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Einen Dichter unvergleichlicher Romane haben wir jetzt in England: George Meredith. Frankreich hat grössere Künstler, aber Frankreich hat keinen, dessen Lebensanschauung so umfassend, so mannigfaltig, so überwältigend wahr ist. Es gibt Erzähler in Russland, deren Sinn für die Bedeutung von Qual und Leiden für die erzählende Dichtung lebhafter ausgebildet ist. Aber er ist der Philosoph der Romandichtung. Seine Gestalten leben nicht nur, sie leben im Geiste. Man kann sie von unendlich vielen Standpunkten aus sehen. Sie sind suggestiv. Es ist Seele in ihnen und um sie. Sie sind aufschliessend und symbolisch. Und der sie geschaffen hat, diese wundervollen, beweglichen Gestalten, schuf sie zu seiner eigenen Lust und hat das Publikum nie gefragt, was sie haben wollten, hat dem Publikum nie erlaubt, ihm Vorschriften zu machen oder ihn irgendwie zu beeinflussen, sondern er hat seine eigene Persönlichkeit immer intensiver herausgebildet und hat sein eigenes individuelles Werk geschaffen. Zuerst kam niemand zu

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Oscar Wilde: Drei Essays. Karl Schnabel, Berlin 1904, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Drei_Essays_Oscar_Wilde.pdf/82&oldid=- (Version vom 31.7.2018)