Loge des ersten Ranges, links, und der Königl. Hof nebst dem Herzog von Weimar und dem Prinzen von Hessen-Darmstadt in der Mittelloge des zweiten Ranges. Die Königl. Loge gegenüber dem Kaiser blieb leer. Nach dem zweiten Akte machte der König von Sachsen dem Kaiser in seiner Loge einen Besuch, den dieser vor Schluß des Schauspiels erwiderte, um dann in sein Hauptquartier zurückzukehren.

Am 2. Juli Morgenaufwartung, Frühstück und Diner zur gewöhnlichen Stunde; sonst nichts.

Am 3. Juli, früh 9 Uhr, Morgenempfang beim Kaiser, welchem die Königl. Prinzen von Sachsen und der Herzog von Weimar beiwohnten. Danach hatten fünf Abgeordnete des Magistrates und der Kaufleute der Stadt Leipzig eine besondere Audienz[6] bei Sr. M. dem Kaiser, von der sie sehr getröstet zurückkamen. Um 10 Uhr ritt S. M. der Kaiser zur Parade, kam um 11 Uhr zurück und frühstückte. Um 4 Uhr Nachmittags fuhr er nach Radeburg, um die Gegend zu rekognosziren, und besuchte auf der Rückfahrt im Walde das Biwak der französischen Truppen; er kam Abends 9 Uhr wieder nach Hause und speiste.

Am 4. Juli, ½10 Uhr, ritt der Kaiser zur Parade, von der er gegen 11 Uhr zurückkehrte. Um 11 Uhr frühstückte S. M. ½1 Uhr hörte der Kaiser die Messe, welche der genannte Priester[7] in der Kapelle des Palais las. Dann hielt er Cercle im Saale der hohen französischen Offiziere und fremden Herren. ½8 Uhr Abends aß der Kaiser und wohnte dann mit dem sächsischen Königshause, dem Herzog von Weimar und dem Prinzen von Hessen-Darmstadt im Theater des Palais der Aufführung des französischen Lustspiels „Der Verschwender“[8] bei, nach dem sich alle zurückzogen.

Am 5. Juli, früh 9 Uhr, war Morgenempfang beim Kaiser, wobei der Herzog[9] zugegen war. Um 10 Uhr ritt S. M. zur Parade, kehrte von da um 11 Uhr zurück und frühstückte. Um 3 Uhr Nachmittags kam der König von Sachsen zu Besuch zum Kaiser und verabschiedete sich wieder um 4 Uhr, worauf der Kaiser nach Moritzburg, einem Jagdschlosse des Königs von Sachsen, und von da nach Radeburg und Radeberg.


  1. Von Alex. Duval.
  2. Ebenfalls von Duval.
  3. Jüngster Sohn des Landgrafen (Ludwigs X.) und späteren Großherzogs Ludwigs I. von Hessen. Er war Kommandeur der hessischen Division 1812 und 1813.
  4. d. h. im Schauspielhause.
  5. Von J. Racine.
  6. Der Gegenstand der Unterredung wird wohl die Kontinentalsperre gewesen sein, unter der Leipzigs Handel sehr litt.
  7. Gemeint ist wahrscheinlich der oben (S. 93) genannte Königl. Kapellan Antonius Richter.
  8. Von Phil. Néricault Destouches.
  9. d. i. jedenfalls der Herzog von Weimar.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/102&oldid=- (Version vom 26.8.2024)