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sind sie gezwungen die Arbeit von Lasttieren zu tun, Arbeit zu tun, die ihnen ganz und gar nicht entspricht, zu der sie aber durch die unerbittliche, unvernünftige, entwürdigende Tyrannei der Not gezwungen werden. Das sind die Armen, und bei ihnen gibt es keine Grazie, keine Anmut der Rede, keine Bildung oder Kultur oder Verfeinerung der Genüsse, keine Lebensfreude. Aus ihrer Gesamtkraft zieht die Menschheit viel materiellen Wohlstand. Aber nur dieses materielle Ergebnis ist der Gewinn, und der Arme an sich ist völlig wertlos. Er ist nur das winzigste Atom einer Kraft, die, soweit er in Betracht kommt, ihn vernichtet, der es sogar lieber ist, wenn er vernichtet ist, da er in diesem Fall williger ist.

Natürlich könnte man sagen, der Individualismus, wie er unter den Bedingungen des Privateigentums entsteht, sei nicht immer, nicht einmal in der Regel von edler und erfreulicher Art, und die Armen hätten, wenn ihnen auch Kultur und Grazie abgingen, doch viele Tugenden. Beide Behauptungen wären ganz

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Oscar Wilde: Drei Essays. Karl Schnabel, Berlin 1904, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Drei_Essays_Oscar_Wilde.pdf/21&oldid=- (Version vom 31.7.2018)